Caritas-Präsidentin Tödtling-Musenbichler zum Welttag der Menschen mit Behinderung: Österreich von Inklusions-Soll weit entfernt, Sonderschulen kein zukunftsweisender Weg
Wien, 01.12.2025 (KAP) Die Caritas weist zum Internationalen Tag der Menschen mit Behinderungen (3. Dezember) auf weiterhin erhebliche Defizite bei der Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention in Österreich hin. Caritas-Präsidentin Nora Tödtling-Musenbichler erklärte in einer Aussendung vom Montag, der Ausbau inklusiver Bildungs- und Unterstützungsstrukturen komme seit Jahren kaum voran, in mehreren Bereichen seien zuletzt sogar Verschlechterungen festzustellen. "Wir sollten uns nicht immer weiter von den Vorgaben der Behindertenrechtskonvention entfernen, sondern endlich wirksame Schritte in Richtung echter Inklusion setzen", appellierte sie.
Österreich ist seit 2008 verpflichtet, ein inklusives Bildungssystem zu schaffen und entsprechende Maßnahmen in Gesetzgebung, Verwaltung und Sozialbereich zu verankern. Nach Angaben der Caritas bleibt das Land von diesen Vorgaben weit entfernt. So steige die Zahl der Sonderschulplätze wieder an, inklusive Angebote seien vielerorts unterfinanziert, und viele Familien fänden keinen wohnortnahen Platz in einer inklusiven Schule. In einigen Bundesländern komme es zudem zu Kürzungen bei Assistenzprojekten im Arbeitsbereich, bei Öffnungszeiten von Tagesstrukturen sowie beim Mobilitätszuschuss.
Tödtling-Musenbichler verwies darauf, dass notwendige Rahmenbedingungen für inklusive Bildung dadurch weiter geschwächt würden. Besonders belastend seien bundesweite Einsparungen im Sozialbereich und in der Behindertenhilfe. Vorgesehen seien etwa niedrigere Mietbeihilfen für Kinder sowie eine Halbierung von Sonderzahlungen bei Mindestsicherung und Sozialhilfe. Dies treffe Menschen mit Behinderungen überproportional und könne Betroffene um mehrere hundert Euro monatlich entlastender Leistungen bringen. Ohne ausreichende Assistenz, soziale Unterstützung und psychosoziale Betreuung sei inklusive Bildung für viele Kinder und Jugendliche kaum zu gewährleisten.
Die Caritas spricht sich daher für eine Stärkung inklusiver Strukturen im Bildungsbereich aus. Der Anteil im Bildungsbudget für Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf müsse nach Ansicht der Organisation auf mindestens 4,5 Prozent steigen und durch zusätzliche Mittel für qualifizierte Lehrkräfte, Assistenz und Maßnahmen der Barrierefreiheit ergänzt werden. Investitionen in den Ausbau von Sonderschulen stünden hingegen dem Inklusionsgedanken entgegen und böten laut Caritas keine besseren Zukunftsperspektiven.
Für eine bundesweit einheitliche Umsetzung fordert die Caritas zudem einen Rechtsanspruch auf ein elftes und zwölftes Schuljahr für Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf. Ziel sei es, Teilhabe-Chancen von Menschen mit Behinderungen zu sichern und bestehende Ungleichheiten im Bildungssystem zu verringern.