Begegnung mit Gewaltopfern und Ex-Guerilleros bei einem großen nationalen Versöhnungstreffen wurde zum emotionalen Höhepunkt des Papstbesuchs
Den Kriegspfad verlassen und den Weg in eine friedliche Zukunft einschlagen - der Appell, den Papst Franziskus während seiner Kolumbien-Reise von 6. bis 11. September wieder und wieder an die Kolumbianer richtete, war unmissverständlich. Fünf Jahrzehnte dauerte der Bürgerkrieg, vier Jahre wurde über den Friedensvertrag verhandelt, lange hatte Franziskus die Reise in das südamerikanische Land versprochen. Vor Ort verlor der Papst keine Zeit.
Vergebung, Versöhnung, Frieden waren Kernthemen seiner Reise. Die Begegnung mit Gewaltopfern und Ex-Guerilleros bei einem großen nationalen Versöhnungstreffen wurde zum emotionalen Höhepunkt seines Besuchs - obwohl die Mission des Papstes durchaus heikel war, weil der im vergangenen November geschlossene Friedensvertrag mit der FARC das Land spaltet.
Und so schaute Kolumbien genau hin, als sich der Papst an seine wohl schwierigste Aufgabe wagte. Er traf den richtigen Ton, seine Rede rührte die Menschen zu Tränen. Franziskus thematisierte die Gräben, die Opfer und Täter trennen, und betonte zugleich, Hass dürfe nicht das letzte Wort haben - auch wenn es schwer sei, "den Wandel derer zu akzeptieren, die grausame Gewalt angewandt haben". Die Aufarbeitung von Gewalt und Ungerechtigkeit benannte der Papst als Mammutaufgabe auf dem langen Weg zum Frieden, den das Land vor sich habe. Seine Hoffnung gilt dabei der Jugend. Ihr sprach er wiederholt das Potenzial zu, "das Land aufzubauen, von dem wir immer geträumt haben".
Auch die örtlichen Bischöfe forderte er auf, ihren Teil zu tun - allerdings weniger höflich. Zwischen den Zeilen ließ Franziskus durchblicken, dass Kirchenführer zu leicht mit den Mächtigen kungelten, es an Kollegialität und Transparenz fehlen ließen. Eine Kritik, die er bei seinem Besuch in der katholischen Hochburg Medellin vor Priestern und Ordensleuten bekräftigte. Kleriker, denen es um sozialen Aufstieg oder persönliche Bereicherung gehe, hätten keinen Platz in der Kirche. Zugleich forderte Franziskus in Medellin, innerkirchlich die heikelste Station der Reise, nachdrücklich eine offene und wandlungsfähige Kirche.
Auch gegenüber der Politik fand der Papst deutliche Worte. Auf dem Weg zu einem gerechten und friedlichen Land dürften Politik und Wirtschaft nicht vergessen, "dass die ungleiche Verteilung der Einkünfte die Wurzel sozialen Übels ist", so der Papst. Die Menschenwürde und das Gemeinwohl, die Rechte der Armen und Benachteiligten gehörten ins Zentrum jeglicher Politik.
Das Programm der 20. Auslandsreise von Franziskus war dicht. Zwölf Reden, vier Messen, rund 21.000 zurückgelegte Kilometer. Er sprach zwei Märtyrer des kolumbianischen Bürgerkriegs selig, traf Vertreter des lateinamerikanischen Bischofsrates CELAM, besuchte ein Heim für minderjährige Gewaltopfer. Der innenpolitische Konflikt im Nachbarland Venezuela blieb, trotz diverser Spekulationen vorab, ein Randthema.
Die Bevölkerung in Kolumbien feierte den Papst. Wann immer Franziskus im Papamobil unterwegs war, säumten Menschenmengen seinen Weg. Vor seinem Quartier, der Nuntiatur in Bogota, herrschte allabendlich Volksfeststimmung. Franziskus machte es zu einem Ritual, seine Tage mit einer kurzen Audienz zu beschließen - auch wenn ihm die Anstrengungen der Reise gegen Ende anzusehen waren. Verstärkt wurde dies am letzten Tag durch den Bluterguss unter dem linken Auge, den er sich bei einer ruckartigen Papamobil-Bremsung zugezogen hatte.
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