75 Jahre Friede und Zweite Republik aus kirchlicher Sicht
Das Jahr 1945 markiert nicht nur für Österreichs Staat und Gesellschaft, sondern auch für die römisch-katholische Kirche einen Neuanfang: Nach dem Ende der NS-Herrschaft und des Zweiten Weltkriegs sowie mit Beginn der Zweiten Republik konnten zahlreiche von den Nationalsozialisten zerschlagenen kirchlichen Organisationen neu aufgebaut und eine Neuausrichtung der Beziehung zwischen Kirche und Staat - insbesondere der Sozialdemokratie - eingeleitet werden.
Der Dank für das Kriegsende, die Sorge um die Heimkehr der Kriegsgefangenen und der Heimatvertriebenen, zahlreiche Entbehrungen, der Wiederaufbau sowie die Anwesenheit der Alliierten bestimmten damals das Bild in den sich wieder füllenden Kirchen. Im Einklang mit der politischen Führung der Nachkriegszeit, gab es nach der ersten Phase der Entnazifizierung bald schon keine breite gesellschaftliche Aufarbeitung der NS-Zeit. Für die politische Führung galt Österreich als "Opfer" des Nationalsozialismus, wie von den Alliierten in der Moskauer Deklaration 1943 formuliert. Nicht zuletzt unter dem Eindruck des bald beginnenden Kalten Krieges stand die Versöhnung aller politischer Lager und auch mit den früheren Nationalsozialisten im Vordergrund, an der sich die Bischöfe und die ganze Kirche aktiv beteiligten.
Der 27. April 1945 gilt als Gründungstag der Zweiten Republik. Die "Proklamation über die Selbständigkeit Österreichs", welche Österreichs "Anschluss" ans Deutsche Reich vom 13. März 1938 für null und nichtig erklärte, wurde damals im Wiener Rathaus von den Spitzen der SPÖ, ÖVP und KPÖ unterschrieben. Dass die Parteien von ihrer Feindschaft der Zwischenkriegszeit Abstand nahmen, ermöglichte Zusammenarbeit, Konsens und demokratische Kultur. Eine Provisorische Staatsregierung unter Karl Renner (SPÖ) blieb damals bis 20. Dezember 1945 im Amt. Der Kirche gelang es erst in den Folgejahren, vom politischen Katholizismus mit direkten Wahlempfehlungen für christliche Wähler abzugehen, was im "Mariazeller Manifest" von 1952 festgeschrieben wurde.
Eine traditionelle internationale Gedenkfeier mit kirchlicher Beteiligung findet am 10. Mai statt, zum heurigen 75-jährigen Jubiläum aufgrund der Corona-Krise allerdings nur virtuell: Der Jahrestag der Befreiung des ehemaligen NS-Konzentrationslagers Mauthausen 1945, organisiert vom "Mauthausen Komitee Österreich". Das Ersatzprogramm, inklusive Videostatements von Überlebenden, der Verlesung des Mauthausen-Schwurs und Berichten aus verschiedenen Ländern über die Arbeit an einem "Nie wieder", wird an diesem Tag zwischen 11 und 12 Uhr auf der Homepage www.mkoe.at sowie auf ORF III mitzuverfolgen sein.
Auch aus kirchlicher Sicht steht das Jahr 1945 für den Beginn des Wiederaufbaus. Symbol dafür war der Stephansdom, der in Trümmern lag nach dem verheerenden Brand in den letzten Kriegstagen, für dessen Ursachen jüngste Forschungen ein neues Bild zeichnen und die bisherige Annahme, es handle sich um eine Folge des von brandschatzenden Plünderer der Häuser in der Umgebung ausgelösten Funkenfluges, in Frage stellen. Das österreichische Wahrzeichen erstand in einem Kraftakt der Bevölkerung aller Bundesländer binnen sieben Jahren wieder in seiner alten Pracht. Für das zu Ostern 2020 geplante erstmalige Wieder-Erklingen der beim Brand beschädigten Riesenorgel wird derzeit ein Corona-bedingter Ersatztermin gesucht.
1945 ist nicht zuletzt aus europäischer Dimension bedeutsam, waren die Geschehnisse des Friedensschluss-Jahres doch auch für die darauf folgende Grundlegung der Europäischen Union zentral. Auf diesen Aspekt und die hinter dem Europa-Gedanken stehenden Werte und Tugenden nicht zu vergessen, hat zuletzt der in der Bischofskonferenz für Europa-Agenden zuständige Bischof Ägidius Zsifkovics eingemahnt.
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Traditionelle Gedenkfeier zum Jahrestag der Befreiung des ehemaligen NS-Konzentrationslagers kann am 10. Mai auf Website des "Mauthausen Komitee Österreich" mitverfolgt werden
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