Visite am 2. und 3. April ist besonders dem Thema Migration gewidmet
Papst Franziskus hat sich während seines zweitägigen Besuches in Malta (2./3. April) eindringlich zu den Themen Migration und Korruption, aber auch zum Krieg in der Ukraine geäußert. An etlichen Orten der Reise waren neben der rot-weißen Fahne des Gastlandes auch das Blau-Gelb der Ukraine zu sehen. "Russland" oder "Wladimir Putin" fielen in den Ansprachen des Papstes aus diplomatischen Gründen nicht. Die päpstlichen Worte ließen dennoch keine Zweifel, wer gemeint war.
Wieder einmal würden "einige wenige Mächtige, die leider in den anachronistischen Forderungen nationalistischer Interessen gefangen" seien, Konflikte provozieren und schüren, sagte der Papst am 2. April gleich zum Auftakt des Besuchs in einer Rede vor Politikern, Diplomaten und Vertretern der Zivilgesellschaft in der maltesischen Hauptstadt Valletta. Franziskus sprach von "infantiler und zerstörerischer Aggression" und "neuen Imperialismen". Dabei seien "Invasionen aus anderen Ländern, brutale Straßenkämpfe und atomare Bedrohungen" eigentlich dunkle Vergangenheitserinnerungen, so seine Klage.
Solidarität mit Migranten
Mit Blick auf den wachsenden Zustrom von Migranten nach Europa zeigte Franziskus Verständnis für "Ängste und Unsicherheiten". Doch sei Migration ein aktuell weltweites Phänomen. "Es bringt die Schuld vergangener Ungerechtigkeiten, vieler Ausbeutungen, des Klimawandels und unglücklicher Konflikte mit sich, für die wir jetzt die Konsequenzen tragen", mahnte der Papst.
Der maltesische Staatspräsident George Vella lobte den großen Einsatz seines Landes beim Thema Migration und forderte zugleich mehr europäische Solidarität. Franziskus hielt sich mit offener Kritik an Malta zurück und spielte eher die europäische Karte. In dieser Notsituation sei es "nicht möglich, dass sich einige Länder das gesamte Problem aufbürden", während andere in Gleichgültigkeit verharren, bekräftigte der Papst. Dabei bezog er sich sowohl auf die Ukraine und deren westliche Nachbarländer wie auch das Mittelmeer. Auch dürften "zivilisierte Länder nicht zu ihrem eigenen Vorteil undurchsichtige Abkommen mit Verbrechern abschließen, die Menschen versklaven". Der Mittelmeerraum brauche europäische Mitverantwortung, damit er zu einem "Schauplatz der Solidarität und nicht zum Vorposten eines tragischen Schiffbruchs der Zivilisation" werde.
Gegen religiöse Gleichgültigkeit
Am Samstagabend setzte der Papst per Katamaran auf die Insel Gozo über. Im dortigen Wallfahrtsort Ta' Pinu forderte Franziskus Maltas Katholiken zu "neuen, vielleicht sogar riskanten Wegen der Evangelisierung und Verkündigung" auf. Der noch immer hohe Katholikenanteil auf Malta sank innerhalb von zwölf Jahren um rund zehn Prozent auf jetzt 85 Prozent. "Nachlassende Glaubenspraxis und die Gleichgültigkeit vieler junger Menschen gegenüber der Gegenwart Gottes" seien keinesfalls zu verniedlichen, mahnte der Papst vor 3.000 Gläubigen in dem Nationalheiligtum.
Zu einem überzeugenderen Glauben rief Franziskus die Christen des Landes auch am Sonntagvormittag bei einer Messe in der Stadt Floriana mit rund 15.000 Menschen auf. Es gehe darum, den Nächsten so zu sehen, wie Jesus es getan hat, so das Kirchenoberhaupt. Anstatt mit dem Finger auf andere zu zeigen, müsse man ihnen besser zuzuhören. "Wir werden nicht die Anwesenden zählen, sondern die Abwesenden aufsuchen", fügte der Papst angesichts sinkender Katholikenzahlen im katholisch geprägten Malta hinzu: Keinesfalls dürfe man sich "als Vorkämpfer Gottes Aufspielen", und dabei "Brüder und Schwestern mit Füßen treten".
Den zweiten Tag seiner Reise hatte der Papst zuvor mit einem Besuch der Paulusgrotte in Rabat im Westen der Insel begonnen. Dort soll der Überlieferung nach der Apostel Paulus im Jahr 60 als Schiffbrüchiger gelandet sein. In der Grotte sprach der Papst ein längeres Gebet, in dem er erneut um Aufnahmebereitschaft für Schiffbrüchige bat.
Und auch der letzte Programmpunkt der zweitägigen Malta-Visite hob das Migrationsthema in den Blickpunkt. An der Südküste der Hauptinsel besuchte Franziskus das "Friedenslabor Johannes XXIII.", ein kirchliches Zentrum für Migranten vorrangig aus Afrika in der maltesischen Aufnahmeeinrichtung Hal-Far l. Wie schon bei seiner Reise auf die griechische Insel Lesbos im Dezember warnte der Papst vor einem "Schiffbruch der Zivilisation" im Mittelmeer. Die Grundrechte geflüchteter Menschen würden oft verletzt, "leider manchmal mit der Komplizenschaft der zuständigen Behörden", kritisierte der Papst unter Beifall anwesender Migranten. Ebenso forderte Franziskus auch Migranten und Flüchtlinge auf, zu einer Willkommenskultur und Geschwisterlichkeit beitragen.
Erstmals per Lift aus dem Jet
Auch Korruption - ein politisches Dauerthema auf Malta - ließ Franziskus bei seiner Reise nicht aus. Die Medien des Landes zitierten ihn dazu ausführlich. Zwar erwähnte er die 2017 im Zuge von Korruptionsrecherchen ermordete Journalistin Daphne Caruana Galizia nicht. Doch der Papst beklagte "unersättliche Raffsucht, Geldgier und Bauspekulationen". Rechtlosigkeit und Korruption müssten beseitigt werden, betonte Franziskus.
Sichtbar war während der gesamten Reise auch die körperliche Einschränkung von Franziskus durch seine Kniebeschwerden. So konnte er bei der Messe auf dem "Granaries Square" in Floriana die Prozession zum Beginn des Gottesdienstes nicht mitgehen, sondern begab sich direkt auf die Altarbühne. Auch sein Flugzeug für den Rückruf bestieg er erstmals mit Hilfe eines mobilen Liftes.
Franziskus bei Rückflug von Malta gegenüber Journalisten: "Ich habe Probleme mit dem Knie, und das führt in der Folge zu Problemen beim Gehen. Das ist ermüdend, aber es wird besser"
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Stärkung des Glaubens und Migrationsfrage im Fokus des Besuchs im Mittelmeerstaat - Vatikanischer Kardinalstaatssekretär Parolin: Beim Thema Flüchtlinge keine Alternative zur europäischen Zusammenarbeit und Aufteilung der "Lasten"
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