Rektor der Päpstlichen Hochschule Heiligenkreuz, P. Wallner, im "Kathpress"-Interview über den Motivationsschub, den Benedikt XVI. vor 10 Jahren bei den Zisterziensern im Wienerwald auslöste - "Startschuss für eine sehr gesegnete Phase, die wir derzeit erleben dürfen"
Wien, 31.08.2017 (KAP) Ohne den Besuch von Papst Benedikt XVI. am 9. September 2007 hätten die Mönche von Stift Heiligenkreuz sicher keine CD mit ihren Gregorianischen Chorälen veröffentlicht. Das hat P. Karl Wallner, Rektor der Philosophisch-Theologischen Hochschule Benedikt XVI. Heiligenkreuz und 2007 für die Organisation des Besuchs des Papstes in Heiligenkreuz verantwortlich, im "Kathpress"-Interview betont. Der Besuch sei eine Zäsur für das Kloster, die Hochschule und ihn persönlich gewesen. P. Wallner sprach von einer "Startschuss für eine sehr gesegnete Phase, die wir derzeit erleben dürfen".
Der Besuch des Papstes habe sowohl dem Kloster als auch der Hochschule gegolten, und das habe der Papst auch selbst so unterstrichen, erinnerte Wallner. In seiner Rede habe er sowohl die Bedeutung des zweckfreien Gotteslobes in Liturgie und Chorgebet der Klostergemeinschaft als Dienst an der Welt entfaltet wie auch die Hochschule dazu verpflichtet, Spiritualität und Intellektualität miteinander zu verbinden.
Fünf Monate nach dem Besuch des Papstes sei das Angebot gekommen, eine CD aufzunehmen. "Wenn uns nicht Papst Benedikt den Auftrag geben hätte, dass ein Kloster, wo zweckfrei Gott gelobt wird, den Menschen den letzten Sinn bekanntmachen muss, hätte der damalige Abt Gregor Henckel-Donnersmarck nicht zugestimmt." Die CD "Chant - Music for Paradise", die 2008 herauskam, habe das Stift ungeheuer bekannnt gemacht, auch in der säkularen Welt, "was ohne Papst Benedikt XVI. eben nicht möglich gewesen wäre". Inzwischen wurden fünf CDs veröffentlicht. Der Papst sei der "Kick" zu diesem "Chant"-Projekt gewesen. Die Bekanntheit habe dann freilich etwa auch dabei geholfen, Spenden für die Hochschule zu sammeln.
Darauf angesprochen, ob der Zulauf an Ordensmännern auch in direktem Zusammenhang mit dem Papstbesuch gesehen werden kann, zeigte sich Wallner vorsichtig: "Wesentlich weniger wären sicher nicht gekommen." Schon beim Besuch zählte das Stift 85 Mitglieder. Von den 102 aktuellen Mönchen - ein neuer historischer Höchststand - sind 25 nach dem Papstbesuch 2007 eingetreten.
Der Papst habe die Mönchsgemeinschaft von Heiligenkreuz jedenfalls in ihrer Ausrichtung bestärkt: Gastfreundschaft, Offenheit, Jugendseelsorge oder die Pflege des Gregorianischen Chorals. "Wir sind uns durch den Besuch des Papstes noch bewusster geworden, dass wir als Kloster auch die Aufgabe eines apostolischen Zentrums haben", so P. Wallner.
Motivation für Hochschule
So wie für das Kloster sei der Besuch Benedikts auch für die Hochschule ein ordentlicher Motivationsschub gewesen, unterstrich P. Wallner. Der Papst habe den Verantwortlichen sehr stark das rechte Verhältnis von Spiritualität und Intellektualität ans Herz gelegt, denn bloße Intellektualität führe dazu, dass sich der Glaube verflüchtigt und zu einer ausgedünnten rationellen Wissenschaft werde. Bloße Frömmigkeit berge die Gefahr in sich, dass alles in Schwärmerei abgleite. Nachsatz des Rektors: "Das haben wir nachher auch sehr ernst genommen."
Allerdings hätte man sich natürlich auch ohne Besuch des Papstes in Heiligenkreuz genau darum bemüht. "Wir betreiben hier keine Sondertheologie", stellte der Rektor fest. Was Heiligekreuz auszeichne sei die betende Gemeinschaft. Das Studium sei eingebettet in den klösterlichen Rhythmus des "ora et labora". Wallner: "Wir bieten hier etwa, was jungen Menschne hilft, ihre Berufung zu finden." Freilich sei die Anerkennung durch einen so großen Theologen wie Papst Benedikt nochmals eine besondere Motivation, sich um noch mehr Qualität in der theologischen Ausbildung zu bemühen.
"Ein Kloster behält Geschichte"
Zur Frage, warum gerade in Heiligenkreuz der Besuch von Papst Benedikt XVI. noch so lebendig in Erinnerung sei, meinte P. Wallner: "Ein Kloster hat Geschichte und behält Geschichte." Ereignisse wie dieser Besuch oder auch jener von Mutter Teresa 1988 würden immer wieder weitererzählt und seien so Bestandteil von Identität und Geschichte des Klosters.
Freilich gebe es über den Besuch in Heiligenkreuz hinaus noch viele bemerkenswerte Stationen bzw. Reden des Papstes bei seinem Besuch vor zehn Jahren, die in Erinnerung bleiben sollten. Wallner sprach von zahlreichen "theologischen Perlen", die der Papst hinterlassen habe, beispielsweise eine Predigt im Stephansdom, als er über die Bedeutung des Sonntags reflektiert habe.
Für das Stift bzw. die Hochschule sei es jedenfalls selbstverständlich gewesen, den 90. Geburtstag des emeritierten Papstes gebührlich zu feiern. Wallner sprach von "Ehrfurcht und Lieben diesem großen Theologen und Papst gegenüber".
Loyalität zu Papst Franziskus
Das trübe freilich in keinster Weise Loyalität bzw. Begeisterung für Papst Franziskus, stellte P. Wallner klar. "Franziskus betont ganz stark die missionarische Dimension der Kirche. Er will die ganze Kirche in eine missionarische Aufbruchsstimmung versetzen." Das werde etwa in seinem Schreiben "Evangelii gaudium" und in "Amoris laetitia" ganz deutlich, "und ich bin entsetzt darüber, dass bei dem letzten Dokument nur über Fußnoten diskutiert wird" (Anm.: Gemeint ist die Fußnote über den möglichen Sakramentenempfang für Wiederverheiratete).
Die große missionarische Linie des Papstes, die er auch selbst vorlebt, werde viel zu wenig umgesetzt, so P. Wallner, der sich trotzdem überzeugt zeigte, "dass Papst Franziskus einmal als Missionspapst in die Geschichte eingehen wird". - P. Wallner ist seit rund einem Jahr auch Nationaldirektor der Päpstlichen Missionswerke in Österreich ("Missio").
Zurück zu Papst Benedikt XVI. und seinem Besuch in Heiligenkreuz: Wenn er daran zurückdenke, bekomme er noch immer noch eine Gänsehaut, so Wallner: "Jedes Detail dieses Tages hat sich unauslöschlich in mein Gedächtnis eingebrannt."
"Kathpress"-Themenpaket zum zehnjährigen Jubiläum des Besuches von Benedikt XVI. in Österreich: www.kathpress.at/papstbesuch2007
Joseph Ratzinger hat im Laufe seines Lebens Österreich oft besucht und ist mit vielen im Land freundschaftlich verbunden - Höhepunkt war der Papstbesuch 2007 in Mariazell, Wien und Heiligenkreuz
Benedikt XVI. konnte mit seinem dreitägigen Besuch im September 2007 einige Akzente setzen, die bis heute im kirchlichen und gesellschaftlichen Leben weiterwirken