Wie 37 andere Bischofskonferenzen reagierte die Österreichische 1968 mit einem "klärenden Wort" auf die "Unruhe" unter Katholiken nach der Publikation von "Humanae vitae" - Abweichen von päpstlicher Vorgabe denkbar, aber Pflicht zu sorgfältiger Gewissensbildung - 2008 fachte innerkirchliche Debatte über "Mariatroster Erklärung" wieder auf
Wien, 12.07.2018 (KAP) Das Erscheinen der Enzyklika "Humanae vitae" und ihr weltweites Echo hat eine "Unruhe" ausgelöst, "die auch bei uns nicht wenige Katholiken erfasst hat". Mit diesen Worten begründeten die österreichischen Bischöfe ihre "Mariatroster Erklärung" von 1968, mit der sie sich einige Wochen nach dem Lehrschreiben von Papst Paul VI. zu einem "ernsten und klärenden Wort" veranlasst sahen.
Damit reagierten sie wie 37 andere Bischofskonferenzen, z.B. die Deutsche mit ihrer "Königsteiner Erklärung" oder die ebenfalls erwähnte Belgische. Die "Mariatroster Erklärung" findet sich auf der Website www.bischofskonferenz.at unter "Hirtenbriefe" im Internet. Und wie viele andere ihrer Amtskollegen würdigten die österreichischen Bischöfe das vom Papst dargelegte "hohe Leitbild der Ehe" - und verwiesen zugleich auf die Gewissensfreiheit der Gläubigen. Diese seien freilich zu sorgfältiger Gewissensbildung verpflichtet, zumal mit der Enzyklika "kein unfehlbares Glaubensurteil vorliegt" und "der Fall denkbar" sei, "dass jemand meint, das lehramtliche Urteil der Kirche nicht annehmen zu können".
Zur Frage, "wie kann die Geburtenregelung stattfinden?" verwiesen die Bischöfe auf die von der Kirche empfohlene Enthaltsamkeit. "Humanae vitae" nenne ausdrücklich als erlaubtes Mittel auch die Zeitwahl. Für die eheliche Begegnung die unfruchtbaren Tage im weiblichen Zyklus zu nützen sei "nicht sittenwidrig, weil hier nur eine biologische Anlage genützt wird, die der Schöpfer selbst in die Menschennatur gelegt hat". Die Bischöfe erwähnen Einwände dagegen, dass diese Methode "unsicher und in der praktischen Verwendung recht beschwerlich und umständlich sei".
Die Bischofskonferenz wolle - wie es weiter hieß - "nicht zuletzt darauf hinweisen, dass der Hl. Vater in seinem Rundschreiben nicht von schwerer Sünde spricht. Wenn sich also jemand gegen die Lehre der Enzyklika verfehlt, muss er sich nicht in jedem Fall von der Liebe Gottes getrennt fühlen und darf dann auch ohne Beichte zur hl. Kommunion hinzutreten".
Auch wenn es Gewissensfreiheit gebe, so doch "nicht Freiheit der Gewissensbildung", gaben die Bischöfe aber zu bedenken. Das heiße: "Die Bildung des Gewissensurteils ist abhängig vom Gesetz Gottes, das bei der konkreten Urteilsbildung nicht übersehen werden darf." Hilfe des Gesetzes Gottes und des Lehramtes der Kirche für seine eigene Lebensgestaltung werde nur derjenige erfahren, "der sich um immer bessere Erfassung dieser Normen bemüht und sich eine ständige Bildung seines Gewissens angelegen sein lässt".
Schönborn-Predigt löst 2008 Diskussion aus
Vor zehn Jahren - im März 2008 - sorgte die "Mariatroster Erklärung" für eine innerkatholische Debatte, nachdem Kardinal Christoph Schönborn diese bei einem europäischen Bischofstreffen am 27. März in Jerusalem wie auch die "Königsteiner Erklärung" kritisch bewertet hatte: Die österreichischen und die deutschen Bischöfe hätten ihren Katholiken damit eine konstruktive Auseinandersetzung mit "Humanae vitae" ermöglichen wollen. Heute sei erkennbar, dass sie damit letztlich ihre Kirche im Einsatz für das Leben geschwächt hätten. Schönborn sprach damals von einem dreimaligen Nein Europas zu seiner Zukunft, das die Bischöfe indirekt gestützt hätten - dieses Nein habe sich manifestiert in der Ablehnung der Papst-Enzyklika, später in der Legalisierung der Abtreibung und zuletzt in der Aufwertung homosexueller Partnerschaften. Es hätte niemals ein Nein zu "Humanae vitae" gesagt werden dürfen, betonte der Kardinal 40 Jahre nach deren Publikation. Er sehe sich und seine Amtsbrüder in einer Mitverantwortung und vor der Aufgabe, mutig gegen lebensfeindliche Tendenzen aufzustehen.
"Familien-Bischof" Klaus Küng nahm daraufhin in der "Presse" zur neuerlichen Diskussion um die "Mariatroster Erklärung" Stellung. Die Predigt Schönborns im Jerusalemer Abendmahlssaal sei "nicht so sehr eine Schuldzuweisung, sondern ein dringender Aufruf zum Nachdenken" gewesen. Die "Mariatroster Erklärung" von 1968 sei nicht als "Nein zu 'Humanae vitae'" zu verstehen, betonte Küng.
Ähnlich äußerte sich der damalige Apostolische Nuntius in Österreich, Erzbischof Edmond Farhat: Er habe "keinen Gegensatz" zwischen der Enzyklika und der "Mariatroster Erklärung" gefunden, letztere akzentuiere vielleicht die Verantwortung des einzelnen Christen noch stärker.
Der inzwischen emeritierte Grazer Diözesanbischof Egon Kapellari - 1968 als Grazer Hochschulseelsorger bereits vielbeachtete Kristallisationsfigur einer intellektuell hochstehenden Auseinandersetzung mit Fragen rund um Glaube und Gesellschaft - verteidigte 2008 die "Mariatroster Erklärung": 1968 hätten die Bischöfe bei deren Abfassung im Rahmen ihrer Einsichten und der damaligen gesamtgesellschaftlichen und kirchlichen Situation "sehr verantwortungsvoll" gehandelt. Laut Kapellari bleibe die Enzyklika eine "großartige Prophetie" für das menschliche Leben und die Liebe, was einen verantwortungsvollen Umgang mit der Geschlechtlichkeit einschließe. Er kenne "nicht wenige Katholiken", die sich an "Humanae vitae" orientieren", aber auch viele andere Paare, die glaubhaft vermitteln, dass die natürliche Empfängnisverhütung für sie nicht umsetzbar sei. In der Debatte um das Lehrschreiben solle es "eine friedfertige Argumentation und vorgelebte Beispiele geben", gab der Grazer Bischof eine bis heute gültige Richtschnur.
Weitere Meldungen und Hintergrundberichte zur vor 50 Jahren veröffentlichten Enzyklika "Humanae vitae" im Kathpress-Themenpaket unter www.kathpress.at/humanae-vitae
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