Symposion am 29./30. November zur Aufhebung der Katholisch-Theologischen Fakultät durch die Nationalsozialisten - Dekan Halbmayr: "Wachsamkeit gegen Autoritarismus"
Salzburg, 19.11.2018 (KAP) Mit einem Fachsymposion Ende November gedenkt die Katholisch-Theologische Fakultät der Universität Salzburg ihrer Aufhebung durch die Nationalsozialisten vor 80 Jahren. Die hochkarätige Tagung findet am 29./30. November an der Universität Salzburg statt. Sie steht unter dem vielsagenden und den betreffenden Ministeriums-Erlass vom 12. September 1938 zitierenden Titel "... und mit dem Tag der Zustellung dieses Erlasses aufgelassen". Ziel der Tagung ist es nun, "Voraussetzungen, Ereignisse und Konsequenzen im Lichte gegenwärtiger Erfahrungen neu zu reflektieren" und danach zu fragen, "welche Lehren und Konsequenzen sich für heute daraus ziehen lassen", wie es in der Einladung zur Tagung heißt.
Die Fakultät wurde in Folge des "Anschlusses" Österreichs an das Deutsche Reich im September 1938 aufgelöst und erst nach Kriegsende 1945 wieder errichtet - ähnlich wie die theologischen Fakultäten in Innsbruck (Aufhebung im Juli 1938) und in Graz (Aufhebung im April 1939). Einzig die Wiener Fakultät konnte während der Zeit des Nationalsozialismus ihren Betrieb, wenn auch eingeschränkt, weiterführen.
Die Schließung der Salzburger Fakultät bedeutet nicht nur einen "schweren Schlag" gegen das kirchliche Leben insgesamt, heißt es in der Einladung zur Tagung weiter, sondern es wurden damit auch alle Versuche zunichte gemacht, "in Salzburg wieder eine Universität ins Leben zu rufen". Schließlich existierte die Universität Salzburg seit ihrer Aufhebung 1810 in Folge der Angliederung Salzburgs an Bayern nur mehr in Form eines "Lyzeums" (philosophische Lehranstalt), das 1850 in eine Universität umgewandelt wurde, allerdings beschränkt auf die Theologische Fakultät und somit eine "Rumpfuniversität" blieb. Die Pläne zur Wiedererrichtung einer vollwertigen Universität in Salzburg sahen eine "Katholische Universität" vor - Pläne indes, die durch die Aufhebung 1938 vollends "zunichte gemacht" wurden. Als staatliche Einrichtung nahm wurde die Universität Salzburg erst 1962 mit der Schaffung einer Philosophischen Fakultät neben der Theologischen Fakultät wiedererrichtet.
Eröffnung mit Erzbischof und Landeshauptmann
Eröffnet wird die Tagung am 29. November gemeinsam von Erzbischof Franz Lackner, Landeshauptmann Wilfried Haslauer, Universitäts-Rektor Heinrich Schmidinger und dem Vorsitzenden der Salzburger Äbtekonferenz, Abt Theodor Hausmann. In einer ersten historischen Annäherung wird die Vorgeschichte der Aufhebung erörtert. Dazu referieren der Zeithistoriker Ernst Hanisch (Weltanschauung - Politik - Seelsorge. Die Katholische Kirche in Salzburg 1938) und Josef Mautner von der Katholischen Aktion Salzburg (Ambivalenzen auf dem Weg zum März 1938. Katholische Soziallehre und autoritärer Ständestaat).
Über die Geschichte der Salzburger Fakultät, deren Aufhebung und Folgen für das kirchliche Leben referieren sodann der Leiter des Archivs der Universität Salzburg, Christoph Brandhuber (Von Szeptern und Arkebusen. Streiflichter aus der Geschichte der Theologischen Fakultät), der Salzburger Kirchenrechtler Alfred Rinnerthaler (Die Aufhebung der Theologischen Fakultät im September 1938. Hintergründe - Personelle Konsequenzen - Folgen) sowie der Leiter des Linzer "Franz und Franziska Jägerstätter Instituts", Andreas Schmoller (Der Kampf um die Waffenkammern des Geistes. Die theologischen und kirchlichen Bibliotheken Salzburg 1938-45).
Fortgesetzt wird die Tagung am 30. November mit Vorträgen des Salzburger Kirchenhistorikers Roland Cerny-Werner (Die Auflösung der Theologischen Fakultät in NS-Dokumenten des Bundesarchivs Berlin), des Historikers Alexander Pinwinkler (Re-Migrationen im Zeichen politischer Umbrüche. Salzburger Theologen zwischen 1938/45/62) und dem Salzburger Historiker Tobias Neubacher (Thomas Michels OSB. Mönch - Gelehrter - Politiker). Den Abschluss bildet schließlich eine Podiumsdiskussion mit dem früheren Salzburger Diözesankonservator Prälat Johannes Neuhardt und dem Wiener Kirchenhistoriker Rupert Klieber.
Dekan Halbmayr: "Wachsamkeit gegen Autoritarismus"
Der Blick in die Geschichte des 20. Jahrhunderts lehrt auch am Beispiel der Auflösung der Theologischen Fakultäten in der NS-Zeit, wie wichtig "Wachsamkeit gegen Autoritarismus, Fremdenfeindlichkeit und Extremismus" sind. Das betonte der Dekan der Katholisch-Theologischen Fakultät der Universität Salzburg, Alois Halbmayr, aus Anlass einer Fachtagung in der kommenden Woche zum Jahr 1938 und der nach dem "Anschluss" Österreichs an das Deutsche Reich erfolgten Aufhebung der Fakultäten in Salzburg, Innsbruck und Graz. "Die damaligen Ereignisse zeigen, wie schnell sich Plausibilitäten und vermeintlich verlässliche Rahmenbedingungen schlagartig ändern können", wird Halbmayr in einer Presseaussendung der Erzdiözese Salzburg zitiert.
"Wachsender Autoritarismus und Demokratiefeindlichkeit" hätten damals zu einer "schleichenden Immunschwäche gegenüber dem NS-Gedankengut geführt". Heute sei es daher wichtig, aus dieser Erfahrung zu lernen und wachsam jene Dynamiken im Blick zu haben, die autoritäre Entwicklungen beförderten, so Halbmayr. Das Symposion ziele entsprechend auf Information und Bewusstseinsbildung: So seien die antikirchlichen Maßnahmen in Folge des "Anschlusses" vielfach zu wenig bekannt. Mit der Auflösung der Theologischen Fakultäten wurde "eine jahrhundertealte Tradition beendet und dem kirchlichen Leben in Salzburg ein weiterer schwerer Schlag versetzt", betont Halbmayr. Zugleich seien damit auch alle Versuche, in Salzburg wieder eine Universität ins Leben zu rufen, wie dies die ebenfalls verbotenen "Salzburger Hochschulwochen" versuchten, zunichte gemacht worden, erklärt der Dekan.
Veranstaltungsreigen u.a. mit Exkursion am 26. Oktober vor, Podiumsdiskussion über christlichen Antijudaismus am 6. November und Ökumenischem Gedenkgottesdienst in Wiener Ruprechtskirche am 9. November
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