Bei seinem Besuch von 31. Mai bis 2. Juni spricht der Papst sieben Märtyrerbischöfe aus kommunistischer Zeit selig und trifft den rumänisch-orthodoxen Patriarchen Daniel
Bukarest, 30.05.2019 (KAP) Keine vier Wochen nach seiner Visite in Bulgarien und Nordmazedonien besucht Papst Franziskus von 31. Mai bis 2. Juni erneut den Balkan. Reiseziel ist dieses Mal Rumänien wo als erster und bisher einziger Papst vor 20 Jahren Johannes Paul II. zu Gast war. Höhepunkt des Besuchs ist die Seligsprechung von sieben griechisch-katholischen Märtyrerbischöfen aus kommunistischer Zeit im siebenbürgischen Blaj. Auch eine große Messe im Marienort Sumuleu Ciuc, ein Treffen mit Roma und Begegnungen mit der Staatsspitze in Bukarest sind geplant. Laut einer aktuellen Umfrage halten zwei Drittel der mehrheitlich orthodoxen Rumänen die Visite des katholischen Kirchenoberhaupts für wichtig. Mit Spannung erwartet werden die ökumenische Begegnungen des Papstes mit der rumänisch-orthodoxen Kirchenführung.
Anders als noch am 5. Mai in Sofia sollte Franziskus dieses Mal nicht allein und stumm in einer orthodoxen Bischofskirche beten müssen. Wenn der Papst am 31. Mai nach einer Begegnung mit dem seit 2007 amtierenden rumänisch-orthodoxen Patriarchen Daniel (Ciobotea) und einer Ansprache vor dem Leitungsgremium (Synod) der rumänischen Orthodoxie die neu erbaute orthodoxe Kathedrale in Bukarest betritt, ist dort ein gemeinsames Vaterunser-Gebet geplant. Ob Patriarch Daniel daran teilnimmt und wie es abläuft, ist auch ein Indikator für den Stand der Ökumene. Vor knapp vier Wochen in Bulgarien durfte das katholische Kirchenoberhaupt in der orthodoxen Alexander-Newski-Kathedrale nur stumm vor einem Bildnis der Slawenapostel Kyrill und Method verharren.
Die orthodoxe Kirche in Rumänien aber ist ökumenisch offener als jene in Bulgarien. 2007 fand in Sibiu (Hermannstadt) die 3. Europäische Ökumenische Versammlung statt. Seit dem Ende des Ceausescu-Regimes erlebt die Kirche, der rund 85 Prozent der knapp 20 Millionen Menschen im Land angehören, einen Aufschwung. Es gibt 15 theologische Fakultäten und über 500 Klöster.
Ausdruck solchen Aufschwungs und Selbstbewusstseins ist die erst im November 2018 fertiggestellte "Kathedrale zur Erlösung der Nation" in der Hauptstadt Bukarest. Mit 120 Metern Länge übertrifft sie den Wiener Stephansdom, reicht aber nicht ganz an den Kölner Dom heran. Jedenfalls gehört sie zu den größten orthodoxen Gotteshäusern weltweit. Deutlich kleiner ist auch die katholische St. Iosif-Kathedrale von Bukarest, wo Franziskus unmittelbar im Anschluss an die ökumenischen Treffen eine Messe feiert.
Kirchenpolitisch dürfte die Rumänienreise für den Papst also wenig heikel werden - sie soll "die freundschaftlichen Bande stärken", sagt Kurienkardinal Kurt Koch, im Vatikan zuständig für die Ökumene.
Brisante Politikerbegegnungen
Brisanter könnte es gleich zu Beginn des Besuchs werden, beim Empfang im Cotroceni-Palast zuerst durch Staatspräsident Klaus Iohannis und anschließend bei Ministerpräsidentin Viorica Dancila. Dies auch, weil Rumäniens eigentlicher politischer Machthaber wohl erst bei der dritten Station des protokollarisch streng geregelten Besuchs auftreten kann: Schatten-Regierungschef Liviu Dragnea.
Der Parteichef der regierenden Sozialdemokraten (PSD) konnte nach deren Erdrutschsieg Ende 2016 nicht Ministerpräsident werden, weil er wegen Wahlfälschung zu zwei Jahren Haft auf Bewährung verurteilt ist. Seither befinden sich Dragnea und seine PSD im Clinch mit Staatspräsident Iohannis, vor allem wegen dessen Bemühen, die Korruption im Lande einzudämmen. Dies sowie eine gründliche Justizreform verlangte wiederholt auch die EU-Kommission.
Es gilt daher genauer hinzuhören, wenn Franziskus sich in einer Rede an die versammelte politische und gesellschaftliche Elite Rumäniens wendet, das aktuell auch die EU-Ratspräsidentschaft inne hat. Ob seine Redenschreiber vier Tage nach der Europawahl noch Bezüge dazu einbauen, ist unsicher. Franziskus' Standardplädoyer für die Armen und an den Rand Gedrängten dürfte kaum fehlen.
Denkbar wären auch Worte zu den vielen Rumänen, die ihre Heimat auf der Suche nach Arbeit und einem besseren Leben gen Westen verlassen haben. Viele von ihnen sind nach Italien gegangen. Vor allem Frauen verdienen dort als private Altenpflegerinnen ihr Geld. Persönlich geht es ihnen fern der Heimat oft nicht gut, selbst wenn Rumänen - auch wegen ihrer dem Italienischen relativ ähnlichen Sprache - weniger Integrationsprobleme haben.
Papst pilgert in Marienort
Das offizielle Motto des Pastoralbesuchs lautet "Lasst uns gemeinsam gehen" (Sa mergem impreuna); das Logo zeigt Gläubige mit einem Kreuz unter dem Schutz der Muttergottes. Motto und Logo nehmen damit Bezug auf die Klosterkirche Heilige Maria in Sumuleu Ciuc, die ein beliebtes katholisches Wallfahrtsziel ist, und wohin der Papst am Samstag, 1. Juni, dem zweiten Tag seiner Reise, als Pilger kommen wird. Die dortige Klosterkirche ist jedes Jahr zu Pfingsten ein stark besuchtes Wallfahrtsziel der römisch-katholischen Szekler in Rumänien. Deren Sprache ist ein ungarischer Dialekt; Ungarn überhaupt bilden mit 6 Prozent die größte offizielle Minderheit im Land.
Am Nachmittag fliegt der Papst im Helikopter nach Iasi (Jassy). In der Stadt unweit der Grenze zur Republik Moldau ist ein Treffen mit Jugendlichen und Familien geplant. Die römisch-katholische Diözese Iasi hat eine ins 19. Jahrhundert zurückreichende Tradition. Die bedeutendste Gestalt der Diözese war der aus Niederösterreich stammende Märtyrer-Bischof Anton Durcovici (1888-1951), er wurde 2014 selig gesprochen.
Seligsprechungsfeier im byzantinischen Ritus
Wichtigster Programmpunkt der Papstreise wird am dritten Tag, 2. Juni, die Seligsprechung der griechisch-katholischen Märtyrerbischöfe - darunter der Altösterreicher und von Paul VI. "in pectore" zum Kardinal ernannte Iuliu Hossu (1885-1970) - sein. Die Bischöfe durchliefen ab 1948 mehrere Foltereinrichtungen der kommunistischen Diktatur, weil sie den katholischen Glauben nicht aufgeben wollten.
Die Seligsprechung findet im geistlichen Zentrum der Griechisch-Katholischen, Blaj (Blasendorf) in Siebenbürgen, statt - und erfolgt bei einer Messfeier im byzantinischen, ostkirchlichen Ritus. Es ist das erste Mal, dass Franziskus als Papst nach ostkirchlicher Tradition zelebriert. Dem Papst aus Argentinien wird diese ökumenisch bedeutsame Feier aber nicht ganz fremd sein. Als Zwölfjähriger war Jorge Bergoglio in Buenos Aires zeitweise Ministrant bei einem Priester aus der Ukraine. Von diesem habe er die "Schönheit der byzantinischen Liturgie" kennengelernt, verriet der Papst einmal.
Anders als bei seinen jüngsten Auslandsreisen wird der Papst in Rumänien kein Flüchtlingszentrum besuchen. Dafür ist am Nachmittag des Abschlusstages der Reise ein gut 50-minütiges Treffen mit Roma in Blaj geplant. Ihr Volk stellt schätzungsweise knapp 10 Prozent der Bevölkerung. Offiziell sind es nur 3 Prozent; bei Erhebungen geben viele Roma ihre Volkszugehörigkeit nicht gerne an.
Bereits fünfte Auslandsreise 2019
Rumänien gilt als eines der religiösesten Länder in der EU. Mehr als 80 Prozent der Bewohner bekennen sich zur rumänisch-orthodoxen Kirche. Mit etwa 17 Millionen Mitgliedern ist die rumänische nach der russisch-orthodoxen Kirche des Moskauer Patriarchats die zweitgrößte der orthodoxen Nationalkirchen. Die ungarische Minderheit Rumäniens gehört der römisch-katholischen Kirche an, für die rumänische Geschichte wichtiger ist allerdings die um rund die Hälfte kleinere (400.000-500.000 Gläubige) griechisch-katholische Kirche.
Der Rumänien-Besuch wird bereits die bislang fünfte Auslandsreise des Papstes in diesem Jahr. Ende Jänner fuhr Franziskus zum Weltjugendtag nach Panama, eine Woche später in die Vereinigten Arabischen Emirate, Ende März nach Marokko sowie Anfang Mai nach Bulgarien und Mazedonien. In der zweiten Jahreshälfte folgen längere Reisen nach Fernost und Südostafrika.
"Kathpress" veröffentlicht zum Papstbesuch in Rumänien einen Themenschwerpunkt, der unter www.kathpress.at/PapstinRumaenien abrufbar ist und laufend erweitert wird.
Franziskus reist Ende Mai in eines der Sorgenkinder der EU - Rumäniens Fortschritte bei der Korruptionsbekämpfung werden derzeit zurückgedreht und die freie Justiz ist in Gefahr - Franziskus muss sich klug äußern - Von Alexander Brüggemann
Insbesondere der vom Papst "in pectore" zum Kardinal ernannte Iuliu Hossu war eine zentrale Figur während der Verfolgung der rumänischen griechisch-katholischen Kirche durch das kommunistische Regime ab 1948
Wiener rumänisch-orthodoxer Bischofsvikar ist überzeugt, dass Begegnung von Papst Franziskus mit orthodoxer Kirche Rumäniens offener und herzlicher vonstatten gehen wird, als dies zuletzt in Bulgarien und Nordmazedonien der Fall war