Papstreise: In Rumänien spiegelt sich Europas Krise
30.05.201907:00
Rumänien/Vatikan/Papst/Politik/Wahl
Franziskus reist Ende Mai in eines der Sorgenkinder der EU - Rumäniens Fortschritte bei der Korruptionsbekämpfung werden derzeit zurückgedreht und die freie Justiz ist in Gefahr - Franziskus muss sich klug äußern - Von Alexander Brüggemann
Bukarest, 30.05.2019 (KAP/KNA) "Lasst uns gemeinsam gehen": Unter diesem offiziellen Motto steht der dreitägige Besuch von Papst Franziskus in Rumänien ab 31. Mai. Das Papstwort, in den politischen Kontext des Landes hineingesprochen, scheint höchst passend. Denn Rumänien, das noch bis 30. Juni den EU-Ratsvorsitz innehat, gehört zu den Sorgenkindern der Europäischen Union. Das politische Bukarest bietet selbst eher ein Schlachtfeld statt Orientierung in einer Phase, in der demokratische Standards, Menschenrechte und Multilateralismus demontiert und ausgehöhlt werden.
Rumäniens Politik ist verkeilt im Dauerkampf zwischen Schatten-Regierungschef Liviu Dragnea und Staatspräsident Klaus Iohannis. Das Duell der beiden sehr verschiedenen Politiker gleicht einer Schlammschlacht, in der Dragnea immer den schmutzigeren Trick parat hat.
Iohannis war Ende 2014 als bürgerlicher Außenseiter angetreten, mit dem Versprechen, die grassierende Korruption zu bekämpfen. Der 59-Jährige, der der deutschstämmigen Minderheit der Siebenbürger Sachsen angehört und zwischen 2000 und 2014 als Bürgermeister von Sibiu (Hermannstadt) amtierte, war der Hoffnungsträger derer, die den lauten und unsauberen Politikstil der bisherigen Eliten nicht mehr wollten.
Doch er steht scheinbar auf verlorenem Posten gegen die regierenden Sozialdemokraten Dragneas, die genau dies verhindern wollen - und ihm in den vergangenen Jahren alle verfassungsmäßigen Instrumente dafür aus der Hand geschlagen haben. Zur Europawahl hat Iohannis seinen vielleicht letzten Trumpf gezogen - und das Europa-Votum mit einem Referendum über die rumänische Justizreform verbunden. Die Politik der Regierung, so warnt er immer wieder, drohe alle Fortschritte bei der Korruptionsbekämpfung wieder zurückzudrehen.
Ende 2016 hatte die nominell sozialdemokratische PSD, die Nachfolgepartei der Kommunisten, bei den Parlamentswahlen einen Erdrutschsieg gelandet - und das, obwohl praktisch die gesamte Parteielite wegen Wahlfälschung, Korruption oder anderer Delikte vorbestraft ist oder juristisch belangt wurde. Mit ihrer - rational unfassbaren - absoluten Mehrheit konnte die PSD nach und nach die vom Präsidenten durchgesetzte Stärkung der Antikorruptionsbehörde DNA wieder kippen.
Zwar konnte Iohannis noch PSD-Chef Dragnea als Ministerpräsidenten verhindern - weil der wegen Wahlfälschung zu zwei Jahren Haft auf Bewährung verurteilt ist. Doch mit seiner großen Macht in Parlament und Gesetzgebung trieb der 56-Jährige den Präsidenten derart in die Defensive, dass dieser auf Anordnung des Verfassungsgerichts sogar die oberste Korruptionsbekämpferin Laura Codruta Kövesi entlassen musste - um selbst einem drohenden Amtsenthebungsverfahren zu entgehen. Diesen gefühlten Verrat an der Sache haben viele Unterstützer Iohannis nicht verziehen.
Im Tagesgeschäft ist ohnehin nicht der europafreundliche Präsident am Ruder, sondern die Dragnea ergebene PSD-Ministerpräsidentin Viorica Dancila. Die 55-Jährige wird nicht müde, wie auch zuletzt beim EU-Gipfel in Bukarest den protokollarischen Vorrang des Staatspräsidenten vor der Regierungschefin zu beklagen.
Dieser Vorrang wird freilich auch bei der Papstreise wieder zum Tragen kommen. Wie üblich stehen die protokollarischen Begegnungen mit den politischen Spitzenvertretern am Beginn der Papstvisite. Nach dem offiziellen Empfang durch Iohannis und einem kurzen Gespräch mit Dancila spricht Franziskus im Präsidentenpalast vor Vertretern von Politik, Gesellschaft und Diplomatie. Der Papst muss sich angesichts der politischen und gesellschaftlichen Gemengelage klug äußern. Ob seine Redenschreiber vier Tage nach der Europawahl noch Bezüge dazu einbauen, ist unsicher. Franziskus' Standardplädoyer für die Armen und an den Rand Gedrängten dürfte aber kaum fehlen.
"Kathpress" veröffentlicht zum Papstbesuch in Rumänien einen Themenschwerpunkt, der unter www.kathpress.at/PapstinRumaenien abrufbar ist und laufend erweitert wird.
Insbesondere der vom Papst "in pectore" zum Kardinal ernannte Iuliu Hossu war eine zentrale Figur während der Verfolgung der rumänischen griechisch-katholischen Kirche durch das kommunistische Regime ab 1948
Wiener rumänisch-orthodoxer Bischofsvikar ist überzeugt, dass Begegnung von Papst Franziskus mit orthodoxer Kirche Rumäniens offener und herzlicher vonstatten gehen wird, als dies zuletzt in Bulgarien und Nordmazedonien der Fall war
Bei seinem Besuch von 31. Mai bis 2. Juni spricht der Papst sieben Märtyrerbischöfe aus kommunistischer Zeit selig und trifft den rumänisch-orthodoxen Patriarchen Daniel