Irak: Corona trifft die ärmsten Familien am schwersten
09.04.202012:44
Irak/Österreich/Kirche/Soziales/Pandemie/ICO
Pfarrer der Kleinstadt Telskof in Bericht an "Initiative Christlicher Orient": Strenge Ausgangssperren - Schulen, Geschäfte, Betriebe geschlossen - Kein Verkehr zwischen den Städten möglich - Gerade die Ärmsten haben ohne Arbeit auch kein Einkommen - Hilfe dringend notwendig
Erbil/Linz, 09.04.2020 (KAP) Nachdem die christliche Bevölkerung in den vergangenen Jahren den IS-Terror überstanden und ihre Dörfer und Städte in der nordirakischen Ninive-Ebene wieder aufgebaut hat, wird sie nun vom Corona-Virus neuerlich hart getroffen. Dabei ist es derzeit noch nicht das Virus selbst, sondern die Bevölkerung leidet massiv unter den - wohl notwendigen - Maßnahmen der Behörden zur Eindämmung der Pandemie, wie der chaldäische Geistliche Salar Kajo in einem "Kathpress" vorliegenden Bericht an die "Initiative Christlicher Orient" (ICO) betont. Salar Kajo ist Pfarrer der Kleinstadt Telskof und Generalvikar der chaldäischen Erzdiözese Alkosh.
In der Kleinstadt Telskof leben rund 1.000 christliche Familien. Die ICO hat in Telskof (u.a. gemeinsam mit der Arbeitsgemeinschaft Katholischer Verbände und Christen in Not) ab 2017 zahlreiche Hilfsprojekte zum Wiederaufbau unterstützt. Wie Pfarrer Salar berichtet, habe es in Telskof bisher noch keinen bestätigten Corona-Fall gegeben, einige wenige aber in der nahen Provinzhauptstadt Dohuk. Die Behörden wollten das Virus mit einer strengen Ausgangssperre bekämpfen. Die Schulen seien schon seit längerem geschlossen. Auch jeglicher Verkehr zwischen den Städten und Dörfern sei verboten. "Wir sind in Telskof isoliert und in den anderen Städten ist es genauso", so Pfarrer Salar.
Dadurch sei freilich auch das wirtschaftliche Leben so gut wie ganz zum Erliegen gekommen. Die ohnehin schon wenigen Betriebe der Regionen und auch die Märkte seien geschlossen. Und ohne Arbeit gebe es für die Menschen auch kein Einkommen. Einige Geschäfte, in denen man Lebensmittel bekommt, seien noch offen. "Aber pro Familie erhalten nur ein oder zwei Personen einen Erlaubnisschein, um überhaupt das Haus verlassen und einkaufen gehen zu dürfen." Für die Lebensmittel gebe es zudem Bezugsmarken. Und: "Die Preise steigen."
Besonders für die ärmsten Familien, die weder Einkommen noch Ersparnisse haben, werde die Situation immer schwieriger, berichtete der Pfarrer: "Wir wissen nicht, wie lange die Situation so bleiben wird. Es gibt Stimmen, die von Ende Mai sprechen. Aber wir können nur warten und hoffen."
Die deutsche Caritas habe Hilfe in Form von Nahrungsmittelpaketen für die Ärmsten zugesagt, so Pfarrer Salar. Weitere Unterstützung sei freilich dringend notwendig. Besonders knapp bzw. für die armen Familien zu teuer sei auch Öl für die Generatoren, mit denen Strom in den Häusern erzeugt wird.
Wie auch in Österreich finden die Gottesdienste längst ohne Gläubigen statt. "Ich feiere jeden Tag die Messe in der Kirche und wir übertragen diese via Livestream", so der Pfarrer. Das werde auch bei den Ostergottesdiensten so sein. Und sicher auch noch einige Zeit danach. Und nicht nur in Telskof, sondern im ganzen Land. Die Menschen sind eingeladen, die Messen über die Sozialen Medien mitzufeiern. Es gibt dazu auch Instruktionen des chaldäischen Patriarchats, das seinen Sitz in Bagdad hat.