Franziskus betont bei Besuch in Tigris-Metropole mehrfach die Unzulässigkeit von Gewalt und Hass im Namen der Religion - "Heute bekräftigen wir nichtsdestotrotz erneut unsere Überzeugung, dass die Geschwisterlichkeit stärker ist als der Brudermord"
Bagdad, 07.03.2021 (KAP) Papst Franziskus hat bei seiner Irak-Reise in einer symbolträchtigen Zeremonie am Sonntag der Kriegsopfer in der Tigris-Metropole Mossul gedacht. Die Terrororganisation "Islamischer Staat" (IS) hatte dort im Juni 2014 ein eigenes Kalifat ausgerufen. Erst drei Jahre später wurde die Stadt befreit und bei den Gefechten schwer beschädigt.
Auf dem Platz Hosh al-Bieaa, Schauplatz der Zerstörung mehrerer christlicher Kirchen, berichteten mehrere Zeitzeugen über Verfolgung und Vertreibung während der IS-Herrschaft. Der Papst zeigte sich bestürzt angesichts der "grauenvollen Erfahrungen". Ein "unermesslicher Schaden" sei angerichtet worden. Moslems, Christen, Jesiden - alle zählten zu den Opfern. "Heute bekräftigen wir nichtsdestotrotz erneut unsere Überzeugung, dass die Geschwisterlichkeit stärker ist als der Brudermord", so Franziskus.
Im Anschluss sprach der 84-Jährige ein eigens für diesen Anlass verfasstes Gedenkgebet. Anklagende Worte gegen bestimmte Tätergruppen verwandte er nicht. Stattdessen betonte er mehrfach die Unzulässigkeit von Gewalt und Hass im Namen der Religion: "Wenn Gott der Gott des Lebens ist - und das ist er -, dann ist es uns nicht erlaubt, die Brüder und Schwestern in seinem Namen zu töten." Der Papst erbat "für uns alle, dass wir über die religiösen Bekenntnisse hinweg in Harmonie und Frieden leben können".
Heute noch 70 christliche Familien vor Ort
Mossuls chaldäisch-katholischer Erzbischof Najeeb Michael Moussa dankte Franziskus für seinen Besuch. "Sie sind ein Pilger des Friedens und eine Stimme, die die Gewissen weckt", wandte er sich an den Papst. Das Land benötige "eine prophetische Stimme, um diesem leidenden Volk zu helfen". "Gemeinsam wolle man die "Mauern zwischen den Religionen niederreißen", um den Weg für Frieden und Nächstenliebe zu ebnen", betonte Mossuls Erzbischof. "Gemeinsam sagen wir Nein zu Fundamentalismus, Sektierertum und Korruption." Dank vieler - auch junger - Menschen guten Willens, beginne in der Ninive-Ebene heute wieder "die gute Saat zu keimen, die hilft, Armut und Ungerechtigkeit zu bekämpfen".
An dem Gebet nahmen an der Seite des Papstes auch der syrisch-katholische Patriarch Ignatius Youssef III. Younan sowie der Pfarrer der örtlichen Verkündigungskirche, Emmanuel Adel Kallo, teil. Kallo dankte Franziskus für den "historischen" Besuch in Mossul. Er selbst habe die Stadt im Juni 2014 mit 500 christlichen Familien verlassen, berichtete der Pfarrer. "Die meisten sind ins Ausland gegangen, die restlichen haben Angst, zurückzukehren." Nach den Jahren des Terrors sei Mossul heute die Heimat von nur noch 70 christlichen Familien. "Aber ich lebe an einem Ort, wo es zwei Millionen Muslime gibt, die mich 'Vater Raid' nennen: Ich lebe meine Sendung mit ihnen."
Am Ende der Zeremonie wurde auf dem Kirchplatz ein Gedenkstein enthüllt, um an die Papstvisite zu erinnern. Franziskus ließ eine Friedenstaube steigen, ehe er in den christlich geprägten Ort Karakosch weiterreiste.
Papst Franziskus war Sonntagfrüh er in der kurdischen Regionalhauptstadt Erbil von Präsident Nechirvan Barsani und Regierungschef Masrur Barsani begrüßt worden. Nach einer kurzen Unterredung in der VIP-Lounge des Flughafens reiste er per Hubschrauber weiter nach Mossul.
Am Nachmittag wird Franziskus zu einer Messe mit bis zu 10.000 Gläubigen im Stadion von Erbil erwartet. Der Gottesdienst markiert den Höhepunkt seiner viertägigen Irak-Visite.
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In christlich geprägter Stadt Karakosch jubelten Tausende Menschen Franziskus zu - Syrisch-katholischer Patriarch Younan dankt Papst für "historischen Besuch, der uns über unsere Qualen hinwegtröstet, uns ermutigt, in unserem Land verwurzelt zu bleiben"