Bischofskonferenz ruft in Erklärung zum Impfen auf - Regierende haben Verantwortung, Gesundheit und Freiheit gleichermaßen zu schützen - Polarisierungen in Gesellschaft mit "Abrüstung der Worte und Gesten" sowie Bereitschaft zur Versöhnung begegnen - Einladung zum persönlichen und gemeinsamen Gebet
Wien, 07.12.2021 (KAP) Die österreichischen Bischöfe haben erneut zur Corona-Schutzimpfung aufgerufen und erachten eine zeitlich befristete Impfpflicht als letzte Möglichkeit zur Bekämpfung der Pandemie für zulässig. Das hat die Bischofskonferenz in einer am Dienstag veröffentlichten Erklärung dargelegt, in der die Letztverantwortung der Regierenden betont wird und das Ziel, Gesundheit und Freiheit gleichermaßen zu schützen. Weiters halten die Bischöfe fest, dass sie zur konkreten Ausgestaltung des geplanten Gesetzes "kein detailliertes Votum abgeben" und sich daher "am Begutachtungsverfahren nicht beteiligen". Im Blick auf die Polarisierungen in der Gesellschaft werben die Bischöfe für eine "heilsame Abrüstung der Worte und Gesten", die Bereitschaft zur Versöhnung und für das Gebet gerade im Advent.
In ihrer Erklärung mit dem Titel "Schützen. Heilen. Versöhnen." weisen die Bischöfe darauf hin, dass ein "breiter wissenschaftlicher Konsens" die Schutzimpfung gegen Covid-19 als einen "unerlässlichen Beitrag" bewerte, um Menschen vor schwerer, lebensbedrohlicher Erkrankung zu schützen. "Wer sich impfen lässt, schützt damit auch die öffentlichen Gesundheitssysteme vor Überlastung und all jene, die nicht wegen Corona, sondern aus anderen Gründen eine intensivmedizinische Behandlung benötigen." Aufgrund der wegen der Corona-Fälle angespannten Situation in den Krankenanstalten "bitten wir Bischöfe erneut eindringlich, sich impfen zu lassen. Wir erinnern an die Worte von Papst Franziskus: 'Impfen ist ein Akt der Nächstenliebe'".
Die von der Regierung geplante temporäre gesetzliche Verpflichtung zur Impfung ist aus Sicht der Bischöfe "ein schwerwiegender Eingriff in die körperliche Integrität und Freiheit des einzelnen Menschen. Sie ist daher nur dann zulässig, wenn unter Beachtung der Verhältnismäßigkeit alle anderen Möglichkeiten ausgeschöpft wurden, um die Bevölkerung - im Fall der Pandemie das Gesundheitssystem und damit Menschenleben - zu schützen." Es liege aber letztlich in der Verantwortung der Regierenden zu beurteilen, ob die Voraussetzungen dafür vorliegen und eine temporäre Impfpflicht das jetzt angemessene Mittel zum Schutz des Gemeinwohls ist." Dabei sei jedenfalls "dringend geboten, situations- oder gesundheitsbedingte Ausnahmen vorzusehen und auch die rechtlichen Konsequenzen in einem angemessenen Rahmen zu halten".
Warnung vor Grenzüberschreitungen
Im Kontext der Debatte um die Angemessenheit von Maßnahmen zur Covid-Bekämpfung orten die Bischöfe "eine gefährliche Polarisierung in der Gesellschaft". Sie zeige sich in der "überhitzten und respektlosen Art, mit unbedachten Vorwürfen, Unterstellungen und einer gewalttätigen Sprache aufeinander loszugehen". Deutlich benennen die Bischöfe Grenzen für Protestbekundungen: Abzulehnen seien Versuche, staatliche Maßnahmen zur Pandemieeindämmung mit dem nationalsozialistischen Unrechtsregime in Beziehung zu bringen. "Solche beschämenden Verharmlosungen der NS-Verbrechen dürfen nicht geduldet werden."
Weiters halten die Bischöfe fest: "Es stößt auch auf unser absolutes Unverständnis, wenn Menschen, die in der medizinischen Versorgung und Pflege um das Leben von Menschen kämpfen, verhöhnt werden. Ebenso entschieden ist die pauschale Verunglimpfung aller, die sich nicht impfen lassen wollen, abzulehnen."
Angesichts zahlreicher Verletzungen und Zerwürfnisse mit vermutlich gefährlichen Langzeitfolgen brauche es "dringend eine heilsame Abrüstung der Worte und Gesten" und eine neue Gesprächskultur. "Zuhören ist heilsam", so die Bischöfe, und die wichtigste Voraussetzung für jede gelingende Kommunikation. "Nur der Respekt vor gegensätzlichen Meinungen und unterschiedlichen Standpunkten kann ein friedliches Zusammenleben sichern. Dazu gehört jedoch auch die grundsätzliche Akzeptanz von gesetzlichen Vorgaben, die im Interesse des Gemeinwohls getroffen werden müssen."
Heilen und versöhnen
Gerade in der Adventzeit, in der sich viele Menschen nach mehr Stille, Entschleunigung und Entlastung sehnten, schlagen die Bischöfe vor, "auf unnötige Empörungen und fruchtlose Debatten soweit wie möglich zu verzichten. Unterlassen wir alles, was jemanden herabsetzen, verletzen und demütigen könnte. Ein kollektives Innehalten dieser Art würde uns allen guttun."
Es gelte, die Zeit zu nützen, um zu reflektieren und nachzudenken - "auch über den Beitrag zur Versöhnung, den jeder von uns in seinem Lebensumfeld leisten kann." Ausdrücklich laden die Bischöfe zum persönlichen und gemeinsamen Gebet ein, "in dem wir der heilsamen Gegenwart Gottes Raum geben".
Resümierend halten die Bischöfe fest: "Schützen, heilen und versöhnen ist ein adventliches Programm, das eine echte Alternative darstellt. Es weist einen geistvollen Weg zu einem versöhnten Miteinander, das unser Land angesichts der großen Herausforderung unbedingt braucht. "