Bischof Scheuer und Prof. Zulehner standen am Wiener Zentralfriedhof Requiem und Begräbnis für ehemaligen VP-Spitzenpolitiker vor
Wien, 30.03.2022 (KAP) Der Linzer Bischof Manfred Scheuer und der Wiener Pastoraltheologe Prof. Paul Zulehner standen am Mittwochnachmittag am Wiener Zentralfriedhof dem Trauergottesdienst und Begräbnis für Erhard Busek vor. Der ehemalige Spitzenpolitiker war am 13. März im 81. Lebensjahr verstorben. "Er war ein visionärer Weltbürger ebenso wie ein nostalgischer Grätzelwiener", sagte Prof. Zulehner in seiner Predigt. In Busek hätten sich ein tiefer Glaube, große Intellektualität und Aktivität für mehr Gerechtigkeit in der Welt miteinander verbunden. Oft sei er seiner Zeit voraus gewesen, vielfach sei er - auch in seiner eigenen Partei - nicht verstanden worden, manchmal sei er sich auch selbst im Weg gestanden, so Zulehner.
Erhard Busek habe "unermüdlich gearbeitet, um einzelnen Menschen, aber auch Völkern zu helfen, ihren Platz in der Welt zu finden", sagte Bischof Scheuer in seiner Ansprache in der Luegerkirche. Busek "war selbstlos auf der Suche nach einer besseren Menschheit und zugleich ein verständnisvoller, verlässlicher Freund". Er habe Intellektualität mit großer Energie, scharfem Witz und Leidenschaft, aber auch mit persönlicher Wärme und Freundschaft verbunden.
Scheuer ging auf die religiöse und ethische Prägung Buseks durch seine Herkunftsfamilie und durch die Katholische Hochschuljugend ein, die ihn ein Leben lang begleitet hätten. "Das Ringen um den Glauben war eine seiner Qualitäten, das Ringen um eine intellektuelle Durchdringung des Glaubens, aber auch die Suche nach dem grundlegenden Zusammenhang von Glaube und Gerechtigkeit."
Scheuer würdigte u.a. Buseks großes Geschichtsbewusstsein und seine klaren Überzeugungen. Busek habe mit seinen Kontakten in damals kommunistische Länder wie Polen, Ungarn, die Tschechoslowakei und Jugoslawien den Demokraten dort Hoffnung gegeben, erinnerte der Bischof weiter: "Er hat Mut gemacht zu Freiheit und Demokratie.
"Tragfähiger wie inspirierender Glaube"
Auch Prof. Zulehner, der mit Busek befreundet war, wies in seiner Predigt auf den tiefen sowie "tragfähigen wie inspirierenden" Glauben des Verstorbenen hin. Busek habe das Glück gehabt, das elterliche Glaubenserbe bei herausragenden Persönlichkeiten und in Gemeinschaften der Kirche auf den Prüfstand der Vernunft zu stellen. Zu ihnen zählten etwa Karl Strobl, Otto Mauer oder Kardinal Franz König. Gerade in der Aufbruchszeit des Zweiten Vatikanischen Konzils habe er die Weite einer Weltkirche erlebt, zudem ökumenisch und interreligiös ausgerichtet. Zulehner: "Er war, wie ich aus eigenem Erleben weiß, im jüdischen Viertel in Krakau ebenso daheim wie er gute Beziehungen zum Großmufti von Sarajewo unterhielt, der ihm bei einem Besuch eine Liste mit 200 Namen von salafistisch ausgebildeten Religionslehrern überreichte und ihm riet, diese nicht in den Schuldienst aufzunehmen."
Seine kirchlichen Lehrmeister hätten Erhard Busek keinen frömmelnden Fundamentalismus, sondern eine geistesgegenwärtige, anspruchsvolle, hochpolitische Theologie vermittelt. In Zeiten weltanschaulicher Diffusion habe er um eine gerade für die Jungen zukunftsfähige Position gerungen "und suchte durch alle Zweifel hindurch, das Erbe des Glaubens mit der modernen Zeit zu vereinbaren", so Zulehner: "Das machte ihn kritisch und loyal zugleich: in seiner Kirche ebenso wie in seiner Partei. Noch mehr, es machte ihn unbequem, kämpferisch, ja unbeugsam."
Weltbürger und Grätzelwiener
Zulehner weiter über den Verstorbenen: "Als Mitglied einer Weltkirche, aber in der Lokalkirche gut verwurzelt, lernte er, das Globale mit dem Lokalen zusammenzuhalten. Er war ein visionärer Weltbürger ebenso wie ein nostalgischer Grätzelwiener."
Zum Talent eines inspirierenden Glaubens habe Busek zudem das Talent einer außergewöhnlichen intellektuellen Begabung erhalten, erinnerte der Pastoraltheologe: "Selbst intellektuell hochbegabt, förderte er im Lande Bildung, Wissenschaft, Kunst. Er hat Kultur geliebt und gelebt."
Busek habe freilich auch um seine Schwächen gewusst, zitierte Zulehner den Verstorbenen: "Meine Schwäche war immer ein Mangel an Geduld und eine gewisse Arroganz. Ich habe sehr vielen das Gefühl gegeben, dass ich sie für blöd halte. Was auch gestimmt hat."
Zulehner hob in seiner Predigt zudem das unermüdliche Engagement Buseks beim Friedensprojekt Europa hervor: "Er kämpfte für die großen Werte, die in der Geschichte des Kontinents eine prägende Rolle spielten. Freiheit, Gerechtigkeit, Wahrheit und dank aller zusammen Frieden." Busek sei ein unbeugsamer Anwalt der Freiheit gegen alle populistischen Umwandlungsversuche der liberalen Demokratie in eine illiberale gewesen. Ganz im Sinn der katholischen Soziallehre habe er friedenspolitisch nicht auf Waffen, sondern auf Gerechtigkeit gesetzt, die auch und gerade durch Bildung gemehrt werden könne.
Zulehner: "Was heute viele in den Parteien nicht zusammenhalten können, hielt er zusammen: Gesinnung und Verantwortung." Denn: Wenn die Gesinnung wegfällt, so habe er in einem Hintergrundgespräch im Jahre 2016 nicht nur seiner eigenen Partei vorgeworfen, "schrumpft der Horizont einer zukunftsfähigen staatsmännischen Politik vom Welt-Gemeinwohl, dem Einsatz für die sozial Geschwächten und die Sorge um die Mitwelt auf eine parteipolitisch Machterhaltungspolitik ohne Zukunft".
Zahlreiche Trauergäste
An der Begräbnisfeier nahmen zahlreiche Repräsentanten aus Politik, Wirtschaft und Wissenschaft teil. Unter ihnen waren Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP), Vizekanzler Werner Kogler (Grüne), Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka sowie EU-Kommissar Johannes Hahn (beide ÖVP).
Ebenfalls Abschied von Busek nahmen Ex-Bundespräsident Heinz Fischer, seine Nachfolger als ÖVP-Chef, Ex-Bundeskanzler Wolfgang Schüssel sowie die Ex-Vizekanzler Wilhelm Molterer und Reinhold Mitterlehner, sowie Buseks Nachfolger als Unterrichts- bzw. Wissenschaftsminister, Martin Polaschek (ÖVP), bzw. als Präsident des Forum Alpbach, Ex-EU-Kommissar Franz Fischler bzw. Ex-Erste-Chef Andreas Treichl. Unter den Trauergästen befanden sich auch der ehemalige tschechische Außenminister Karel Schwarzenberg, der Wiener Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ), der Tiroler Landeshauptmann Günther Platter sowie Niederösterreichs Ex-Landeschef Erwin Pröll (beide ÖVP).
Der Kirche verbundener Politiker
Busek, geboren am 25. März 1941, engagierte sich ab 1958 in der Katholischen Mittelschuljugend (KMJ) der Erzdiözese Wien, ein Jahr später wurde er zum Zentralsekretär dieser KA-Mitgliedsorganisation auf Österreich-Ebene. Anschließend übernahm Busek die Aufgabe des Bundessekretärs der Katholischen Jugend Österreich (KJÖ) und gleichzeitig des Zentralführers der KMJÖ. 1964 schloss er sein Jus-Studium ab, seine Funktion in der Katholischen Jugend übte er bis 1966 aus. Danach wechselte Busek in die Politik, zunächst als Klubsekretär der ÖVP im Parlament.
Seine weiteren politischen Stationen waren u.a. Generalsekretär des Österreichischen Wirtschaftsbundes und der ÖVP, Landesparteiobmann der Wiener VP und Vizebürgermeister der Bundeshauptstadt. 1989 wurde er Wissenschaftsminister, von 1991 bis 1995 war er ÖVP-Vorsitzender und Vizekanzler in der Großen Koalition mit der SPÖ.
Nach dem Ende seiner innenpolitischen Laufbahn widmete sich Busek seiner Leidenschaft für Europa und übernahm den Vorsitz des Instituts für den Donauraum und Mitteleuropa; von 2000 bis 2002 war er Regierungsbeauftragter für die EU-Erweiterung, von 2002 bis Juni 2008 Sonderkoordinator des Stabilitätspaktes für Südosteuropa. Als Präsident des Trägervereins "Disputationes Salzburg" wirkte Busek maßgeblich an der in den vergangenen Jahren die Salzburger Festspiele eröffnenden "Ouverture spirituelle" beteiligt.
Immer wieder machte er sich auch für Reformen in der katholischen Kirche stark. 2009 gründete er zusammen mit dem ehemaligen Volksanwalt Herbert Kohlmaier und dem ehemaligen Nationalratspräsidenten Andreas Khol die - bis heute bestehende - "Laieninitiative".