Weihbischof: Jungfrauenweihe auch Signal gegen Gottvergessenheit
15.08.202216:05
(zuletzt bearbeitet am 15.08.2022 um 16:06 Uhr)
Österreich/Kirche/Jungfrauenweihe
31-jährige Bernadette Lang empfängt im Salzburger Dom die Jungfrauenweihe - Berufung und Lebensform der "geweihten Jungfrau" ist in Katholischer Kirche relativ neu und zugleich uralt
Salzburg, 15.08.2022 (KAP) Im Salzburger Dom hat am Montagnachmittag Bernadette Lang (31) die Jungfrauenweihe empfangen. Die Weihe nahm der Salzburger Weihbischof Hansjörg Hofer im Rahmen eines festlichen Gottesdienstes vor. Lang bekam Ring und Schleier als Zeichen der Weihe an Gott und das Stundenbuch (Gebetbuch) der Kirche verliehen. "Jungfrauenweihe heißt Ganzhingabe an Christus. Vorbild dafür bleibt für uns Maria", sagte Weihbischof Hofer bei der Feier am Festtag Mariä Himmelfahrt. Die Jungfrauenweihe bezeichnete er in seiner Predigt auch als "markantes Signal gegen die Gottvergessenheit".
Geweihte Jungfrauen geloben ehelose Keuschheit und ein Leben in der Nachfolge Christi. Die Art und Weise, wie sie ihr Charisma leben - stärker kontemplativ oder aktiv -, ist ihnen jedoch freigestellt. Einige von ihnen sind in Wissenschaft und Lehre, andere als Einsiedlerinnen oder in sozialen Diensten tätig. Zudem können sie ganz allein wohnen, bei ihrer Herkunftsfamilie oder in einer Gemeinschaft mit Gleichgesinnten.
Die Jungfrauenweihe in Salzburg hatte im Vorfeld ein großes Medienecho und teils auch Kritik ausgelöst. Der Salzburger Erzbischof Franz Lackner verteidigte die Weihe. Berufungen, Weihen und Gelöbnisse gehörten zur "DNA der Kirche"; es gebe bis heute immer wieder junge Frauen, "die in Nachahmung des ehelosen Lebensstils Jesu den Weg der Ganzhingabe an Christus beschreiten wollen", erläuterte der Erzbischof in einer Stellungnahme.
Ehelosigkeit, Keuschheit und Jungfräulichkeit sei heute in besonderer Weise umstritten, sagte auch Weihbischof Hofer bei dem Gottesdienst am Montag. "Viele können und wollen nicht verstehen, dass auch ein Leben ohne Ehe, Familie und ohne die Sexualität auszuleben, ein erfülltes Leben sein kann. Tatsache aber ist: Wenn jemand aus Liebe zu Jesus Christus auf Ehe, Familie, Kinder verzichtet, ist es wohl ein deutliches Zeichen dafür, dass es noch etwas gibt, das alles in der Welt übersteigt: nämlich Gott. So ist Ehelosigkeit und Keuschheit nicht nur ein sprechendes Zeichen der Ganzhingabe an Jesus, sondern auch ein markantes Signal gegen die Gottvergessenheit, die heute massiv um sich greift."
Jungfrauenweihen habe es im Leben der Kirche immer gegeben, nur seien sie heute selten geworden, erklärte der Weihbischof. Geweihte Jungfrauen gingen ihrer Berufung nach, um Gott und den Menschen zu dienen. Bei den evangelischen Räten, zu denen auch die ehelose Keuschheit gehört, handle es sich um einen guten Ratschlag und keine Verpflichtung für alle Gläubigen, sagte Hofer: "Aber für jene, die den Ruf zu einer besonderen Christusnachfolge vernommen haben, sind diese Räte die richtige Lebensform, um Gott mit allen Fasern ihres Lebens zu dienen."
Zum Thema Zölibat zitierte der Weihbischof auch die Äbtissin der Abtei Mariastern-Gwiggen, Maria Hildegard Brem (71). Beim Zölibat gehe es ihr nicht darum, "etwas nicht zu dürfen", sondern darum, "etwas anderes leben zu dürfen", sagte die Äbtissin jüngst in einem Interview. "Ich verabschiede mich ja nicht von meiner Sexualität, sondern lebe sie nur anders", stellte die Ordensfrau fest.
Weltweit rund 5.000 geweihte Jungfrauen
Die Lebensform der "geweihten Jungfrau" ist in der Katholischen Kirche relativ neu und zugleich uralt: Laut dem Neuen Testament gab es in der frühen Kirche nicht nur den Stand der Bischöfe, Priester und Diakone, sondern auch jenen der Witwen und "geweihten Jungfrauen". Diese unverheirateten Frauen weihten ihr Leben auf besondere Weise Gott, waren aber weiter in ihrem normalen Lebensumfeld tätig. Ein Klosterleben für Frauen entstand erst später und verdrängte in der Folge die Lebensform alleinstehender Frauen.
Während des Zweiten Vatikanischen Konzils (1962-1965) entdeckte die katholische Kirche diese Lebensform wieder. 1970 erließ Papst Paul VI. eine Instruktion, welche den Ritus der Jungfrauenweihe wieder einführte. Laut einer Schätzung gibt es derzeit weltweit rund 5.000 geweihte Jungfrauen. Papst Franziskus hat vor zwei Jahren anlässlich des 50-Jahr-Jubiläums der Wiedereinführung der Jungfrauenweihe diese Lebensform gewürdigt. Sie sei ein Teil des "vielfältigen Reichtums" der Kirche.