Linzer Bischof gemeinsam mit Delegation der Initiative Christlicher Orient (ICO) diese Woche in Syrien - Gespräche mit Kirchenvertretern und Besuche von ICO-Hilfsprojekten im Fokus
Wien, 08.09.2023 (KAP) Bei seinem Syrienbesuch macht sich der Linzer Bischof Manfred Scheuer diese Woche gemeinsam mit einer Delegation der Initiative Christlicher Orient (ICO) Syrien ein Bild der Situation der Christinnen und Christen in dem Kriegsland. Die Gruppe mit Obmann Slawomir Dadas und Geschäftsführerin Michlin Alkhalil an der Spitze traf sich dabei u.a. mit dem syrisch-orthodoxen Patriarchen Aphrem II., teilte die Initiative am Freitag mit. Im Mittelpunkt des Gesprächs standen laut ICO die schwierigen Lebensbedingungen für die syrischen Bevölkerung, fehlende Zukunftsperspektiven für die Jugend und die Notwendigkeit weiterer Hilfsprojekte.
In der Metropole Aleppo hatten die ICO-Vertreter unter anderem auch den syrisch-orthodoxen Bischof Boutros Kassis getroffen. 50 Prozent der Christen hätten in den letzten zehn Jahren aufgrund des Krieges und der katastrophalen Wirtschaftslage Syrien verlassen, berichtete der Bischof. Die verbleibenden Christen bräuchten dringend Hilfe, besonders nach dem verheerenden Erdbeben vom 6. Februar. Nachhaltige Wiederaufbauprojekte seien momentan schlicht unmöglich, weshalb es an erster Stelle um Unterstützung der Menschen mit Lebensmitteln gehe, erklärte der syrisch-orthodoxe Bischof. Auch medizinische Hilfe sei dringend notwendig, vor allem für die Alten, aber etwa auch Menschen mit Behinderung. Die Kirche finanziere vielen Menschen die Medikamente und teils auch lebensnotwendige Operationen.
Bei dem verheerenden Erdbeben wurden in Aleppo allein 400 Wohnungen von syrisch-orthodoxen Christen beschädigt, rund die Hälfte davon schwer. Die Kirche hat sofort Hilfsmaßnahmen begonnen, Familien aufgenommen bzw. für Erdbebenopfer die Mieten in Ausweichquartieren bezahlt. 115 beschädigte Wohnungen wurden bereits wieder aufgebaut, so der Bischof.
Auch die Küstenstadt Latakia wurde vom Erdbeben hart getroffen, wie P. Fadi, der Obere des Franziskanerklosters in Latakia der ICO-Delegation erzählte. Die Pfarre der Franziskaner vor Ort zählt rund 700 Familien. Drei Viertel davon sind Flüchtlinge aus der nahen Region Idlib. In der Region leben noch höchstens 200 Christen unter schwierigsten Bedingungen.
Die christlichen Flüchtlinge in Latakia hatten in der Stadt die billigsten und damit auch schlechtesten Unterkünfte gemietet. Vieler dieser Behausungen hielten dem Erdbeben nicht stand. Die Franziskaner nahmen rund 400 Erdbebenopfer für mehrere Wochen in ihrem Kloster auf. Dann begannen die Renovierungsarbeiten an den Wohnungen. 90 Wohnungen wurden inzwischen wieder hergerichtet.
Schule und Suppenküche
Ein größeres Projekt in Latakia, das auch von der ICO unterstützt wird, ist eine Privatschule der Organisation "People of Mercy" für Mädchen, die bisher noch nie die Schule besuchten. Die Mädchen und jungen Frauen stammen fast ausschließlich aus muslimischen Flüchtlingsfamilien, die in Latakia Zuflucht gefunden haben. In der Schule lernen die Mädchen zwischen 13 und 17 Lesen, Schreiben, Rechnen und Englisch. Es gibt kreative Einheiten, Sport, Unterrichtsstunden zur Persönlichkeitsbildung und psychosoziale Begleitung. Nach drei Jahren schaffen viele einen Pflichtschulabschluss, einige haben bereits zu studieren begonnen.
Ebenfalls auf dem Programm stand der Besuch einer Suppenküche der Franziskaner in Aleppo. Mehr als 300.000 Mahlzeiten seien in den vergangenen zwei Jahren zubereitet und an Bedürftige ausgegeben. Die meisten Begünstigten sind Familien, alte, kranke oder auch behinderte Personen, berichtete der Franziskaner-Ordensobere P. Bahjat in Aleppo. Auch Muslime würden versorgt. Nach dem Erdbeben im Februar seien die Kapazitäten für einige Monate dramatisch hinaufgefahren worden und man habe 5.000 Leute jeden Tag versorgt.
Ein zweiter Schwerpunkt der aktuellen ICO-Hilfe in Aleppo liegt auf der Renovierung von Wohnungen und Häusern nach dem verheerenden Erdbeben vom Februar 2023. Rund 200.000 Menschen wurden obdachlos. Die Franziskaner hatten mehrere Wochen lang tausende Menschen aufgenommen, die sich nicht zurück in ihre desolaten Wohnungen trauten. Die Franziskaner wollen insgesamt in Aleppo und der Küstenstadt Latakia 170 Wohnungen wieder instand setzen, sodass die Menschen darin wieder wohnen können, hieß es.