Großtreffen in Ecuadors Hauptstadt Quito beleuchtet Auswirkungen eines "eucharistischen Glaubens" vor Hintergrund aktueller Probleme wie Klimawandel, Kriege und Korruption
Quito, 11.09.2024 (KAP) Wie mit dem Leid der Migranten oder mit Problemen wie Kriegen, Menschenrechts-Verletzungen, Klimawandel, Korruption und Armut aus religiöser Perspektive umzugehen ist, diskutiert der Eucharistische Weltkongress, der diese Woche Quito stattfindet. Unter dem Motto "Geschwisterlichkeit zur Rettung der Welt" sind bei dem nur alle vier Jahre veranstalteten katholischen Großevent derzeit über 6.000 Teilnehmende aus 53 Ländern - darunter als offizieller Vertrerter Österreichs der Klagenfurter Bischof Josef Marketz, aus Deutschland der Trierer Weihbischof Jörg Michael Peters und aus der Schweiz Radio-Maria-Gründer Martin Iten - in Ecuadors Hauptstadt versammelt. An den beiden ersten Kongresstagen am Montag und Dienstag hörten die Versammelten Vorträge zum Thema "verwundete Welt".
Jesus sei ein "guter Schauspieler, der sich als Fremder verkleidet" und den Menschen nach dessen Strategien befrage, sagte der spanische Filmemacher Juan Manuel Cotelo bei der Kongress-Eröffnungsrede. Statt den "eigenen Heilsplan" umzusetzen und Gewalt mit noch mehr Gewalt zu erwidern, bestehe der von Jesus geprägte Weg in der Überwindung von Egoismus und Oberflächlichkeit, in Gottes- und Nächstenliebe, in der Vergebung sowie im Mühen um Einheit. "Der Blick Jesu verurteilt nicht, sondern rettet", betonte Cotelo. Es gelte daher, die "rettende Quelle des Evangeliums und der Eucharistie in die verwundete Welt zu bringen", ohne Angst vor fehlender Größe, gelte doch: "Der Kleinste ist der Mächtigste."
Auf die Umweltkrise, den Klimawandel und die 2025 im brasilianischen Belem stattfindende Klimakonferenz COP30 verwies der brasilianische Erzbischof Jaime Spengler. Christen sollten für das Schicksal der Schöpfung Verantwortung übernehmen und alles daransetzen, deren "Wunde" zu heilen. Die derzeitige ökologische Krise sah Spengler, der auch Präsident des Lateinamerikanischen Bischofsrates CELAM ist, durch den "Verlust der Heiligkeit der Elemente der Natur" begründet. Auch der Oberhirte von Porto Alegre verwies hier auf die Eucharistie, die keine Distanz zur Welt schaffe, sondern im Gegenteil eng mit Gemeinschaft, Gesellschaft und der Schöpfung verbunden sei.
Die in lateinamerikanischen Städten besonders sichtbaren "gesellschaftlichen Wunden" wie Korruption, Konsumismus und soziales Unrecht kamen bei den Beiträgen des Sekretärs der Päpstlichen Lateinamerika-Kommission, der Mexikaner Rodrigo Guerra, sowie Quitos Bürgermeister Pabel Muñoz zur Sprache. Beide Redner verwiesen auf die Kraft des christlichen Glaubens, "Herzen und Realitäten zu verändern", indem man nicht an einer Ideologie, sondern an der Kraft Gottes und an einem von Geschwisterlichkeit und Menschlichkeit geprägten christlichen Leben festhalte.
Mittel gegen den Krieg
Der Krieg in der Ukraine war beim Weltkongress durch Weihbischof Hryhorij Komar präsent. Die Stärke der Ukraine und ihre Widerstandsfähigkeit gegen Russland komme "aus der Einheit mit Gott und aus der Eucharistie", sagte der griechisch-katholische Bischof von Sambir-Drohobytsch. In manchen ukrainischen Pfarren werde seit fast drei Jahren ununterbrochen gebetet. Die Eucharistie sei eine Begegnung mit Jesus Christus sowie eine Teilnahme an dessen Tod und Auferstehung. Um im Kampf zwischen Gut und Böse zu bestehen, sei es wichtig, "Christus, der die Liebe und Wahrheit ist, nicht zu verraten", und nur er könne "zerbrochene Familien und zerbrochene Leben heilen und den Tod gegen das Leben eintauschen". Eindringlich rief Komar zudem zum Gebet für die Ukraine auf.
Auf ähnliche Weise bezeichnete auch der Erzbischof von Kongos Hauptstadt Brazzaville, Bienvenu Manamika, die Eucharistie als "Weg der Wiedergeburt für den Kongo". Sein Land sei voller Widersprüche, da es zwar eine ausgesprochen katholische Bevölkerung aufweise, die christliche Botschaft jedoch "unfruchtbar" werde angesichts der Armut, der Krankheiten, politischen Machtspielen und der "brudermörderischen Kriege". In einer "Rückbesinnung auf den eucharistischen Glauben" sehe er die Grundlage für Befreiung, Frieden, Verantwortlichkeit, menschliche Förderung und Geschwisterlichkeit, so der Erzbischof, denn "man kann nicht Christ sein und so leben, als wäre man es nicht". Glaube müsse lebendig und der Gottesdienst "nicht nur eine Zuflucht, sondern ein Sauerteig des Friedens" sein.
"Revolution der Zärtlichkeit"
Über das Wesen der Eucharistie sprach beim Weltkongress die argentinische Theologin Sr. Daniela Cannavina, Generalsekretärin der Ordenskonferenz Lateinamerikas. Im Empfang und in der Anbetung der Heiligen Kommunion begegneten die Gläubigen Jesus von Nazareth, der nach christlicher Auffassung hier gegenwärtig ist. Dessen "bedingungslose Liebe" bewirke im Menschen eine Umkehr, hin zu "universellen, mitfühlenden Brüdern und Schwestern, für die es keine Ausgrenzung und Grenzen mehr gibt. Zwang wird dabei in Freiheit, Macht in Dankbarkeit und Gleichgültigkeit in Solidarität verwandelt, und Unterschiede in Stärke statt Bedrohung", so die Ordensfrau. Die hier ausgehende "Revolution der Zärtlichkeit" sei imstande, "die verwundete Welt zu verwandeln".
Auch zahlreiche persönliche Glaubenszeugnisse sind Bestandteil des Eucharistie-Kongresses. Die US-Amerikanerin Margaret Fellker, Mitbegründerin des Hilfswerks David's Educational Opportunity Fund, berichtete vom Verlust ihres einzigen Sohnes David, der im Jahr 2002 als 21-Jähriger im Zuge eines Auslandssemesters in Ecuador auf tragische Weise verschwand. Bei der Suche nach ihm habe sie beim Gebet in einer Kirche die Erfahrung gemacht, dass ihre Verzweiflung darüber, den Sohn nicht zu finden, verwandelt worden sei in den Wunsch, anderen zu helfen. Die mit ihrem Mann gegründete Wohltätigkeitsorganisation bietet benachteiligten Jugendlichen in Ecuador Bildungschancen.
Katholisches Großevent alle vier Jahre
Die Eucharistischen Weltkongresse zählen neben den Weltjugendtagen zu den größten katholischen Großveranstaltungen, mit Teilnehmern aus allen Kontinenten. Die internationalen Kongresse sollen die zentrale Bedeutung des Sakraments der Eucharistie in Leben und Sendung der Katholischen Kirche bewusst machen und das Verständnis dafür in Orts- und Weltkirche fördern. Die Versammlungen werden seit 1881 an wechselnden Orten durchgeführt. Der aktuelle Austragungsort Quito war von Papst Franziskus aus Anlass des 150. Jahrestages der Herz-Jesu-Weihe der ecuadorianischen Hauptstadt ausgewählt worden.
Eröffnet worden war der Kongress am Sonntag bei einem Festgottesdienst in der größten Parkanlage der ecuadorianischen Hauptstadt mit 40.000 Gläubigen, darunter 1.700 Kinder, die die Erstkommunion empfingen. Für Mittwoch (Ortszeit) standen auf der Rednerliste der US-Bischof Andrew Cozzens und sein spanischer Amtskollege Jose Ignacio Munilla mit Vorträgen über das "Heiligste Herz Jesu und die Eucharistie". Die im Oktober anstehende Welt-Bischofssynode im Vatikan ist mit für Donnerstag geplanten Ansprachen des Vatikan-Generalvikars Kardinal Mauro Gambetti, der taiwanesischen Laienapostolats-Beraterin Mary We sowie dem vatikanischen Untersekretär Graziano Borgonovo ein Thema.
Für das Wochenende sind schließlich am Freitag Beiträge von Sydneys Erbischof Anthony Fisher und dem argentinischen Sänger und Liedermacher Pablo Martinez geplant, am Samstag eine feierliche Messe mit anschließender eucharistischer Prozession durch die mit Blumenteppichen geschmückten Straßen von Quitos historischem Zentrum bis zur Basilika Voto Nacional. Die Abschlussmesse mit Bekanntgabe des nächsten Kongress-Austragungsortes im Jahr 2028 durch den Päpstlichen Legaten Kardinal Baltazar Porras bildet den Schlusspunkt am Sonntag. (Infos auf Spanisch und Englisch: www.iec2024.ec)