"Instrumentum laboris" ist inhaltlicher Ausgangspunkt der Beratungen der Synoden-Mitglieder von 2. bis 27. Oktober im Vatikan - 112 Punkte mit Hinweisen und Vorschlägen, wie sich die Kirche stärker in eine synodal-missionarische Richtung mit Beteiligung aller Getauften entwickeln kann
Vatikanstadt, 20.09.2024 (KAP) Im Oktober tagt im Vatikan die zweite und abschließende Vollversammlung der laufenden Weltsynode. Sie steht unter dem Thema "Für eine synodale Kirche: Gemeinschaft, Teilhabe und Sendung". Dabei geht es insbesondere um eine neue Kultur der gemeinsamen Beratung und von Reformprozessen innerhalb der Kirche. Im Juli hatte Papst Franziskus das Arbeitspapier für die Synodenversammlung, das sogenannte Instrumentum laboris, mit dem Titel "Wie wir eine missionarisch-synodale Kirche sein können" veröffentlicht. Auf rund 30 Seiten und in fünf Abschnitte mit 112 Punkten gegliedert, enthält es im bisherigen Synodenprozess erarbeitete Hinweise und Vorschläge, wie sich die Kirche stärker in eine synodal-missionarische Richtung mit Beteiligung aller Getauften entwickeln kann.
Das Papier, an dem sich die Beratungen der Synoden-Mitglieder von 2. bis 27. Oktober thematisch orientieren werden, umfasst konkrete Vorschläge für eine veränderte Rechtsordnung und Funktionsweise der weltweiten katholischen Kirche. In der Kirchenhierarchie soll es demnach künftig mehr Mitbestimmung, Transparenz und Rechenschaftspflicht geben. Auch der Vatikan soll künftig Rechenschaft vor den Ortskirchen ablegen.
Ende einsamer Entscheidungen
In der künftigen "synodalen Kirche" soll es demnach keine einsamen Entscheidungen durch Pfarrer, Bischöfe und Papst mehr geben. Stattdessen sollen auf allen Ebenen synodale Beratungsstrukturen eingeführt werden, die sich allerdings von einer Demokratie unterscheiden.
Die Mitwirkungsgremien sollen, anders als bisher im Kirchenrecht geregelt, nicht mehr eine "bloß beratende Stimme" haben. Zwar müsse die Letztentscheidung durch den Bischof gewahrt bleiben, doch sei diese Kompetenz an Bedingungen gebunden.
Weder müsse künftig der Bischof den Willen des Volkes ausführen, noch solle der Bischof die Gremien dazu benutzen, seine bereits getroffenen Entscheidungen zu übermitteln. Ziel sei vielmehr eine "miteinander geteilte Entscheidung, die dem Heiligen Geist gehorcht", so der Text.
In einigen Kulturen, so stellt das Arbeitspapier an anderer Stelle fest, "ist der männliche Chauvinismus nach wie vor stark präsent". Aus diesem Grund sei die zweite Session der Welt-Synode auch zu einer "breiteren Beteiligung von Frauen an den kirchlichen Entscheidungsprozessen und in allen Phasen der Entscheidungsfindung" aufgefordert.
Transparenz und Rechenschaft
Das Arbeitspapier wendet sich gegen eine Wissenschaftshörigkeit bei kirchlichen Reformen. Während etwa der Synodale Weg in Deutschland manche Reformforderungen in der Sexualmoral mit "neuen Erkenntnissen der Humanwissenschaften" begründete, erkennt das Arbeitspapier der Weltsynode die Nützlichkeit wissenschaftlicher Analysen zwar an, betont aber gleichzeitig, dass die Kompetenz der Wissenschaften nicht das letzte Wort habe. Man müsse dafür sorgen, dass sie ihren Beitrag leisten könne, ohne dass sie über andere Sichtweisen dominiere.
Wiederholt fordert das Arbeitspapier Transparenz und Rechenschaft in der Kirchenhierarchie. "Eine synodale Kirche braucht eine Kultur und Praxis der Transparenz und der Rechenschaftspflicht", heißt es wörtlich. Beides sei "infolge des Verlusts an Glaubwürdigkeit aufgrund von Finanzskandalen und insbesondere sexuellem und anderem Missbrauch von Minderjährigen und schutzbedürftigen Personen" nötiger denn je.
Transparenz und Rechenschaft brauche es auch bei Pastoralplänen und bei kirchlichen Arbeitsverhältnissen. Rechenschaft solle es künftig in zwei Richtungen geben: Auch die unteren Ebenen sollten diese von den höheren einfordern können.
Das Arbeitspapier wendet dies auch auf die höchste Ebene der Kirchenhierarchie an und schlägt vor, dass der Papst Gesetze künftig erst nach gemeinschaftlichen Beratungen verkünden solle. Sein Apparat, die vatikanische Kurie, solle vor den Bischöfen der Ortskirchen Rechenschaft ablegen.
Neue Ämter und Dienste
Vorgeschlagen werden im "Instrumentum laboris" auch die Einführung neuer Ämter und Dienste in der Kirche vor, die nicht an eine Weihe gebunden sind. Eines davon soll sich dem "Zuhören und Begleiten" von Menschen widmen, die sich von der Kirche verurteilt oder bedroht fühlen. Dieser Dienst solle je nach lokalen Umständen anders ausgestaltet werden.
Auf globaler Ebene wird zwischen den armen und reichen Diözesen eine Art solidarischer Finanzausgleich angeregt.
Zudem regt das Papier die Schaffung einer dauerhaften Weltsynode an, die anders funktioniert als die von Papst Paul VI. im Jahr 1967 eingeführte Bischofssynode. An der neuen Synode solle "das gesamte Volk Gottes" teilnehmen.
Synoden-Mitglieder erarbeiten Schlusspapier
Während der nun bevorstehenden Synodenversammlung wird aus den Beratungen heraus ein eigenes Schlusspapier zur Synode erarbeitet. Das finale Dokument soll planmäßig am 26. Oktober vor den stimmberechtigten Synoden-Mitgliedern verlesen und approbiert werden. Am Ende wird der Papst über das weitere Vorgehen entscheiden - üblicherweise zusammengefasst in einem sogenannten Nachsynodalen Schreiben.
(Offizielle Website zur Synode: www.synod.va; Österreich-Seite zur Weltsynode u.a. mit allen Dokumenten aus dem Weltsynodenprozess in Österreich und auf Europa- bzw. Weltebene: www.katholisch.at/synode)