Hilfswerk ICO: Lage im Libanon wird täglich schlimmer
09.10.202413:57
Österreich/Libanon/Kirche/Krieg/Soziales/ICO
Libanon-Experte Maier im Kathpress-Interview: Kirchliche Schulen haben am Mittwoch unter schwierigsten Bedingungen den Schulbetrieb aufgenommen - Kirchliche Einrichtungen brauchen dringend Spenden, um die aus dem Südlibanon Geflüchteten zu versorgen
Linz/Beirut, 09.10.2024 (KAP) Das in Linz ansässige Hilfswerk "Initiative Christlicher Orient" (ICO) bittet dringend um Spenden für den Libanon. Die humanitäre Situation werde täglich schlimmer, so der ICO-Libanon-Experte Stefan Maier am Mittwoch im Kathpress-Interview. Immer mehr Geflüchtete aus dem Süden bräuchten Hilfe, die kirchlichen Partnereinrichtungen der ICO vor Ort im Libanon seien damit heillos überfordert. Zudem sei die politische Situation im Libanon komplex.
Die ICO unterstützt im Libanon vor allem kirchliche Privatschulen. Diese befinden sich im zentralen bzw. nördlichen Teil des Landes und wurden bisher von den israelischen Angriffen bzw. Kampfhandlungen nicht direkt betroffen. Indirekt seien sie aber natürlich dennoch massiv betroffen, so Maier.
Wegen der Gefechte zwischen Israel und der pro-iranischen Hisbollah-Miliz wurde der Schulanfang im Libanon bereits auf den 4. November verschoben. Das libanesische Bildungsministerium wolle "nicht die Verantwortung angesichts der Gefahr" für Schüler und Lehrer übernehmen, hieß es. Die Schulen würden zudem als Notquartiere für die Geflüchteten aus dem Südlibanon gebraucht, ergänzte Maier.
Diese staatliche Verfügung betreffe aber nicht die Privatschulen. "Unsere Partnerschulen sind deshalb heute in das neue Schuljahr gestartet", so Maier. Zugleich würden verschiedene Ordensgemeinschaften wie beispielsweise die Barmherzigen Schwestern auch Geflüchtete aus dem Süden aufnehmen, wobei die Lage höchst angespannt und komplex sei. "In den meisten christlichen Schulen sind bisher nur wenige Geflüchtete untergebracht worden. Man möchte unbedingt vermeiden, dass sich unter die Geflüchteten auch Hisbollah-Leute mischen." Dann wäre man wohl auch ein Ziel israelischer Angriffe, erläuterte Maier.
Das bedeute freilich nicht, dass man sich vor Hilfe drücke. Der ICO-Projektkoordinator verwies als Beispiel auf das Schulzentrum St. Joseph der Barmherzigen Schwestern in Ajeltoun im Libanongebirge. Dieses habe bisher nur einige wenige christliche Flüchtlinge aufgenommen, die der Schulleitung persönlich bekannt sind. Die Schule wolle aber humanitäre Hilfe für mehr als 120 Geflüchtete leisten, die in einer staatlichen Schule in der Nähe untergebracht sind. Dafür habe die Schule um Unterstützung gebeten. Benötigt werde alles, zuallererst freilich Nahrungsmittel und Hygieneprodukte. Zudem stehe der Winter vor der Tür und schon in Friedenszeiten sei es fast unmöglich, die Räumlichkeiten halbwegs warm zu halten.
Aufgrund der katastrophalen wirtschaftlichen Lage hätten viele kirchliche Einrichtungen auch gar nicht die Möglichkeit, viele Geflüchtete adäquat unterzubringen und zu versorgen. "Zehn Familien einen Monat zu versorgen, verursacht Kosten von 30.000 Dollar. Eine für normale Verhältnisse im Libanon unvorstellbare Summe", verdeutlichte Maier die Misere.
Die Schulen, staatliche wie private, stünden zudem vor der schier unlösbaren Aufgabe, nun auch die Flüchtlingskinder aus dem Süden in die Schulen im zentralen und nördlichen Teil des Landes aufzunehmen. Man überlege, einen Zweischicht-Betrieb am Vormittag und Nachmittag einzuführen. In vielen Schulen gebe es aber bereits einen solchen Betrieb, weil am Nachmittag syrische Flüchtlingskinder unterrichtet werden. Diese hätten dann womöglich gar keinen Unterricht mehr, so Maier. "Und wenn auf Online-Unterricht umgestellt wird, fallen wieder viele Kinder aus den ärmeren Schichten durch den Rost. Und den Schulen fehlt zusätzlich dann auch das Schulgeld. Ein Teufelskreis."
Maier berichtete weiter unter Verweis auf Informationen des französischen ICO-Partnerhilfswerks Oeuvre d'Orient, dass es immer wieder vorgekommen sei, dass bewaffnete Milizen gewaltsam in Einrichtungen eindringen und diese gleichsam als Flüchtlingsunterkunft "beschlagnahmen". Das sei etwa auch einer kirchlichen Schule in Beirut bereits passiert.
Die ICO unterstützt zudem verstärkt die Suppenküche eines maronitischen Priesters in Beirut. Die Küche gibt mittlerweile statt 1.000 warmen Mahlzeiten bereits 3.000 Mahlzeiten pro Tag aus, um die vielen Geflüchteten und weitere Menschen in Not zu versorgen. "Hier reichen die finanziellen Mittel aber auch vorne und hinten nicht mehr aus, so Maier. (Infos und Spenden: www.christlicher-orient.at)
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