Entsetzen nach Angriffen auf Fußballfans in niederländischer Metropole - Fans von Maccabi Haifa laut Amsterdams Bürgermeisterin von "antisemitischen Schlägertrupps" angegriffen - Vorsitzender der Österreichischen Bischofskonferenz: Gewalt erinnert an 1938 - Israels Präsident: "Schockierende Bilder"
Wien/Amsterdam/Jerusalem/Berlin, 08.11.2024 (KAP) "Die brutale und scheinbar organisierte Gewalt gegenüber jüdisch-israelischen Fußballfans in Amsterdam just in den Tagen, wo wir in Österreich der Pogrome des Jahres 1938 gedenken, ist ein zutiefst alarmierendes Zeichen." Das hat der Salzburger Erzbischof Franz Lackner am Freitag im Interview mit der Nachrichtenagentur Kathpress betont. Die Ereignisse ließen "an die dunkelsten und schändlichsten Tage unserer eigenen Geschichte denken, für die auch wir heute Lebenden Verantwortung übernehmen, in Demut gegenüber unseren Mitbürgerinnen und Mitbürgern jüdischen Glaubens", hielt der Vorsitzende der Österreichischen Bischofskonferenz fest.
"Jegliche Weltanschauung oder Ideologie, die solche Taten zulässt oder rechtfertigt, darf in unserer Gesellschaft keinen Platz haben, gerade auch nicht unter dem Deckmantel der Religion oder der politischen Meinung", führte der Erzbischof aus und sagt im Blick auf die Lage in Israel und Palästina: "Beten wir, auf dass jenes Land, das wir heilig nennen, bald einen Weg aus der Spirale der Gewalt heraus finden möge."
Erzbischof Lackner äußerte sich in Wien im Anschluss an die Pressekonferenz nach der dieswöchigen Herbst-Vollversammlung der Bischofskonferenz. Auch bei dem Medientermin verurteilte der Bischofskonferenz-Vorsitzende die Vorfälle in Amsterdam auf das Schärfste und zeigte sich tief betroffen. "So etwas darf es nicht geben", sagte Lackner: "Dagegen müssen wir auftreten."
Die Angriffe in Amsterdam sorgen für Entsetzen in Politik und Gesellschaft. In Österreich äußerten sich unter anderem auch Bundeskanzler Karl Nehammer und Europaministerin Karoline Edtstadler. "Wir verurteilen antisemitische Gewalt aufs Schärfste, wo immer sie auftritt - insbesondere, wenn sie im Rahmen eines Sportereignisses stattfindet, das Menschen zusammenbringen soll. In diesen Tagen werden wir noch stärker an unsere historische Verantwortung erinnert, Hass gegen Juden nie wieder die Oberhand gewinnen zu lassen", schrieb Nehammer auf der Plattform X. "Wir dürfen beim Kampf gegen Antisemitismus auf keinem Auge blind sein", forderte Edtstadler. "Gegen Szenen wie gestern Nacht muss Europa geschlossen vorgehen. So etwas hat bei uns keinen Platz!", so die Europaministerin.
Nach dem Spiel zwischen Ajax Amsterdam und Maccabi Tel Aviv in der Fußball-Europa-League war es am Donnerstagabend zu Ausschreitungen zwischen propalästinensischen Demonstranten und israelischen Fans gekommen. Fans von Maccabi seien von "antisemitischen Schlägertrupps" angegriffen worden, sagte die Amsterdamer Bürgermeisterin Femke Halsema am Freitag. Offiziellen israelischen Angaben zufolge wurden zehn Menschen verletzt. Die Behörden riefen alle Opfer auf, sich bei der Polizei zu melden und Anzeige zu erstatten.
Israels Präsident: "Schockierende Bilder"
Der niederländische König Willem-Alexander zeigt sich entsetzt über die Angriffe. "Wir haben die jüdische Gemeinschaft der Niederlande im Zweiten Weltkrieg im Stich gelassen, und letzte Nacht haben wir sie erneut im Stich gelassen", sagte er laut einer Mitteilung des israelischen Präsidenten Isaac Herzog in einem Telefonat am Freitag.
Bereits am Morgen schrieb Herzog auf der Online-Plattform X von "schockierenden Bildern, die wir nach dem 7. Oktober nie wieder sehen wollten". Die Angriffe seien "ein antisemitisches Pogrom".
Der Vorsitzende der israelischen Holocaustgedenkstätte Yad Vashem, Dani Dayan, warnte laut Katholischer Nachrichten-Agentur (KNA) vor einem leichtfertigen Umgang mit Antisemitismus: "Die Geschichte hat uns gezeigt, dass wir es uns nicht leisten können, angesichts des Antisemitismus selbstzufrieden zu sein." Antisemitismus sei eine krebsartige Plage, die jeden Aspekt der Gesellschaft befallen habe.
Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu forderte verstärkte Sicherheitsmaßnahmen für die jüdische Gemeinde in Amsterdam. Außerdem ordnete er Sonderflüge an, die die Fans am Freitag und Samstag nach Hause bringen sollen. Die israelische Airline El Al bestätigte die Flüge. Der erste davon sei am Freitagnachmittag in Amsterdam gestartet. Die neu ernannten Oberrabbiner Israels, David Josef und Kalman Bar, erlaubten der Fluggesellschaft demnach, auch am Schabbat zu fliegen.
"Pogromähnliche Zustände - wie 1938"
Die Europäische Rabbinerkonferenz schrieb auf X, die Bilder aus Amsterdam seien "zutiefst beschämend für Europa", besonders kurz vor dem Jahrestag der NS-Novemberpogrome am Samstag. Wie 1938 hätten die Sicherheitskräfte und die Polizei bei diesen pogromähnlichen Zuständen tatenlos zugesehen.
"Die Hatz auf Juden ist wieder ausgebrochen", erklärte der Präsident des Zentralrats der Juden, Josef Schuster. Es sei ein Armutszeugnis, dass Juden und Israelis in Westeuropa nicht mehr sicher sein könnten, hieß es in einer Mitteilung.
Der niederländische Ministerpräsident Dick Schoof zeigte sich entsetzt "über die antisemitischen Angriffe auf israelische Bürger". Der rechtsgerichtete Politiker Geert Wilders warf den Behörden Versagen beim Schutz der israelischen Fans vor. "Muslime mit palästinensischen Flaggen jagen Juden", schrieb er auf X.