Grazer Klimaökonom Steininger in ksoe-Podcast über UN-Klimakonferenz in Baku: Es wird keine Lösungen ohne die großen Player am Markt fossiler Energien geben - Es braucht Ausgleichsmechanismen und auch Anreize, um den Ausstieg aus fossiler Energien zu erleichtern
Wien/Graz, 09.11.2024 (KAP) Soll die Weltklimakonferenz (COP 29), die ab 11. November in Baku/Aserbaidschan stattfindet, ein Erfolg werden, wird das nicht ohne die großen ölfördernden Länder gehen. Erst wenn diese spürten, dass die Klimafolgen auch für sie dramatisch werden, und wenn es zugleich finanzielle Ausgleichsmechanismen gibt, die die Kosten der ökologischen Transition auffangen, könne es zu einer Reduktion der CO2-Emissionen kommen, so der Grazer Klimaökonom Prof. Karl Steininger in einer neuen Folge des ksoe-Podcasts "361 Grad Sozialkompass": "Eine Veränderung unseres Lebensstils allein auf der Nachfrageseite wird nicht ausreichen - wir müssen auch die Bereitstellung von fossiler Energie überhaupt reduzieren." Dies könne aber nicht gegen, sondern nur mit den großen öl- und gasfördernden Ländern gelingen.
Luft nach oben ortete der Klimaökonom auch im Blick auf die österreichische Klimapolitik: Die 2022 eingeführte CO2-Bepreisung sei zwar "ein Schritt in die richtige Richtung", es brauche aber eine deutliche Korrektur des darin zugrunde gelegten CO2-Preises. Dieser steigt 2025 auf 55 Euro pro Tonne - wolle man einen realistischen Preis ansetzen, müsste man diesen aber "eher bei 200 Euro oder mehr" ansetzen, so Steininger. "Es wäre wichtig, dass wir diesen Preis korrigieren, weil wir unsere Alltagsentscheidungen am Preis orientieren". Zugleich brauche es aber auch andere begleitende Instrumente wie etwa gezielte Förderungen, die langfristige Investitionen wie jene in neue Heizsysteme besser zu tragen helfen.
Auch brauche es mehr Kostenwahrheit im Blick auf die "Vollkosten" von Produkten und Produktionsketten. Wenn man ernsthaft die ökologischen Kosten in Rechnung stellen würde, würden viele Firmen schon heute nicht mehr lukrativ wirtschaften. Eine gänzliche Abkehr vom kapitalistischen System zur Bewältigung der Klimakrise hält Steininger zwar für nicht sinnvoll - es brauche aber klare Grenzen, ohne die "der Kapitalismus seine eigene Grundlage zerstören würde", unterstrich Steininger. Und er plädierte für Anreizsysteme, um klimafreundliches Verhalten zu belohnen.
Die Katholische Soziallehre würdigte Steininger in dem Podcast-Gespräch mit Markus Schlagnitweit, dem Direktor der Katholischen Sozialakademie Österreichs (ksoe) als wichtige Motivatorin und Signalgeberin für Menschen in ihrem Alltagsleben. "Dieses Beobachten und dann Handeln vor dem Hintergrund der Prinzipien der Katholischen Soziallehre ist etwas, das Menschen bewegen kann." Zugleich weise die Katholische Soziallehre und auch Papst Franziskus etwa mit "Laudato si" darauf hin, dass es um eine Umkehr in allen Bereichen des Lebens gehe. "Das rührt wirklich an unseren innersten Kern: Was sind unsere Werte? Was wollen wir vom Leben? Wer diese Fragen durchdenkt, hat dann auch mehr Energie und Ausdauer, um zu jenen Lösungen zu kommen, die das Leben für alle besser machen."
Im vergangenen Jahr hat die ksoe ihren Podcast "361 Grad Sozialkompass" gestartet. Die erste Staffel stand unter dem Generalthema "Gute Arbeit". Die aktuelle zweite Staffel steht unter dem Generalthema "Wohlstand". Zu Wort kommen in der Podcast-Reihe Menschen aus Wissenschaft, Gesellschaft, Politik und Wirtschaft, die sich um die Lösung von gesellschaftlichen Problemen bemühen. Zu Klimafragen war zuletzt die Mit-Initiatorin von Fridays for Future Austria, Katharina Rogenhofer, zu Gast. (Podcast mit Karl Steininger nachzuhören unter: https://www.ksoe.at/pages/ksoe_update/podcast/podcast361gradsozialko/article/150513.html / Informationen zur ksoe-Podcast-Serie "361 Grad Sozialkompass" unter www.ksoe.at/podcast)