Justin Welby - Vom Öl-Manager zum Erzbischof von Canterbury
12.11.202416:41
Großbritannien/Kirche/Leute/Anglikaner/Welby
Höhepunkt der Amtszeit des am Dienstag zurückgetretenen Primas der Church of England war die Krönung von König Charles III. 2023 in der Westminster Abbey
London, 12.11.2024 (KAP/KNA) Nach dem "Markin Report" zu sexuellem Missbrauch in der anglikanischen Church of England und wachsendem Druck wegen Fehlern im Umgang mit einem darin geschilderten Fall ist Justin Welby (68), der 105. Erzbischof von Canterbury, am Dienstag zurückgetreten. Welby war seit 2013 das Ehrenoberhaupt von etwa 85 Millionen anglikanischen Christen weltweit. Höhepunkt seiner Amtszeit war am 6. Mai 2023 die Krönung von König Charles III. in der Londoner Westminster Abbey.
Welby ist ein kirchlicher Quereinsteiger. Der Jurist, Öl-Manager und Familienvater wurde erst 1993 - mit 37 Jahren - zum Priester und 2011 zum Bischof geweiht. Der frühere Finanzexperte des Konzerns "Elf Aquitaine" stand für Realitätssinn, rasche Auffassungsgabe und Weltläufigkeit. Die Berufsausbildung war makellos: Schulabschluss in Eton; Jura und Geschichte in Cambridge und Dublin; Managerposten in Paris und London zur Finanzierung von Ölförderprojekten in Nigeria.
Schicksalsschlag wurde zum Wendepunkt
Der Unfalltod seiner kleinen Tochter, eines seiner sechs Kinder, brachte ihn der Religion näher. 1989 orientierte er sich radikal um: Welby studierte Theologie, wurde später Dekan der Kathedrale von Liverpool und 2011 Bischof von Durham. Im November 2012 ernannte ihn Queen Elizabeth II. zum neuen Primas der Church of England und Nachfolger von Rowan Williams.
Als Kirchenoberhaupt äußerte Welby 2015, nach den islamistischen Anschlägen von Paris, auch Zweifel an Gott - und begründete auch das autobiografisch: Dort in Paris hätten er und seine Frau einst ihre glücklichste Zeit erlebt.
Der Erzbischof konnte auch sonst Schwäche zeigen und Verletzungen einräumen. So sprach er 2019 zum Welttag der seelischen Gesundheit offen über seinen Kampf gegen Depressionen. Er habe 2018 erkannt, dass er Hilfe brauche, auch wenn das nicht einfach gewesen sei. Mit 60 Jahren erfuhr das Oberhaupt von Englands Staatskirche 2016 durch einen DNA-Test, dass er der uneheliche Sohn eines Privatsekretärs von Ex-Premier Winston Churchill ist. Auch das kommunizierte Welby souverän - und erntete dafür großen Respekt.