Mitte Oktober verstorbener Gründungspräsident des Ungarischen Malteser-Hilfsdienstes in Budapester Stephansbasilika beigesetzt - 1989 fanden tausende DDR-Flüchtlinge Hilfe in Kozmas Pfarre in Zugliget - Weihbischof Martos: Name Imre Kozma untrennbar mit Wende, Freiheit und christlicher Nächstenliebe verbunden
Budapest, 16.11.2024 (KAP) Tausende Menschen haben in Budapest an der Beisetzung des zur Zeit des Falls des Eisernen Vorhangs auch international als "Flüchtlingspfarrer" bekannt gewordenen Pater Imre Kozma teilgenommen. Beim Requiem in der Stephansbasilika am Freitag erwies auch die ungarische Staatsspitze um Regierungschef Viktor Orban, Präsident Tamas Sulyok und Parlamentspräsident Laszlo Köver dem Gründungspräsidenten des Ungarischen Malteser-Hilfsdienstes die letzte Ehre. Kozma, unter dessen Führung die Malteser im Sommer 1989 auf dem Gelände einer Pfarre im Budapester Stadtteil Zugliget tausende DDR-Flüchtlinge betreut hatten, war am 17. Oktober im 85. Lebensjahr gestorben. Beigesetzt wurde der Priester der Ordensgemeinschaft der Barmherzigen Brüder in einem Ehrengrab in der Unterkirche der Stephansbasilika.
Der Budapester Weihbischof Levente Balazs Martos - er ist auch Kaplan des Malteserordens - leitete die Trauerfeier, die auch zahlreiche Menschen auf dem Vorplatz der Basilika via Videowall mitfeierten. Imre Kozmas Name sei untrennbar mit der Wende, mit Freiheit und christlicher Nächstenliebe verbunden, betonte Martos. Der Verstorbene habe "konsequent und mutig" gelebt und seine Überzeugungen in die Tat umgesetzt. "Das Christentum ist keine Theorie, sondern Praxis, die immer gelebt werden muss", zitierte der Weihbischof ein bekanntes Wort von Pater Kozma.
Miklos Vecsei, Vizepräsident des Ungarischen Malteser Hilfsdienstes, ließ in seiner Abschiedsrede Momentaufnahmen aus dem Leben Kozmas Revue passieren. Wer Pater Imre begegnete, ging gestärkt aus dem Treffen hervor, würdigte Vecsei den Priester über dessen sozialen Leistungen hinaus und betonte die Art und Weise, wie der Geistliche als Persönlichkeit unter den Menschen präsent gewesen sei. "Wahre Präsenz hinterlässt Spuren", sagte Vecsei.
Regimekritische Predigten
Imre Kozma war 1963 während der kommunistischen Herrschaft in Ungarn zum Priester geweiht worden. Seine regimekritischen Predigten in der Kirche am Budapester Franziskanerplatz sprachen zahlreiche Menschen an, unter ihnen viele Jugendliche. Der Staatssicherheitsdienst nahm Kozma mehrfach fest und verhörte ihn. Auch viele der Teilnehmer an seinen Gottesdiensten wurden vom Staat schikaniert.
Mitte der 1970er Jahre wurde der Pfarrer auf Drängen der kommunistischen Machthaber nach Zugliget versetzt. Stets betonte Kozma, dass Christen ihren Glauben auch außerhalb der Kirchenmauern im Alltag leben müssen. Die Mitglieder seiner Gemeinde rief er auf, konkrete Hilfsaufgaben zu übernehmen. In dieser Zeit entstand das Freiwilligennetzwerk, das 1989 die Grundlage des neu gegründeten Ungarischen Malteser Hilfsdienstes bildete.
Aufbau des Malteser Hilfsdienstes
1989 richtete Kozma im Garten der Zugligeter Kirche ein Flüchtlingslager für ostdeutsche Familien ein, die sich in Budapest versammelten, und löste damit die größte humanitäre Aktion in Europa zu jener Zeit aus, bei der 48.000 Flüchtlinge in Ungarn aufgenommen wurden. Auch während der Rumänischen Revolution, die zum Sturz von Diktator Nicolae Ceausescu führte, organisierte Kozma Hilfstransporte in notleidende Gemeinden. Während des Jugoslawienkriegs in den 1990er Jahren evakuierten die von ihm begründeten Malteser Krankenstationen, Internate und eine große Zahl von Zivilisten nach Ungarn. Hunderte Freiwilligen meldeten sich auf Kozmas Aufrufe, landesweit entstanden lokale Gruppen des Ungarischen Malteser Hilfsdienstes.
Eintritt bei Barmherzigen Brüdern
Ende der 1990er Jahre beantragte Kozma die Aufnahme in den Krankenpflegeorden der Barmherzigen Brüder, der sich unter seiner Leitung mit den ordenseigenen Krankenhäusern zu einem bedeutenden Akteur im Gesundheitswesen Ungarns entwickelte. 2004 wurde Kozma auch Prior des Konvents des Ordens in Budapest und war von 2010 bis 2022 Delegat der der Österreichischen Ordensprovinz angegliederten ungarischen Provinzdelegatur.