Tödtling-Musenbichler: Anti-Teuerung, Pflege- und Klimakrise als größte Herausforderungen erfordern politische Kultur, die das Miteinander wieder stärkt - Armutskonferenz legt "Zukunftsprogramm" vor
Wien, 19.11.2024 (KAP) ÖVP, SPÖ und Neos stehen bei ihren nun offiziellen Koalitionsverhandlungen vor enormen Herausforderungen wie "Anti-Teuerung, Pflege- und Klimakrise" und gleichzeitig unter großem Spardruck. Caritas-Präsidentin Nora Tödtling-Musenbichler hat an die zu einer Regierungsbildung bereiten Parteien am Dienstag appelliert, dass "nicht bei den Menschen in größter Not gespart" werden dürfe. "Was es jetzt braucht, ist eine politische Kultur, die den Dialog auf Augenhöhe hochhält, das Miteinander wieder stärkt und die Inhalte und Lösungen für ein gutes Leben aller Menschen in unserem Land forciert", erklärte die Caritas-Chefin in einer Aussendung am Dienstag. Es gelte jetzt, mit Hochdruck an Reformen für eine gute Zukunft Österreichs zu arbeiten.
Tödtling-Musenbichler listete die aus Sicht der Caritas größten Problemfelder auf: "Wir sehen in unseren Einrichtungen in ganz Österreich immer noch die massiven Auswirkungen der Teuerungswelle." Zu viele Menschen hätten trotz Einkommen erhebliche Schwierigkeiten, ihren Lebensunterhalt zu bestreiten. Kinder stünden zu oft vor "unüberwindbaren Hürden auf ihrer Bildungsreise", Frauen seien immer noch strukturell benachteiligt. Es gebe auch viel zu tun, um in Zukunft menschenwürdige Pflege und Betreuung zu gewährleisten und den Fachkräftemangel in diesem und anderen Bereichen zu beheben. Und es müsse mit aller Kraft daran gearbeitet werden, der Klimakrise und ihren sozialen Folgen entgegenzuwirken.
"Sind Antworten auf diese Fragen gut gewählt, rechnen sich diese langfristig von selbst", sagte die Caritas-Präsidentin. Jedenfalls seien "der Mut und die Kraft für echte Systemreformen" gefordert. Als Baustelle nannte Tödtling-Musenbichler erneut die Pflege, wo es in Österreich an einheitlichen Regelungen und an Digitalisierung mangle.
Die Hochwasser-Katastrophe habe den Zusammenhalt in Österreich sichtbar gemacht, dies solle Vorbild für die politisch Verantwortlichen sein, forderte Tödtling-Musenbichler respektvollen Umgang miteinander. "Demokratie ist kein Selbstläufer", warnte sie. Sie benötige das Engagement jeder und jedes Einzelnen, Übungs- und Erfahrungsräume sowie in der Politik Tätige, die ihre Vorbildfunktion ernst nehmen.
Leuchtturmprojekt "Österreich ohne Armut"
Ein "Österreich ohne Armut" soll für die neue Regierung eine Art Leuchtturmprojekt sein, wünschte sich die Armutskonferenz in einer Aussendung am Dienstag. Darin legte das Netzwerk, dem u.a. Caritas, Diakonie, Katholische Aktion und Katholische Sozialakademie angehören, ein "Zukunftsprogramm" vor, das als Grundlage für rasche Koalitionsverhandlungen dienen könne. Es gelte, "sozialen Zusammenhalt und Schutz vor Armut als Ziele zu formulieren." Die Warnung der Armutskonferenz: "Wenn sozialer Zusammenhalt, Schutz vor Armut oder gute Aufstiegschancen nicht als Ziele formuliert werden, wird die Zukunft für viele grimmig." Gerade wenn die Konjunktur einbricht, seien kluge Investitionen und soziale Sicherheit wichtig.
In den zehn Zukunftszielen ist etwa von einem "Österreich ohne krankmachende Lebensbedingungen" die Rede, von Maßnahmen gegen Energiearmut, Wohnungsnot, Kinder- und Bildungsarmut oder Lücken in der Gesundheitsversorgung. Anzustreben sei weiters ein Österreich ohne soziale Klimaschäden, rechtliche Willkür und ohne soziale Gräben. Zum abschließenden Ziel "Österreich ohne Armut" heißt es: Zukunfts-Investitionen in Kinderbetreuung, Wohnen, Pflege und Gesundheit würden der Konjunktur und den Betroffenen helfen und Arbeitsplätze sichern. (Link: www.armutskonferenz.at/publikationen/zukunftsprogramm)
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