Kulturtag der Orden: Jubiläen für spirituell-kulturelle Impulse nutzen
27.11.202416:17
Österreich/Kirche/Kultur/Religion/Kunst/Orden
Wilheringer Abt Dessl: Räume sprechen lassen und ganzheitliche Erfahrung ermöglichen - Karmeliten-Provinzial Saji: Über Kunst zum Nachdenken über Beziehung zu Gott inspirieren
Wien, 27.11.2024 (KAP) Jubiläen und Gedenktage sind für Organisationen und Gemeinschaften eine hervorragende Gelegenheit, sich der eigenen Geschichte, Bestimmung und Aufgabe bewusst zu werden und Akzente für die Gegenwart und Zukunft zu setzen. Mehrere Beispiele dafür lieferte am Mittwoch der sogenannte "Kulturtag" im Rahmen der Herbsttagung der Orden im Wiener Kardinal-König-Haus. Der Wilheringer Abt Reinhold Dessl schilderte, wie sein Kloster zum kürzlichen 875-Jahr-Jubiläum eine umfangreiche Neugestaltung vornahm, ebenso wie Karmeliten-Provinzial Paul Saji Bavakkat und die zuständige Historikerin Claudia Rapberger Rückblicke auf die Projektreihe zu den Jubiläen "400 Jahre Teresianischer Karmel" und "350 Jahre Klostergründung in Linz" lieferten.
Zum Wilheringer Jubiläum im Jahr 2021 habe sich das donauaufwärts vor Linz gelegene Zisterzienserstift die seit Jahrhunderten gelebte "Symbiose aus Glaube, Kultur und Natur" bewusst gemacht, sagte Abt Dessl. Im Blick auf den runden Geburtstag sei der große Hof vor der Rokoko-Kirche vom Gartenarchitekt Clemens Lutz mit eigenen Bereichen für jedes dieser drei Schlagworte neugestaltet worden: Mit einer "religio"-Statue, einem für seine "Eat Art"-Werke bekannten Künstler Daniel Spoerri geschaffenen Freiluftaltar und einem vom Salzburger Bildhauer Johann Jascha gestalteten Skulptur "Dreieinigkeit" sowie einer ringförmigen Betonskulptur, die auch eine Linde einbezieht. "Ziel war, die Räume sprechen zu lassen und die Besucher in einer ganzheitlichen Erfahrung zur spirituellen und kulturellen Reflexion einzuladen", erklärte der Zisterzienserabt.
Ergänzt wird dieses Zusammenspiel durch das 2019 eröffnete Stiftsmuseum, das die reiche Geschichte des Klosters sowie seine Rolle als kulturelles Zentrum präsentiert. Mit sieben "lebendigen Räumen" regt es zum selbstständigen Erkunden an, vermittelt Botschaften und stellt existenzielle Fragen. Abt Dessl hob hervor, dass das Museum mit seinen vielen interaktiven Elementen als "Denkraum" konzipiert ist, der zum Dialog einlädt - ein Ansatz, der laut dem Ordensmann auch in anderen klösterlichen Museen Schule machen könnte. Ergänzend wurden auch andere Räume wie die Marienkapelle für das Chorgebet und eine im Eingangsbereich der Kirche verortete Schutzengelkapelle neu gestaltet.
Alltagsgegenstände mit tiefer Bedeutung
Auf "400 Jahre Freundschaft mit Gott" hat der Teresianische Karmel in Österreich seinen Schwerpunkt gelegt - für gleich drei Jubiläumsjahre, die von 2022 bis 2024 gefeiert wurden. Provinzial Saji und die Historikerin Rapberger stellten den Werdeprozess der gleichnamigen Wanderausstellung vor, die in Wien und Linz gezeigt wurde und Einblicke in die Geschichte des Ordens bot. Unter anderem sei es darum gegangen, die schlichte Spiritualität des Ordens durch einfache Alltagsgegenstände und symbolische Exponate wie einen Kristall (Gebet), ein Herz (Gaben) und ein Kaffeehäferl (Gemeinschaft) zu vermitteln und mit Zitaten der Ordensgründerin Teresa von Avila auf deren Tiefendimension zu verweisen.
Doch auch Kunstausstellungen gab es zum Karmeliten-Jubiläum. Gezeigt wurde die Schau "Singt in der Nacht" mit Werken des Ordensmitglieds Gottfried Löcker, sowie als Auftragswerk die Kunstinstallation "An die ewige Schönheit" von Sonja Meller, die sich von Gedichten der Heiligen Teresa von Avila und Edith Stein inspirieren ließ. Studientage, soziale und pastorale Projekte ergänzten den Festreigen, eine soeben erschienene Festschrift dokumentiert die Ergebnisse und bietet als geistliche Lektüre und Nachschlagewerk Einblicke in die Geschichte und Gegenwart des Ordens. Die Jubiläumsjahre hätten das Bewusstsein für das Selbstverständnis des Ordens als "stilles Licht" und "Leuchtturm" in einer lauten und dunklen Welt verstärkt und viele Menschen zum Nachdenken über ihre Beziehung zu Gott inspiriert, so Provinzial Saji.
Zur österreichischen Ordensfamilie der Karmeliten zählen derzeit 104 Schwestern in Bärnbach, Graz, Himmelau, Innsbruck, Linz, Maria Jeutendorf, Mariazell, Mayerling, Rankweil und Wien, 20 Brüder in den Klöstern Wien, Linz und Graz und weitere 82 Mitglieder des Säkularordens. Wie der Provinzobere des männlichen Zweiges darlegte, ist die im Jahr 2026 ihren 350. Geburtstag feiernde Karmelitenkirche an der Linzer Landstraße ein wichtiges spirituelles Zentrum, mit über 12.000 Beichtgesprächen jährlich, zwei Gottesdiensten täglich und bis zu 800 Messbesuchern an Wochenenden. (Infos: www.ordenskonferenz.at)