Zahl der obdach- und wohnungslosen Menschen in Österreich steigt - 70 Euro kostet "Gruft Winterpaket", bestehend aus Schlafsack plus sieben warmen Mahlzeiten
Wien, 11.12.2024 (KAP) Mit prominenter Unterstützung von Schauspieler Karl Markovics hat die Wiener Caritas ihre jährliche "Gruft Winterpaket"-Aktion gestartet, die obdachlose Menschen zugutekommt. Gleichzeitig warnte die Hilfsorganisation auch vor einem weiteren Anstieg der Zahl der Wohnungslosen in Österreich. Rund 21.000 Menschen sind derzeit als obdach- oder wohnungslos registriert. "Allein in der Bundeshauptstadt sind einige hundert Menschen akut obdachlos. Dabei ist das Leben auf der Straße im Winter doppelt so hart", erklärte der Wiener Caritasdirektor Klaus Schwertner bei einem Pressetermin am Mittwoch in der Wiener Obdachloseneinrichtung "Gruft". Er warb für das "Gruft Winterpaket", bei dem mit einer Spende von 70 Euro ein winterfester Schlafsack und sieben warme Mahlzeiten bereitgestellt werden.
Obdachlosigkeit sei "nur die Spitze des Eisbergs", fuhr Schwertner fort und verwies auf versteckte Armut sowie eine steigende Zahl an Armutsbetroffenen. Multiple Krisen, gestiegene Lebensmittelkosten, anhaltend hohe Mieten und Energiekosten sowie auslaufende Hilfen für Betroffene hätten dafür gesorgt, dass die Gefahr, wohnungslos zu werden, mittlerweile die gesellschaftliche Mitte erreicht habe. "Die privaten Mieten sind seit 2008 um 67 Prozent angestiegen und liegen damit weit über der allgemeinen Inflation", so Schwertner.
Appelle an die Bundesregierung
Vor dem Hintergrund der aktuellen Regierungsverhandlungen stellt die Caritas darum mehrere Forderungen an die Politik; unter anderem eine Verlängerung der auslaufenden Strompreisbremse, eine bedarfsorientierte Mindestsicherung, die sich am realen Wohnbedarf der Menschen orientiert, eine Zweckwidmung der Wohnbauförderung sowie einen nationalen Aktionsplan für leistbares Wohnen, der auch eine umfangreiche und "schon lange versprochene" Mietrechtsreform beinhaltet. "Auch in budgetär angespannten Zeiten darf es kein Sparen auf dem Rücken jener Menschen geben, die bereits jetzt vielfach vor der Frage stehen, ob sie am Monatsende essen oder heizen sollen", so Schwertners Appell an die Bundesregierung.
"Eine reiche Gesellschaft in einem Land wie Österreich muss und kann es leisten, dass niemand, der es nicht von sich aus bewusst will, ohne vier Wände und ein Dach über dem Kopf leben muss", forderte Karl Markovics im Gespräch mit der Nachrichtenagentur Kathpress. Dieses Anliegen dürfe in den diversen Sozialausschüssen der Koalitionsverhandler und -verhandlerinnen nicht zu kurz kommen, richtete auch er seinen Appell an die künftige Bundesregierung.
"Obdachlose verdienen Respekt"
Der international bekannte Schauspieler ("Die Fälscher") begleitete vor wenigen Tagen ein Streetwork-Team der Caritas und beschrieb seine Erfahrung gegenüber Kathpress als bestürzend und beeindruckend zugleich. "Bei all dem Elend haben obdachlose Menschen es geschafft, für sich einen Privatraum zu schaffen und Strategien entwickelt, um zur Not auch im Freien zu überleben", sagte Markovics, der um Spenden für einen Schlafsack, eine Isomatte und warme Mahlzeiten bittet. Neben Nahrung, Wärme und Wohnraum sei es vor allem auch Respekt, den obdachlose Menschen verdienen, "auch wenn sie die Gesellschaft nicht akzeptiert und ihre Bleibe zwangsgeräumt wird", wies Markovics auf das Schicksal vieler Obdachloser hin, deren improvisierte Quartiere zwangsentfernt werden.
"In der Gruft erleben wir tagtäglich, mit welchen Herausforderungen obdachlose Menschen konfrontiert sind", berichtete Elisabeth Pichler, die Leiterin der Caritas-Einrichtung. Im Sommer habe die Hitze und im Herbst das Jahrhunderthochwasser wohnungslosen Menschen schwer zugesetzt; nun sei es die Winterkälte. "Seit Jahresbeginn konnten wir in der Gruft mehr als 18.800 Mal obdachlosen Menschen einen warmen und sicheren Schlafplatz anbieten", informierte Pichler. Täglich werden in der Unterkunft 240 Essen ausgegeben. In diesem Jahr wurden in der Gruft bereits 81.500 Mahlzeiten verteilt, hieß es seitens der Caritas.
Neben der Gruft bietet die Hilfsorganisation auch über den "Canisibus", der warme Suppen verteilt, über den "Louisebus", der kostenlos bei gesundheitlichen Problemen hilft, und durch Streetworker weitere Winterhilfen für obdachlose Menschen an. 15.000 Freiwillige sind derzeit für die Caritas im Wintereinsatz. Angesichts der großen Nachfrage bittet die Caritas um Geldspenden und um Mithilfe bei der Versorgung von obdachlosen Menschen, etwa durch einen Anruf beim "Caritas-Kältetelefon" unter der Nummer 01/4804553.