Austausch von drei Bischöfen mit islamistischen Rebellen über Situation im neuen syrischen Staat - Auch in Aleppo trafen Kirchenführer mit Rebellen zusammen
München, 13.12.2024 (KAP) Nach dem Umsturz in Syrien hat es dem katholischen Hilfswerk "Kirche in Not" zufolge erste Kontakte zwischen den neuen Machthabern und Vertretern der christlichen Minderheit gegeben. Das teilte "Kirche in Not" am Freitag in München mit und berief sich dabei auf Angaben des armenisch-katholischen Bischofs von Damaskus, Georges Assadourian.
Assadourian hat demnach am Montag mit zwei weiteren Geistlichen das Hauptquartier der islamistischen Rebellengruppen in Damaskus besucht. Bei dem Treffen sei vor allem die Rolle der Christen im neuen syrischen Staat Thema gewesen. "Wir diskutierten über die Präsenz der Christen und auch über deren Rolle. Man versicherte uns, dass alles gut werden würde und wir uns keine Sorgen machen müssten", so Assadourian. Laut dem Bischof waren im Hauptquartier ausländische Botschafter anwesend. Assadourian würdigte die internationalen Bemühungen, die Entwicklungen in Syrien zu überwachen, wie es weiter hieß. Er ergänzte, aktuell sei die Lage in Damaskus ruhig.
Auch in der nordsyrischen Stadt Aleppo hat es schon am Montag ein Treffen der Bischöfe und Kirchenoberen mit den neuen Machthabern gegeben. Darüber berichtete der chaldäisch-katholische Bischof Antoine Audo dem vatikanischen Fides-Pressedienst. Das Treffen fand im Franziskanerkloster von Aleppo statt. Im Moment, so Audo, zeigten die neuen Kräfte keinerlei Bestreben, das gewöhnliche Leben der kirchlichen Gemeinschaften zu verändern und zu maßregeln. "Im Gegenteil, sie versuchen, Vertrauen zu schaffen, indem sie unsere Traditionen und unsere Gebete respektieren."
Während des Treffens sei den Vertretern der christlichen Gemeinschaften versichert worden, dass es keine Änderungen der Vorschriften für die Schulen der kirchlichen Gemeinschaften geben werde, in denen Jungen und Mädchen gemeinsam in gemischten Klassen lernen. "Sie haben alle Beamten aufgefordert", so der chaldäische Bischof weiter, "ihren Dienst wieder aufzunehmen, und sie haben gesagt, dass die Wehrpflicht, die all diese Jahre gedauert hat, beendet ist".
Er habe gegenüber den neuen Machthabern eingebracht, so Audo, dass Christen keine Bürger zweiter Klasse sein dürfen "und dass wir zusammenarbeiten müssen". Der Bischof hob zugleich gegenüber Fides auch die große Armut in der Stadt hervor. In Kirchengemeinden gebe es Initiativen, um den Menschen wenigstens eine Mahlzeit pro Tag zu ermöglichen. Und man bereite sich darauf vor, Weihnachten im kleinen Rahmen zu feiern: "Vielleicht", berichtet Bischof Audo, "wird es keine Paraden und spektakulären Momente geben. Aber jeder, der uns in den Festtagen in unseren Kirchen und Bischofssitzen besuchen möchte, ist herzlich willkommen".
Inzwischen mehren sich allerdings auch die Nachrichten aus Syrien, dass die Ankündigungen der regierenden HTS-Führung (Hai'at Tahrir asch-Scham) in der Praxis dann doch nicht überall gleichermaßen umgesetzt werden. Schon am Donnerstag hatte das Linzer Hilfswerk "Initiative Christlicher Orient", das seit vielen Jahren in Syrien aktiv ist, von Restriktionen im Blick auf das anstehende Weihnachtsfest berichtet und etwa auch von ersten Kontrollen von Frauen, die ohne Kopftuch auf den Straßen unterwegs sind. Die "Assyrian International News Agency" berichtete am Freitag von der Verwüstung einer griechisch-orthodoxen Kirche bei Hama.
Die unter dem Dach der HTS vereinten Milizen sind keine einheitliche Größe, die Lage im Land sowie die Nachrichtenlage bleiben unübersichtlich.