Benachteiligte Gruppen der Bevölkerung nicht außer Acht lassen
Buenos Aires, 15.12.2024 (KAP/KNA) Die Kirche in Argentinien fordert von Präsident Javier Milei, bei seinem harten Reformkurs zur Sanierung des überschuldeten Landes stärker auf die soziale Komponente zu achten. Es seien vor allem die ärmeren Bevölkerungsschichten, die die Konsequenzen der Sparmaßnahmen zu tragen hätten, sagte der Vorsitzende der Argentinischen Bischofskonferenz, Marcelo Daniel Colombo (63) am Sonntag in einem Interview der deutschen Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) in Buenos Aires.
"Ich spreche von den Rentnern, den Menschen ohne festen Arbeitsplatz, ohne Arbeit. Von jenen Menschen, die immer noch keinen Zugang zu einem Minimum an Einkommen haben", sagte der Erzbischof von Mendoza. Auch Teile der Mittelschicht, die nicht über eine große Ausgaben- oder Konsumkapazität verfügten, spürten die Härten des Reformkurses.
Zugleich plädierte Colombo für mehr Anstand in der die politischen Debatte. "Wir müssen allerdings auch feststellen, dass es eine überbordende, sehr aggressive politische Sprache gibt, die eine Wertschätzung für das Institutionelle vermissen lassen. Wir glauben aber, dass die Institutionen im Dienst der Demokratie und des sozialen Lebens stehen. Argentinien braucht Brücken, Konsens, Dialog. Brüche und diese ausufernde Sprache haben uns noch nie gutgetan", sagte der Erzbischof.
Mit Blick auf die Debatte über den Umgang mit der Militärdiktatur in Argentinien (1976-1983) erinnerte Colombo daran, dass die argentinische Bischofskonferenz die entsprechenden kirchlichen Archivunterlagen den verschiedenen Akteuren in der Gesellschaft zur Verfügung gestellt habe, um die Handlungen der Kirche während dieser Zeit zu beleuchten. "Versöhnung setzt Selbstkritik voraus und die Anerkennung dessen, was man getan hat." Dies werde in der Regel nicht von allen Akteuren wahrgenommen. "Besonders schmerzt uns, dass diejenigen, die an der Repression beteiligt waren, den Organisationen die Orte, an die die Verschwundenen geschickt wurden, und auch die Namen, die Namenslisten nicht zur Verfügung gestellt haben."
Europa und Südamerika rief der Vorsitzende der Argentinischen Bischofskonferenz dazu auf, das EU-Mercosur-Freihandelsabkommen zu einem fairen Umgang miteinander zu nutzen: "Ich glaube, dass alles, was den Handel zwischen Europa und Lateinamerika fördert, willkommen ist." Wichtig sei "eine Haltung der Offenheit, die auch gegenseitigen Nutzen ermöglicht, so dass es dann auf beiden Seiten des Abkommens Wachstum geben kann und nicht nur eine Region oder ein Land bevorzugt wird".
Einen konkreten Termin für einen Besuch von Papst Franziskus in seinem Heimatland gebe es auch elf Jahre nach der Wahl des Argentiniers zum Kirchenoberhaupt noch nicht. Trotzdem bleibe man zuversichtlich, so Erzbischof Colombo. "Ein Besuch seiner Heimat ist sein Wunsch, und wir glauben, dass er ihn erfüllen wird, sobald er kann."