Caritas-Direktorin mahnt neue steirische Landesregierung zu "richtiger Prioritätensetzung" - Pflege, Bildung und Armutsbekämpfung vorrangig - Gegen Bashing von "Asylwerber*innen"
Graz, 18.12.2024 (KAP) Die steirische Caritas-Direktorin Nora Tödtling-Musenbichler hat an die neue steirische Landesregierung appelliert, die "richtigen Prioritäten" zu setzen und ihre Vorhaben an der Lebensrealität der Menschen auszurichten. Bei der Präsentation des Regierungsprogrammes am Dienstag sei betont worden, dass die neue Landesregierung das gleichwertige Miteinander in der Gesellschaft fördern möchte. "Es wird jetzt aber darum gehen, in der Umsetzung wirkliche Antworten auf die Sorgen der Menschen zu geben", hielt die Caritas-Direktorin in einer Aussendung am Mittwoch fest.
Als drängendste Themen benannte Tödtling-Musenbichler jene, die sie als Präsidentin der Caritas Österreich bereits zu den Koalitionsverhandlungen zur Bildung einer Bundesregierung unterstrichen hatte: Absicherung der Pflege, Verbesserungen in der Bildung und Bekämpfung von Armut. Die Caritas-Direktorin begrüßt das landespolitische Vorhaben eines "Masterplan Pflege": "Die Überschriften müssen jetzt konkretisiert werden. Es ist schnelles Handeln nötig, um bedarfsgerechte Pflege in der Steiermark zu gewährleisten." Auch der Fokus auf leistbares Wohnen sei wichtig und helfe vielen Menschen in eine "wirtschaftlich schwierigen Zeit".
Im Bereich Bildung sieht die Caritas-Direktorin mit dem Ausbau der Kinderbetreuung und der Ausweitung der Schulsozialarbeit wichtige Vorhaben. "Auch Ideen wie der Chancenscheck sind positive Ansätze", so Tödtling-Musenbichler. "Dass Wahlfreiheit der Familien über die Form der Kinderbetreuung und der Aufteilung der Arbeit benannt sind und dem Schutz der Frau ein eigenes Kapitel gewidmet wird, ist ein wichtiges Anliegen der Caritas, um Frauen vor Armut zu schützen und echte Geschlechtergerechtigkeit zu ermöglichen", ergänzte sie.
Mäßigung in der Wortwahl nötig
"In einigen Bereichen des Regierungsprogrammes werden wir die nächsten Schritte sehr genau beobachten", kündigte die Caritas-Direktorin an. Gerade im Bereich Asyl und Integration gebe es massive Änderungswünsche, die aber nicht alleine von der steirischen Landesregierung umgesetzt werden können und vom Bund bzw. der EU abhängig seien. Als Beispiel dafür nannte Tödtling-Musenbichler die Ablehnung des Familiennachzugs von Asylberechtigten. "Auch das Land Steiermark kann sich nicht über Gesetze und internationale Konventionen hinwegsetzen", stellte sie klar. Selbstverständlich müssten alle Menschen auf Basis gültiger Rechtsgrundlagen und den Menschenrechten entsprechend behandelt werden. Die Caritas-Chefin empfahl hier - unter Verwendung des von der neuen blau-schwarzen Koalition abgelehnten Gender-Sternchens - auch eine "Mäßigung in der Wortwahl, sei es gegenüber Asylwerber*innen, sei es gegenüber armutsbetroffenen Menschen".
Formulierungen vor allem im Bereich Soziales und Integration bereiten Tödtling-Musenbichler Sorge. Der Fokus auf Maßnahmen gegen Sozialmissbrauch schüre Misstrauen gegenüber Armutsbetroffenen; "Asylwerber*innen werden häufig in Zusammenhang mit Kriminalität und religiösem Extremismus gebracht", bedauerte Tödtling-Musenbichler. Und sie machte auf einen Widerspruch aufmerksam: Auf der einen Seite werde gefordert, dass sich Zuwanderer für Sozialleistungen um Spracherwerb bemühen sollen, andererseits seien Förderprogramme für die Integration von Asylwerberinnen und -werbern nicht mehr vorgesehen.
"Es muss das Anliegen der neuen steirischen Landesregierung sein, das Gemeinsame zu stärken und eine tragfähige, wirtschaftlich stabile und solidarische Gesellschaft als Ziel zu haben", erklärte die Caritas-Direktorin. "Denn es geht um unsere gemeinsame Zukunft in der Steiermark."
Am Mittwoch trat der neue steirische Landtag zu seiner ersten Sitzung im Grazer Landhaus zusammen. Bereits ein knappes Monat nach der Landtagswahl wurden dabei wurden die Mitglieder des Landtagspräsidiums und die Landesregierung unter der Führung von Landeshauptmann Mario Kunasek (FPÖ) gewählt. Landeshauptmann-Stellvertreterin ist Manuela Khom (ÖVP). Die Oppositionsparteien SPÖ, Grüne, NEOS und KPÖ stimmten sowohl gegen das Regierungsprogramm als auch gegen die personelle Zusammensetzung der Landesregierung.