Stift Zwettl und Minoriten nun im Register "Memory of the World"
19.12.202412:05
Österreich/Kirche/Kultur/Orden/Kulturerbe
Zwettler Stiftungsbuch und Musikaliensammlung zählen laut UNESCO nun offiziell zum "dokumentarischen Erbe der Menschheit"
Wien, 19.12.2024 (KAP) Zwei österreichische Orden - das Zisterzienserstift Zwettl und die Minoriten in Wien - sind Neuzugänge im UNESCO-"Memory of world"-Register und damit international anerkannt für die "Bewahrung des dokumentarischen Erbes der Menschheit". Wie die Ordensgemeinschaften Österreich auf ihrer Website (Donnerstag) mitteilten, erhielten der Zwettler Abt Johannes Maria Szypulski und andere Ordensvertreter die begehrte Auszeichnung am Montag in der Österreichischen Nationalbibliothek aus den Händen von Sabine Haag in ihrer Funktion als Präsidentin der Österreichischen UNESCO-Kommission. Damit umfasst das nationale Register "Memory of Austria" nun insgesamt 79 Einträge, die Epochen aus verschiedensten Zeitabschnitten der Geschichte abdecken.
Als Kulturerbe offiziell anerkannt wurden damit das Stiftungsbuch des Zisterzienserstiftes Zwettl, genannt "Bärenhaut", und die Musikaliensammlung von P. Alexander Giessel aus dem Archiv der Minoriten.
Die Zwettler "Bärenhaut" gilt als Handschrift von höchstem Wert. Diese Bezeichnung leitet sich vom Ledereinband des Stiftungsbuchs ab, der aus der Haut eines "Saubären" gefertigt wurde. Das auch als "Buch der Stifter" bekannte Werk entstand vor mehr als 700 Jahren, um die damaligen Besitztümer des Waldviertler Stiftes schriftlich festzuhalten. Es sollte als Absicherung dienen, falls die originalen Schenkungs- oder Besitzurkunden verloren gehen. Gleichzeitig bot die Handschrift die Gelegenheit, die eigene Klostergeschichte in einem vorteilhaften Licht darzustellen. So vereinen sich in diesem Werk historische Gegebenheiten mit den religiösen Vorstellungen der Mönche und zeichnen ein repräsentatives Bild des spätmittelalterlichen Selbstverständnisses. Seiten wie der berühmte "Stammbaum der Kuenringer" beeindrucken zwar mit kunstvoller gotischer Buchmalerei, viele andere Stifterabbildungen und Initialen blieben nur Entwürfe oder wurden nie vollendet.
Von den Minoriten ins "Memory of Austria"-Register aufgenommen wurde jener Teil des Musikbestandes ihres Archivs, den Prof. Friedrich Riedel bei der Inventarisierung als "vor 1784" charakterisierte. Mehrheitlich durch den umtriebigen Minoritenpater Alexander Giessel (1694-1766) zusammengetragen, enthält es eine Fülle an Musikalien, die rund um den Kaiserhof verfasst, kopiert und gespielt wurden. Entgegengenommen haben die Urkunde Minoriten-Provinzkustos P. Bernhard Lang und der Bibliothekar der Zentralbibliothek, Pol B. Edinger. Lang wies auf den großen Reichtum an Kultur, Musik und Literatur hin, den die Minoriten in ihrer Wiener Zentralbibliothek und dem Archiv betreuen und sichern. Es sei wichtig, diese Bestände auch für die Wissenschaft und Gesellschaft zu öffnen.
Sicherung der Weltdokumentenerbes
Das von der UNESCO im Jahr 1992 ins Leben gerufene Programm "Memory of the World" hat das Ziel, die weltweiten Anstrengungen zur Erhaltung bedeutender Dokumente und zur Förderung des Zugangs zu Wissen zu unterstützen. Hierzu werden in internationalen und nationalen Registern Dokumente und Sammlungen von besonderem Wert gelistet, um das Bewusstsein für die Notwendigkeit des Dokumentenschutzes zu stärken.
Das 2014 gegründete nationale Dokumentenerbe-Register "Memory of Austria" zeichnet Dokumente und Sammlungen aus, die von herausragender Bedeutung und historischer Wichtigkeit für das österreichische kulturelle Gedächtnis sind. Das Memory of Austria-Verzeichnis wird alle zwei Jahre erweitert und beinhaltet zahlreiche wertvolle Handschriften, Nachlässe, Urkunden, Drucke, Fotos und Filme.
Neben den beiden Neuzugängen sind auch andere Objekte von Orden bereits im Register von "Memory of Austria" verzeichnet, wie die Ordensgemeinschaften mitteilten. Es sind dies die Inkunabel-Sammlung des Stiftes Göttweig, das "Verbrüderungsbuch" von St. Peter in Salzburg sowie der Archivbestand des dort amtierenden Abtes Dominikus Hagenauer (1746-1811), die Vorauer Volksbibel, die mittelalterliche Handschriftensammlung "Concordantiae caritatis" des Stiftes Lilienfeld und die Beschreibung der indigenen Bevölkerung in Paraguay von Pater Florian Paucke um 1770 aus dem Stift Zwettl.