Neue Folge des Theologie-Podcasts "Diesseits von Eden" widmet sich dem Königsberger Philosophen aus Anlass seines 300. Geburtstages
Wien, 22.12.2024 (KAP) Der Philosoph Immanuel Kant bleibt nicht nur die zentrale Figur der Aufklärung und des Nachdenkens über die Möglichkeiten und Grenzen von Erkenntnis, sondern er ist auch ein bleibender "Stachel im Fleisch der Theologie": Das haben österreichische Theologen in der jüngsten Folge des Theologie-Podcasts "Diesseits von Eden" unterstrichen, die dem 300. Geburtstag Kants gewidmet ist. Zuletzt haben sich Symposien an der Philosophisch-Theologischen Hochschule Brixen (PTH) und an der Katholischen Privat-Universität Linz (KU) mit der Philosophie des am 22. April 1724 in Königsberg geborenen Denkers und ihren Folgen für die Theologie befasst.
Der Wiener evangelische Theologe Christian Danz betont in dem Podcast, dass Gott durch die erkenntniskritische Philosophie Kants zwar noch als Begriff existiert, jedoch aus dem Bereich der Erkenntnisgegenstände herausfalle. Nur im Bereich der praktischen Vernunft komme Gott vor - nicht als Figur, die der Begründung der Moral diene, sondern der Durchführung: Gott werde bei Kant gewissermaßen zu einer Form von Ethik substituiert, so Danz. Darin sei Kant allerdings nicht allein, sondern ganz auf der Höhe seiner Zeit - Kant fungierte eher wie ein "Katalysator", der diese Skepsis am Gottesgedanken auf den Punkt brachte, so Danz.
Eine bleibende theologische Herausforderung stelle Kant laut dem Brixner Theologen Christoph Amor außerdem im Blick auf die Frage der Erkennbarkeit Gottes dar: Die christlichen Kirchen hätten Kant immer wieder in den "Giftschrank" verbannt, weil er die natürliche Erkennbarkeit Gottes angezweifelt hatte - eine Erkennbarkeit, von der die christliche Theologie in den Jahrhunderten nach Kant stets überzeugt geblieben sei. Der Kantsche Zweifel daran sei gewissermaßen eine "heilsame Infragestellung", da die Theologie so zu tieferem Nachdenken und anderen Zugängen genötigt werde. Eine weitere Frage, die Kant der Theologie nach wie vor stelle, sei die Theodizee-Frage, also die Frage nach dem Leiden: Ein Mensch könne Gott in dieser Frage mangels Erkenntnismöglichkeit nicht verteidigen, so Kant; außerdem zeuge der Zustand der Welt ja nicht gerade davon, dass - wie es die klassische Theologie behauptet - "ein gütiger, gerechter Gott gleichsam schützend die Hand über sie hält", so Amor.
In eine ähnliche Kerbe schlug auch der Linzer Theologe Franz Gruber: Indem das Erste Vatikanische Konzil (1869/70) die Möglichkeit natürlicher Gotterkenntnis festgschrieben hat, habe sich die katholische Kirche zugleich gegen Kant abzudichten versucht. Dies sei jedoch nicht gelungen, verwies Gruber auf die Theologie Karl Rahners, der es geschafft habe, eine "Versöhnung" von katholischer Theologie und Kant herbeizuführen. Dennoch gelte es aber auch Kritik an Kant selber zu äußern und "mit Kant über Kant hinaus" zu denken: Wenn Kant nämlich versuche, Gott "in den Grenzen der Vernunft" zu denken, bedeute dies zugleich eine instrumentelle Engführung. Es gebe auch andere Zugänge zu Gott, die man gegen Kant verteidigen könne - etwa die Schöpfungslehre, die Erfahrbarkeit Gottes in der Natur oder die Anthropologie, so Gruber.