Synodensekretärin Becquart im Kathpress-Interview über Wunsch nach Frauen in Führungspositionen auf allen Ebenen der Kirche - Erste Pflicht des Papstes ist es, die Einheit der Kirche zu bewahren
Wien, 21.12.2024 (KAP) Die Frauenfrage in der katholischen Kirche entscheidet sich in den Ortskirchen und nicht allein dadurch, ob der Papst im Vatikan immer mehr Frauen in Führungspositionen ernennt. Das betonte Nathalie Becquart, Untersekretärin der Bischofssynode, im Interview mit Kathpress (Samstag). Die jüngste Weltsynode habe sich zu mehr Frauen bzw. Laien in Führungspositionen auf allen Ebenen bekannt. Hier sei vieles möglich, was bisher meist noch nicht genützt werde. Becquart nannte Beispiel wie Frauen als Ordinariatskanzlerinnen oder als Generalsekretärinnen von Bischofskonferenzen. Aber auch in pfarrlichen Gremien und Funktionen brauche es mehr Frauen in verantwortungsvollen Positionen. Sie appellierte an die Verantwortlichen in der Kirche: "Setzen Sie Frauen überall dort ein, wo es möglich ist."
Ein großes Problem liege darin, "dass wir das Priesteramt immer noch als die einzige Möglichkeit ansehen, um eine wichtige Position zu bekommen. Aber das ist nicht wahr." Die Theologin und Ordensfrau mahnt dringlich die Überwindung dieses Klerikalismus ein.
Darauf angesprochen, dass man in Österreich oder anderen Ländern in Europa in der Frauenfrage wohl schon weiter sei als in anderen Erdteilen, meinte Becquart, dass das wohl stimmen werde, "aber gleichzeitig gibt es etwa immer noch viel Gewalt gegen Frauen". Ein Mentalitätswandel stehe also auch in Europa noch aus.
Zugleich hob Becquart hervor, dass in der Kirche der höchste Status die Taufe ist. "Die Taufe ist unsere Würde. Wenn man das richtig versteht, ist ein Kardinal nicht höher als ein getauftes Kind."
Die französische Ordensfrau gehört als Untersekretärin der Führungsspitze des Generalsekretariats der Synode an und ist damit eine der ranghöchsten Mitarbeiterinnen im Vatikan. Papst Franziskus hat sie 2021 in diese Position berufen. Als sie von Papst Franziskus in das Generalsekretariat ernannt wurde, sei sie die dritte Frau im rund 15-köpfigen Team gewesen, erinnerte Becquart. "Inzwischen sind wir zur Hälfte Frauen."
Der Frauenanteil in den verschiedenen Kurienbehörden im Vatikan sei von Dikasterium zu Dikasterium unterschiedlich, liege durchschnittlich aber bei 22 Prozent. Wobei Becquart einräumte, "dass es noch nicht sehr viele Frauen in Führungspositionen gibt". Dem Papst sei dies aber ein großes Anliegen.
Zur Frage, ob es noch unter Papst Franziskus Frauen als Diakoninnen gebe wird, sagte Becquart: "Ich weiß es nicht. Das Problem ist, dass der Papst nicht wirklich eine Entscheidung treffen kann, weil es keinen Konsens gibt." Somit bestünde bei einer Entscheidung die Gefahr der Spaltung. Die erste Pflicht des Papstes sei es aber, die Einheit der Kirche zu bewahren.
Auf die Dezentralisierung der Kirche als eines der wichtigsten Synodenthemen angesprochen, meinte Becquart, dass man diesbezüglich noch keine Klarheit habe, was auf weltkirchlicher Ebene entschieden werden müsse, was aber auch auf Ebene der Bischofskonferenzen oder Diözesen möglich sei. Es sei freilich klar, "dass die Synode die lokale Ebene betont, weil man nicht überall auf der Welt eine universelle Art und Weise von Kirche haben kann". Der Weg gehe jedenfalls von einem zentralistischen Modell hin zu einem Modell der Einheit in Vielfalt.
Zu ihren persönlichen Erfahrungen bzw. Begegnungen mit Papst Franziskus meinte die Ordensfrau: "Ich treffe ihn nicht täglich, aber regelmäßig. Er ist sehr unkompliziert und liebt es, zu scherzen."
Die 55-jährige Nathalie Becquart gehört der Ordensgemeinschaft "Institut La Xaviere" an. Sie war die erste stimmberechtigte Frau in der Bischofssynode, einem wichtigen Gremium der katholischen Kirche. Das Magazin Forbes führte die französische Theologin und Ordensfrau bereits mehrfach in seiner Liste der einflussreichsten Frauen der Welt auf. Das Interview führte Kathpress gemeinsam mit der Tageszeitung "Die Presse".