Zsifkovics warnt vor vorschnellen Abschiebungen nach Syrien
26.12.202410:15
Österreich/Kirche/Integration/Flüchtlinge
Österreichs "Flüchtlingsbischof" in Zeitungsinterview: Entwicklungen nach Sturz der Diktatur vorerst abwarten - Anerkennung der Rechtsstaatlichkeit und christlicher Werte für Integration wichtig - Kirche muss "Vakuum" zur jungen Generation überwinden
Eisenstadt, 26.12.2024 (KAP) Der in Österreichs Kirche für Flüchtlings- und Integrationsfragen zuständige Bischof Ägidius Zsifkovics hat davor gewarnt, angesichts des Sturzes des Assad-Regimes in Syrien vorschnelle Schlüsse im Umgang mit Geflüchteten zu ziehen. Von Stabilität sei das vom langen Krieg gezeichnete Land weit entfernt, "wir wissen, wie fragil die Lage ist", so der Bischof in einem Interview mit der "Burgenländischen Volkszeitung" (BVZ, Donnerstag). Vorerst gelte es abzuwarten, "wie sich die Situation für einzelne Minderheiten entwickelt". Dazu gehöre auch die Lage der Christen im Land.
Rückblickend auf die großen Flüchtlings-Bewegungen ab 2015 mahnte Zsifkovics Versäumnisse in Österreich an. "Man hat Menschen ins Land gelassen, aber man hat kaum integriert", so der Bischof. Für den Umgang mit Geflüchteten sei es erforderlich, christliche Werte hochzuhalten und grundsätzlich allen gegenüber offen zu sein, dabei aber auch auf die Fluchtgründe zu schauen. Von nach Österreich Kommenden dürfe zudem verlangt werden, "dass man unsere Rechtsstaatlichkeit anerkennt und dass man sich auf die christlichen Werte als Kodex verständigen kann". Wer dies nicht könne, "ist hier eben nicht zu Hause und kann nicht erwarten, dass die Mehrheitsbevölkerung großzügig unterstützt", so der burgenländische Oberhirte.
Mehr Mut forderte der Bischof gegenüber Ländern aus der islamischen Welt ein, von denen bei der Flüchtlings-Aufnahme ebenfalls Solidarität eingefordert werden sollte. "Sie sind doch Brüder und Schwestern im Glauben, und es handelt sich teilweise um sehr reiche Länder. Warum helfen sie nicht auch in dieser Not?" Dies dürfe ebenfalls angesprochen werden, ohne dass man dadurch gleich Konflikte heraufbeschwöre, bemerkte Zsifkovics.
Neue Sprache und neuer Lebensstil
Auf innerkirchliche Themen angesprochen, sah der Eisenstädter Bischof neue Wege nötig, um das heutige "Vakuum" zwischen der Kirche und der jüngeren Generation zu füllen, zumal der einst bestehende Bezug weggefallen sei. Die Kirche müsse einerseits auch in der digitalen Welt aktiv sein, andererseits die vielen Möglichkeiten besser nutzen, mit der sie als Gemeinschaft an den verschiedenen Lebensstationen präsent sein könne. Für die zeitgemäße Vermittlung des Evangeliums gelte es auch das "Übersetzungsproblem" zu lösen: Der feierliche kirchliche Wortschatz könne manchmal pathetisch oder zu theologisch wirken "und man muss fragen: Verstehen die Leute das überhaupt?", räumte Zsifkovics ein.
Ein Anknüpfungspunkt für die Kirche könnte laut dem Bischof auch das neue Interesse der jüngeren Generationen an alternativen Lebensweisen sein. "Ich merke bei jungen Menschen, dass viele eher alternativ leben und sozusagen zurück zu den Wurzeln wollen." Das erinnere ihn an das Maßhalten, das über Jahrhunderte eine Kardinalstugend der Kirche gewesen sei. Verzicht werde wieder aktuell, da heute viele Menschen über die Verhältnisse lebten, was zu den Krisen der Gegenwart erheblich beigetragen habe. Die Kirche sei gefordert, heutiger Armut und Nöten entgegenzuwirken, wofür der Bischof "noch mehr Einsatz, Flexibilität und auch Kreativität" wünschte.
Glaube ins Gespräch bringen
Als Eckpunkte im Jahr 2025 für die Diözese Eisenstadt nannte deren Leiter zunächst das von Papst Franziskus ausgerufene Heilige Jahr, das in Österreich am 29. Dezember offiziell beginnt. Das weltkirchliche Jubiläum bringe viele Chancen mit sich, "den Glauben wieder ins Gespräch zu bringen". Auch die geplanten ökumenischen Akzente hielt der Bischof dabei für wichtig. Ein weiterer Akzent stehe im karitativen Bereich bevor, durch den geplanten Start der Errichtung eines Demenzzentrums in Rechnitz (Bezirk Oberwart) durch die Caritas und das Land. In Bruckneudorf (Bezirk Bruck an der Leitha) werde 2025 zudem ein Kirchen-Neubau gestartet.
Aufs Neue bekräftigte Bischof Zsifkovics die gute Zusammenarbeit mit dem Land Burgenland, die "konstruktiv und in vielen Bereichen vertrauensvoll" sei. Um Parteipolitik gehe es ihm dabei nie, so der Bischof, "es ist nicht meine Aufgabe, mich da einzumischen, und ich bin umgekehrt dankbar, dass sich die Parteien nicht in innerkirchliche Dinge einmischen". Entscheidend sei vielmehr, "dass alle gemeinsam für die Menschen das Beste tun".