2025 begehen alle Kirchen das Jubiläum "1.700 Jahre Konzil von Nicäa" - Wiener evangelische Theologin Heil erläutert im Interview mit Wiener Kirchenzeitung "Der Sonntag" den theologischen Streit Anfang des 4. Jahrhunderts, der schließlich zur verbindlichen Formulierung des ersten christlichen Glaubensbekenntnisses auf dem Konzil von Nicäa 325 führte
Wien, 04.01.2025 (KAP) Auch im Jahr 2025 wäre es gut, sich einmal den Text des Konzils von Nicäa aus dem Jahr 325 anzusehen und sich über die damligen theologischen Debatten zu informieren. Davon hat sich die Wiener Theologin Uta Heil im Interview mit der Wiener Kirchenzeitung "Der Sonntag" überzeugt gezeigt: "Es ist das zentrale Glaubensbekenntnis, das alle christlichen Gemeinschaften ökumenisch unterschreiben, und insofern ist das natürlich von höchster Relevanz für jeden Christen, jede Christin." Heil wies im Interview auch falsche Informationen über die vermeintliche Lehre des Presbyters Arius zurück. Dessen theologische Position wurde auf dem Konzil verurteilt.
Dekanin Uta Heil ist seit 2015 Professorin für Kirchengeschichte an der Evangelisch-Theologischen Fakultät der Universität Wien. Ihre Forschungen befassen sich vor allem mit der Entwicklung des Christentums im Römischen Reich.
In Nicäa (heute Iznik in der Türkei) wurde 325 das zentrale christliche Glaubensbekenntnis formuliert. Als Kaiser Konstantin das Konzil einberief, wollte er damit unter anderem den Streit zwischen Bischof Alexander von Alexandrien und dem Presbyter Arius schlichten. Der theologische Streit um das Verhältnis von Vater und Sohn wurde mit Vehemenz geführt. Heil: "Nicäa muss man gleichsam zweigleisig sehen - einerseits als eine große Feier der Reichseinheit von Kaiser Konstantin, der 324 Alleinherrscher geworden war, und andererseits auch als Versuch, die Streitfragen, die inzwischen aufgetaucht waren, in Angriff zu nehmen und zu lösen."
Auf dem Konzil wurde die Lehre des Arius verurteilt, die aber aufgrund der mangelnden Quellen heute nur mehr ungefähr greifbar sei, wie Heil sagte. Man müsse sich mit den Debatten des 4. Jahrhunderts beschäftigen, um zu verstehen, worum es überhaupt ging: "In Nicäa haben wir als Beschluss nicht nur die Verurteilung des Arius, sondern in erster Linie auch die Fixierung des sogenannten Nicänums, des Glaubensbekenntnisses von Nicäa. Und in diesem Nicänum wird festgelegt, dass der Sohn mit dem Vater eines oder gleichen Wesens ist, ausgedrückt durch das berühmte griechische Wort 'Homoousios'." Voran gehe die Beschreibung, dass der Sohn aus dem Vater, das heißt aus dem Wesen des Vaters gezeugt wurde.
Im Kern gehe es um die Frage: "Wer ist Jesus Christus? Jesus Christus als Gott zu beschreiben, das hebt ihn aus dem Kreis sonstiger Propheten oder anderer besonderer Menschen heraus und weist ihm göttliche Qualität zu." Und: "Die Erlösung muss von Gott selber kommen. Und weil die Erlösung von Gott selbst kommen muss, und Christus der Erlöser ist, muss auch Christus von Gott selbst und direkt aus Gott kommen."
Was lehrte Arius?
Für Arius sei es wichtig gewesen, so Heil, "die Gottheit und absolute Priorität des Vaters zu betonen, der erst zu einem späteren Zeitpunkt den Sohn ins Dasein gerufen habe, um durch ihn als Schöpfungsmittler die Welt zu schaffen, und so habe der Sohn einen Anfang." Auch die Art und Weise der Entstehung des Sohnes aus dem Vater sei für Arius genauer zu beschreiben, "da sieht er besondere Probleme in der Terminologie, die sich durch den Begriff 'Sohn' ergeben, wenn Jesus Christus der Sohn Gottes ist". Diese Vorstellung laufe Gefahr, eher körperliche, materialistische Vorstellungen auf Gott zu projizieren. "Wenn Gott als Vater einen Sohn hat, dann ist man gedanklich bei einer menschlichen Zeugung, und das sei natürlich in Bezug auf Gott zu vermeiden - aber wie soll man dann die Entstehung des Sohnes aus dem Vater beschreiben?", erläuterte Heil.
Auch bei Arius sei der Sohn eine Gottheit, auch schon in seinem vorweltlichen Dasein. "Denn es geht bei dem Streit nicht um die irdische Zeugung, um Weihnachten, um die Zeugung der Geburt aus Maria, sondern um die Zeugung des Sohnes vor seinem weltlichen Dasein aus Gott dem Vater."
Arius fürchtete, dass sein Bischof Alexander nicht mehr sauber zwischen Sohn und Vater unterscheide, sodass sie irgendwie unterschiedslos eins seien. Für Arius sei es hingegen selbstverständlich, dass der Sohn erst einmal aus dem Vater entstanden und der Vater der Urheber seiner Existenz sei, so die Theologin.
Arius hatte ein Netzwerk, das im syropalästinensischen Raum lag und bis hin nach Kleinasien reichte, sodass der Streit aus Ägypten und Alexandrien herauskatapultiert wurde und größere Kreise zog. Fast jeder Bischof im Osten sei damals herausgefordert gewesen, sich zu positionieren - für Arius, gegen Arius, für Alexander, gegen Alexander -, "sodass es zu einer Zerrissenheit gekommen ist im griechischen Osten".
Am Konzil in Nicäa 325 nahmen schließlich nicht mehr als 250 bis höchstens 280 Bischöfe teil, so Heil; und zwar fast ausschließlich aus dem Osten des Römischen Reichs. Heil: "Es waren deshalb so viele Bischöfe aus dem griechischen Osten dabei, weil es ein Streit war, der vor allem den griechischen Osten betraf. Hinzu kommt ein ganz praktischer Grund: Aufgrund der sehr kurzfristigen Planung konnten nicht mehr Bischöfe aus dem Westen anreisen." Der Begriff "Ökumenisches Konzil" sei so zu verstehen, "dass die lateinischen Bischöfe im Westen die Beschlüsse des Konzils akzeptierten, ohne dass sie selbst in Nicäa Konzilsteilnehmer waren".
Keine Gott zweiten Ranges
Heil erläuterte im Interview auch nochmals auf Nachfrage den zentralen Begriff "Homoousios". Damit sollte herausgestellt werden: "Der Sohn ist aus dem Vater gezeugt, das heißt, aus dem Wesen des Vaters, und er ist auch gezeugt und nicht geschaffen worden. Das soll den Sohn so eng mit dem Vater verbinden, sodass sie in Bezug auf ihre Gottheit gleich sind und der Sohn genauso Gott ist oder göttliche Qualität hat wie der Vater selbst und nicht irgendwie dem Vater untergeordnet oder eine Gottheit zweiten Ranges ist." Der Begriff sollte auch vermeiden, "dass die Sprache oder die Beschreibung vom Sohn Gottes dazu führt, irgendwie zwei Götter anzunehmen", so Heil: "Durch die Beschreibung, dass sie doch im Wesen übereinstimmen oder der Sohn aus dem Wesen des Vaters kommt, können wir trotzdem von einer Gottheit reden und uns nicht den Vorwurf des Polytheismus zuziehen.
Konzil wichtig für gemeinsamen Ostertermin
Ein weiterer wichtiger Beschluss des Konzilsvon NIcäa betraf die einheitliche Festsetzung des Ostertermins. Die Lösung, auf die sich das Konzil verständigte: Das Osterfest findet am ersten Sonntag nach dem Vollmond statt, der dem Frühlingsanfang (Tag- und Nachtgleiche) folgt. Das sorgte für einen einheitlichen Termin bis ins 16. Jahrhundert, als von Papst Gregor XIII. der Gregorianische Kalender eingeführt wurde, viele orthodoxe und altorientalische Kirchen aber den Julianischen Kalender (bis heute) beibehielten. 2025 fällt Ostern nach beiden Kalendern auf den gleichen Termin.
Prof. Uta Heil spricht am 17. Jänner bei den "Theologischen Kursen" (16 Uhr) zum Thema "Das Konzil von Nizäa (325). Vorgeschichte, Verlauf, Ergebnisse". (Infos: www.theologischekurse.at)