Bibelwissenschafter Markus Tiwald im Podcast "SONNTAGs-Jause" über Sterndeuter aus dem Osten und Symbolik der Sterne
Wien, 05.01.2025 (KAP) Der Stern von Bethlehem ist laut dem Wiener Bibelwissenschafter Markus Tiwald weniger eine historische Tatsache als ein Symbol für Orientierung und Sinn. Im Podcast "SONNTAGs-Jause" (Ausgabe 5. Jänner) erklärte dies der Universitätsprofessor für Neues Testament vor dem Dreikönigstag (6. Jänner) mit dem Selbstanspruch der Bibel, "die in erster Linie kein naturwissenschaftliches Buch sein möchte, sondern ein theologisches". Somit sei selbst die Frage, ob der Stern von Bethlehem historisch greifbar sein könnte, eine "willkürliche Verengung".
Die tief verwurzelte Sternsymbolik der Bibel, insbesondere rund um die Geburt Jesu, begründete Tiwald auf die antike Vorstellung, "dass bei der Geburt bedeutender Männer ein Stern am Himmel aufgeht". Dahinter stehe der Glaube, dass das, was auf der Erde geschieht, durch den Gang der Gestirne bestimmt werde.
"Wenn eine besonders bedeutende Persönlichkeit auf die Welt kommt, dann muss auch ein neuer Stern am Himmel aufgehen. Das heißt, wenn sich auf der Erde etwas verändert, muss sich auch in der himmlischen Kosmologie etwas verändern", erläuterte der Theologe den biblischen Kontext. Der Stern von Bethlehem symbolisiere folglich den "Stern Jesu, der aufgegangen ist", und dem die Sterndeuter aus dem Morgenland folgen.
Bereits im Alten Testament werde im Buch Numeri der Stern als Zeichen des kommenden Messias beschrieben: "Ein Stern geht auf im Hause Jakob." Diese Deutung sei im Neuen Testament auf Jesus Christus übertragen worden, erklärte Tiwald im Podcast-Gespräch mit Sophie Lauringer, Chefredakteurin der Wiener Kirchenzeitung "Der Sonntag". Zwar gebe es auch Hinweise auf Himmelsereignisse, wie die Konjunktion von Jupiter und Saturn im Jahr 7 v. Chr., doch entscheidend sei die Botschaft, dass die Sterndeuter "diesem Stern Jesu, der aufgegangen ist, folgen".
Sterne als Orientierung und Vorbild
Tiwald erinnerte auch an Bar Kochba, dessen Name "Sohn des Sterns" bedeutet. Rabbi Akiba deutete ihn als Messias, doch nach der gescheiterten Revolte gegen die Römer (132-135 n. Chr.) wurde diese Hoffnung enttäuscht. "Und nachher hat man gesagt, er ist doch nicht der wahre Stern gewesen."
Ein weiteres Beispiel für die Bedeutung von Sternen findet sich in der Verheißung an Abraham, dass seine Nachkommen so zahlreich wie die Sterne sein würden. Diese Erzählung lade ein, sich wie Abraham oder die Sterndeuter auf die Suche zu machen und Bereitschaft zu zeigen, "sich zu bewegen, auf die Sinnsuche zu gehen und die Frage zu stellen: Welchen Sternen folge ich? Was ist in meinem Leben wesentlich?"
Die Sterndeuter könnten damit als Vorbild für die Sinnsuche im Leben dienen, so der Theologe - man müsse sich dabei aber immer der Frage stellen, ob man einem Stern oder einer schnelllebigen Sternschnuppe hinterherlaufe. Außerdem könnte der Blick auf das Wesentliche durch Oberflächliches, wie die Lichtverschmutzung in Städten, verdeckt werden. Die Sterne seien somit eine Erinnerung daran, Visionen zu bewahren und über das Leben nachzudenken.
Der Podcast "SONNTAGs-Jause" wird seit November 2023 von Sophie Lauringer moderiert. Wöchentlich trifft die "Sonntag"-Chefredakteurin Persönlichkeiten aus Kirche, Kultur und Gesellschaft, um Themen des Glaubens und der Gesellschaft zu beleuchten. (Infos: www.dersonntag.at/artikel/tag/podcast).