ORF stellt erste Ergebnisse von Studie mit Uni Wien im Rahmen des Projekts "Was glaubt Österreich?" vor - Starker Trend zur Individualisierung bei Religiosität -
Überraschende Ergebnisse bei Jungen - TV-Doku und "Philosophisches Forum" zu gesellschaftlichen Konsequenzen am Dienstagabend in ORF 2
Wien, 06.01.2025 (KAP) Deutliche Veränderungen im religiösen und weltanschaulichen Leben in Österreich belegen erste Ergebnisse einer neuen, vom ORF beauftragten repräsentativen Studie der Universität Wien. Wie das Online-Portal "religion.ORF.at" (Montag) berichtet, beobachten die Forscherinnen und Forscher einen starken Individualisierungstrend, der auch das Zusammenleben und die Demokratie herausfordert. Religiosität und Glaubensvorstellungen werden dabei zunehmend pluraler.
Demnach verlieren religiöse Institutionen und nicht religiöse Vereine Mitglieder. Gleichzeitig behalten Spiritualität und Glaube für viele Menschen eine große Bedeutung, wenn auch in veränderter Form. Nur mehr 14 Prozent der Befragten glauben an einen personalen Gott. Dagegen glauben 37 Prozent an die Kraft des Universums und 38 Prozent an ein vorherbestimmtes Schicksal. Der Anteil jener Menschen, die unsicher sind, was sie glauben sollen, liegt bei 15 Prozent.
Die Studie "Was glaubt Österreich?" ist Teil eines gleichnamigen Kooperationsprojekts der ORF-Abteilung "Religion und Ethik multimedial" mit dem Forschungszentrum "Religion and Transformation in Contemporary Society" der Uni Wien. Im April und Mai 2024 wurden dafür 2.160 repräsentativ ausgewählte Personen mit Wohnsitz in Österreich zwischen 14 und 75 Jahren zu ihren Glaubens- und Wertvorstellungen befragt.
Die Studienverantwortlichen Regina Polak, Astrid Mattes und Patrick Rohs betonen laut ORF, dass Religiosität und Glaubensvorstellungen vielfältiger werden. So entwickeln einige Menschen eine neue Form der Religiosität, indem sie unterschiedliche Glaubensvorstellungen nach individuellen Bedürfnissen kombinieren. Andere halten strikter an traditionellen Glaubens- und Wertvorstellungen fest. Die Befragungen zeigten demnach eine zunehmende Individualisierung, nicht nur bei Glaubensfragen, sondern auch in der religiösen Praxis.
Überraschende Ergebnisse bei Jungen
Erforscht wurden den Angaben zufolge auch Zusammenhänge von Glauben und politischen Einstellungen, von Religion und Wissenschaft, religiösen Einstellungen und Solidarität. Ein großer Abschnitt widmet sich laut ORF-Bericht der Frage, inwiefern Glaube oder nicht-religiöse Weltanschauung zu gesellschaftspolitischem Engagement führt. Die zunehmende Individualisierung stelle eine Herausforderung dar, da sie zu weniger Engagement in Vereinen und Gruppen führt.
Überrascht sind die Studienverantwortlichen von den Ergebnissen der Befragung junger Menschen in Österreich (14 bis 25 Jahre). Diese unterscheiden sich deutlich von den älteren Personengruppen, insbesondere in ihrer Religiosität und ihren politischen Einstellungen. So zeige sich, dass junge Menschen weniger zu Verschwörungstheorien und Autoritarismus neigen, berichtet "religion.ORF.at".
TV-Doku und "Philosophisches Forum" am Dienstag
Einen umfassenden Einblick in die Ergebnisse der neuen Studie gibt zum Auftakt eines ORF-Schwerpunkts am Dienstagabend (7. Jänner) eine TV-Dokumentation mit dem provokanten Titel "Was glaubt Österreich - Hat Gott ausgedient?" (21.05 Uhr, ORF 2). Darin soll laut Ankündigung aufgezeigt werden, was Menschen in Österreich glauben, inwiefern ihre Religiosität ihr gesellschaftspolitisches Engagement beeinflusst und wo sie Sinn finden. Zu Wort kommen unter anderem die Schauspieler Julia Cencig und Johannes Silberschneider, Molekularbiologe Martin Moder und der Wiener Dompfarrer Toni Faber.
Ab 22.35 Uhr folgt ein "Philosophisches Forum" bei dem Barbara Stöckl und Konrad Paul Liessmann mit Experten und Expertinnen gesellschaftliche Konsequenzen der Studienergebnisse diskutieren. Philosoph Philipp Hübl, Theologe Johann Schelkshorn, Religionswissenschafterin Katharina Limacher, Philosoph und Historiker Philipp Blom sowie Theologin Regina Polak sprechen auch über die Frage, ob die Gesellschaft mit der Ausdünnung des Gottesglaubens ein Fundament der Orientierung verliert oder ob sie humaner und freier wird.
Religionsvertreter am Mittwoch bei Ö1-"Im Fokus"
In der Ö1-Radiosendung "Im Fokus" diskutieren am Mittwoch (8. Jänner, 16.05 Uhr) Vertreterinnen und Vertreter der heimischen Religionsgemeinschaften und weitere Experten über die Konsequenzen für die Religions- und Glaubensgemeinschaften in Österreich. Das Portal "religion.ORF.at" befasst sich schon tags zuvor (7. Jänner) mit der laut Studie weitverbreitete Islam-/Muslimfeindlichkeit und dem wachsenden Antisemitismus in der Gesellschaft. Informationen zum Forschungsprojekt bietet auch das TV-Religionsmagazin "Orientierung" (12. Jänner, 12.30 Uhr, ORF 2).
Weitere Berichte und Gespräche folgen laut ORF zudem auf Ö3, Ö1 und in Beiträgen der Landesstudios. Auch in der "FM4 Spielekammerl-Show" (9. Jänner, 17 bis 20 Uhr) werden zentrale Punkte der "Was glaubt Österreich?"-Studie aufgegriffen und diese mit den neusten Gaming-Trends verbunden, wie der ORF mitteilte. Hintergrund ist, dass der Glaube an ein Universum, Schicksal und Allverbundenheit nicht nur bei vielen Österreichern eine wichtige Rolle spielt, sondern auch zentraler Inhalt vieler Videospiele ist. Schon seit 5. Jänner startete in der Ö1-Sendereihe "Lebenskunst" eine neue Reihe rund um das Thema Rituale.
"Was glaubt Österreich?"
Der ORF beschreibt "Was glaubt Österreich?" als inter- und transdisziplinäres Projekt, das Forschung und Medienarbeit miteinander verschränkt. Im Rahmen des Projekts waren Journalisten und Journalistinnen der ORF-Abteilung für Religion und Ethik in allen Bundesländern unterwegs und haben bei Jung und Alt, bei verschiedenen Einrichtungen, Schülerinnen und Schülern, verschiedenen Berufsgruppen und Vereinen, Kirchen und Religionsgemeinschaften nachgefragt, was sie trägt, woran sie glauben und worin sie Sinn finden. Die Interviews wurden wissenschaftlich begleitet und bildeten gemeinsam mit den Ergebnissen einer qualitativen Pilotstudie die Grundlage zur Entwicklung der Fragen für die repräsentative Studie, die im Frühling 2025 veröffentlicht wird. Die Ergebnisse liegen der ORF-Abteilung bereits vor.
(ORF-Themenwebsite zum Projekt "Was glaubt Österreich": religion.ORF.at/wasglaubtoesterreich)