Soziologe: "Mäßiger" Rückgang bei Gottesdienstbesuch und gemeinsamen Gebetszeiten in vergangenen drei Dekaden - Religion eine Domäne der Frauen - Von Wolfgang Bahr
Bratislava, 09.01.2025 (KAP) Auch die Slowakei erlebt einen Rückgang der Glaubenspraxis bei Gottesdienstbesuch und gemeinsamen Gebetszeiten. Dies zeigen die Ergebnisse einer dieser Tage präsentierten Umfrage der Agentur Focus und ein Vergleich mit ähnlichen Untersuchungen seit 1991. In den vergangenen drei Dekaden verzeichne man demnach einen "mäßigen Rückgang des Anteils jener Bewohner der Slowakei, die regelmäßig an Gottesdiensten in der Kirche teilnehmen", erklärte Miroslav Tizik vom Soziologischen Institut der Slowakischen Akademie der Wissenschaften, die zusammen mit der Pressburger Komensky-Universität die Untersuchung durchgeführt hat.
Häufiger als einmal pro Woche kommen demnach mehr als sieben Prozent der Befragten zum Gottesdienst, einmal pro Woche mehr als 18 Prozent, einmal im Monat acht Prozent. Annähernd 13 Prozent besuchen Gottesdienste nur an besonderen Feiertagen, einmal pro Jahr in die Kirche gehen 5 Prozent und fast ein Drittel der Bevölkerung (33,5 Prozent) nie. Für die Untersuchung wurden im Oktober vergangenen Jahres 1.245 Menschen befragt.
Ein Viertel betet täglich
Religion ist in der Slowakei weiterhin eine Domäne der Frauen. Fast 29 Prozent von ihnen besuchen Messfeiern einmal wöchentlich oder öfter. Bei Männern sind es 24 Prozent. Einmal im Jahr oder seltener gehen laut der Befragung 20,6 Prozent der Frauen und 17,4 Prozent der Männer in die Kirche. Nie bei Gottesdiensten sind 38,5 Prozent der Männer und 28,5 Prozent der Frauen.
Einen Geschlechterunterschied gibt es auch beim Besuch von gemeinsamen Gebeten. Auch hier liegen Frauen bei der Häufigkeit vor den Männern. So finden sich 52 Prozent der Frauen mindestens einmal wöchentlich zu Gebet ein, 30 Prozent von ihnen täglich. Männer und Frauen gemeinsam betrachtet, gab rund ein Viertel (24,7 Prozent) an, täglich zu beten; gleichzeitig kommen 26 Prozent der Befragten nie zu Gebeten.
Katholiken öfter in Kirche als Protestanten
Bei der genaueren Betrachtung der Gottesdienstbesuche zeige sich, dass der allwöchentliche Kirchgang bis zum 50. Lebensjahr nachlässt und dann wieder zunimmt, berichteten Juraj Majo und Marcela Kacerova von der Naturwissenschaftlichen Fakultät der Komensky-Universität. Den Umfragergebnissen zufolge nimmt der Gottesdienstbesuch auch mit der Größe des Wohnorts ab, so die Experten. Bei einer Einwohnerzahl bis zu 2.000 lautet die häufigste Antwort auf die Frage nach dem Kirchenbesuch demnach "wöchentlich oder öfter"; in diesen Gemeinden geht mehr als ein Drittel regelmäßig in die Kirche. In den mittelgroßen Städten (5 bis 9.000 Menschen) antworteten die meisten Befragten, dass sie nur einmal im Jahr in die Kirche gehen (19,3 Prozent). In den beiden Metropolen Bratislava und Kosice geht fast die Hälfte nie in die Kirche (47 Prozent).
Ausgeprägte Unterschiede im Gottesdienstbesuch bestehen auch zwischen den größten christlichen Konfessionen im Land. Römisch- und griechisch-katholische Katholiken besuchen Gottesdienste mit 38 Prozent weitaus häufiger als protestantische (evangelische, reformierte und andere) Christen mit 15 Prozent. Protestanten definieren sich eher durch den Kirchenbesuch zu besonderen Feiertagen oder kommen in die Kirche überhaupt nicht (beide jeweils ein Viertel der Antwortenden).
Städter beten weniger häufig
Während sich die Dynamik des Besuchs der Gottesdienste in der Kirche seit dem Jahr 1991 verfolgen lässt, gilt das für die Gebetsfrequenz erst ab 1999, also der Hochzeit der religiösen Wiederbelebung nach der Wende von 1989 und der Gründung der souveränen Slowakischen Republik 1993. "Auch in dieser Dimension der religiösen Praxis ist ein leicht fallender Trend unter jenen zu beobachten, die mehrmals in der Woche oder täglich beten, und eine sehr mäßige Verstärkung der Gruppe der wenigstens einmal monatlich Betenden. Zugleich ist ein Anwachsen der Gruppe jener festzustellen, die niemals beten", so Miroslav Tizik.
Am ausgeprägtesten erweist sich der Zusammenhang zwischen der Größe der Gemeinde und der Intensität der Gebete. In allen Gemeinden bis zu einer Größe von 10.000 Einwohnern lautet die Antwort "täglich, allenfalls einmal in der Woche oder häufiger". Erst in größeren Städten lautet die Antwort "niemals", wobei in den beiden einzigen Städten mit mehr 100.000 Einwohnern (Bratislava und Kosice) ungefähr 40 Prozent nach eigener Aussage niemals beten.
Ein spezifischer Zusammenhang bezüglich der Häufigkeit der Gebete ist zwischen den Konfessionen zu beobachten. In der (Römisch- und Griechisch-) Katholischen Kirche wird das wöchentliche oder noch häufigere Gebet von 60 Prozent der Befragten deklariert, wobei unter diesen beinahe 35 Prozent täglich beten. Während die Katholiken am häufigsten täglich oder wenigstens einmal wöchentlich beten, tun dies die Protestanten eher einmal in der Woche oder häufiger, aber auch weniger oft als einmal im Jahr.
(Studienergebnisse auf Website der Slowakischen Akademie der Wissenschaften: https://www.sav.sk/?lang=sk&doc=services-news&source_no=73&news_no=12503)