Kärntner Bischof eröffnet Pastoraltagung in Salzburg unter dem Titel "Auftrag Zukunft. Christ:in sein für eine demokratische Gesellschaft" - Vorträge von Journalistin Ingrid Brodnig, Philosophin Lisz Hirn sowie Theologen Ansgar Kreutzer
Salzburg, 09.01.2025 (KAP) Kirche und Gläubige müssen ihre gesellschaftliche wie politische Verantwortung für demokratische Werte wie Menschenrechte, Solidarität und Rechtsstaatlichkeit aktiv wahrnehmen: Mit diesem Aufruf hat der Kärntner Bischof Josef Marketz am Donnerstag die Österreichische Pastoraltagung 2025 unter dem Motto "Auftrag Zukunft. Christ:in sein für eine demokratische Gesellschaft" eröffnet. "Politisches Engagement ist für Christen deshalb keine bloße Option, sondern Verpflichtung", so der in der Bischofskonferenz zuständige Referatsbischof für Pastoral. Demokratie sei kein abstraktes Konstrukt, sondern gelebte Praxis der Teilhabe und Verantwortung. Dadurch werde auch "christliches Verständnis von Menschenwürde und Nächstenliebe zu einem konkreten politischen Handlungsauftrag".
Die Pastoraltagung findet noch bis Samstag, 11. Jänner, im Salzburger Bildungshaus St. Virgil statt. Sie wird von der Österreichischen Pastoralkommission und dem Österreichischen Pastoralinstituts (ÖPI) veranstaltet.
Unter den rund 350 Teilnehmenden waren u.a. der Grazer Bischof Wilhelm Krautwaschl, Bischofskonferenz-Generalsekretär Peter Schipka, Caritas-Präsidentin Nora Tödtling-Musenbichler, die ehemalige Präsidentin des Obersten Gerichtshofs, Irmgard Griss, "Furche"-Chefredakteurin Doris Helmberger, die Generaloberin der Franziskanerinnen von Vöcklabruck, Sr. Angelika Garstenauer, sowie das KAÖ-Präsidium mit Ferdinand Kaineder und Katharina Renner.
Demokratie als Lebensform
Politisches Engagement sei mehr als das Verfassen von Kommentaren am Rand, sondern bedeute aktives Mitgestalten - sei es durch Teilnahme an Wahlen und Bürgerinitiativen, ehrenamtliches Engagement oder eine respektvolle Beteiligung an öffentlichen Diskussionen, betonte Marketz in seiner inhaltlichen Eröffnung der Tagung. Der Bischof verwies hier auch auf die Sozialen Medien, "wo Meinungsbildung heute maßgeblich stattfindet".
Der Bischof erinnerte zudem an die Mahnung von Papst Franziskus in dem Apostolischen Schreiben "Evangelii Gaudium", Religion nicht auf das Private zu beschränken, sondern sie in den öffentlichen Diskurs einzubringen. Demokratie sei mehr als ein politisches System; sie sei eine Lebensform, die Freiheit und Verantwortung vereint.
"Fremdeln" heute vorbei
Trotz anfänglicher Skepsis gegenüber der Demokratie und einem "Fremdeln", bekennt sich die Kirche heute dazu, die Demokratie zu verteidigen und zu fördern. Außerdem seien christliche Werte wie universale Menschenwürde und Gerechtigkeit Fundament jeder funktionierenden Demokratie, so der Bischof der Diözese Gurk.
Angesichts aktueller Herausforderungen wie Populismus, Fremdenfeindlichkeit und Demokratieverdrossenheit kritisierte Marketz, dass die Botschaft von Hoffnung und Solidarität oft verpuffe. Der Bischof rief dazu auf, mutig Stellung für eine inklusive Gesellschaft zu beziehen und besonders jenen eine Stimme zu geben, die keine oder nur eine schwache haben. "Christinnen und Christen müssen hier Farbe bekennen", appellierte Marketz, denn: "Demokratie lebt vom Engagement ihrer Bürger, und als Christen sind wir aufgerufen, dieses Engagement nicht nur mit Leben, sondern auch mit einem tieferen Sinn zu füllen. Unser Engagement macht den Unterschied."
Ein besonderes Modell für den demokratischen Diskurs sieht Marketz in der Synodalität, die Papst Franziskus im Rahmen der Weltsynode etabliert hat. Diese Form des systematischen Zuhörens könne, so Marketz, den öffentlichen Umgang mit gesellschaftlichen Konflikten bereichern und ein "hörendes Herz" fördern, wie es der Soziologe Hartmut Rosa beschrieb.
Programmhighlights
Am Donnerstag (9. Jänner) analysiert u.a. die Philosophin Lisz Hirn die gegenwärtige gesellschaftliche Polarisierung nach einem intensiven Wahljahr, gefolgt von Digitalisierungsexpertin Ingrid Brodnig, die die Rolle der (sozialen) Medien und des Einzelnen in politisch aufgeheizten Zeiten thematisiert. Höhepunkt ist die Podiumsdiskussion am Abend des ersten Tages mit Irmgard Griss, ehemalige Präsidentin des Obersten Gerichtshofs, Regina Petrik, Generalsekretärin der Katholischen Aktion Österreich, und Peter Schipka, Generalsekretär der Bischofskonferenz.
Der zweite Tag (Freitag, 10. Jänner) steht im Zeichen der theologischen Reflexion. Die Wiener Pastoraltheologin Regina Polak spricht darüber, welche Art von Religion die Demokratie braucht, während die Grazer Religionswissenschaftlerin Theresia Heimerl die Beziehung zwischen Kirche und Demokratie aus theologischer Perspektive beleuchtet. Praktische demokratiefördernde Projekte werden in einem "Marktplatz" vorgestellt, darunter die "Synodalen Lernwege", Caritas-Wärmestuben sowie Gedenkarbeit zu Franz und Franziska Jägerstätter.
Zielgruppe und Tradition
Die Tagung richtet sich an pastorale Mitarbeitende und bietet auch spezielle Vernetzungsmöglichkeiten, darunter ein "Come Together" für Unter-40-Jährige sowie berufsspezifische Austauschformate.
Seit 1931 ist die Österreichische Pastoraltagung ein Fixpunkt der kirchlichen Erwachsenenbildung. Als größte Tagung auf Bundesebene widmet sie sich aktuellen seelsorglichen Themen mit dem Ziel, aus Grundsatzüberlegungen praktische Impulse für die Pastoral zu entwickeln. Jährlich nehmen mehrere hundert Fachleute aus Seelsorge, Religionspädagogik und weiteren kirchlichen Diensten aus dem In- und Ausland teil. (Infos: www.pastoral.at/pastoraltagung)
Fachtagung von 9. bis 11. Jänner in Salzburg unter dem Titel "Auftrag Zukunft. Christ:in sein für eine demokratische Gesellschaft" - Vorträge von Journalistin Ingrid Brodnig, Philosophin Lisz Hirn sowie Theologen Ansgar Kreutzer
Pastoraltagung-Referent Ansgar Kreutzer in Wiener Kirchenzeitung: Politik profitiert von Beiträgen der Religionsgemeinschaften zu gutem und gerechtem Leben