Ökumene: "Pro Oriente" stellt Wiener indische Kirche vor
16.01.202511:28
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Österreich-Gemeinde der Malankarisch-orthodoxen Syrischen Kirche will Ökumene-Kontakte vertiefen
Wien, 16.01.2025 (KAP) Für mehr ökumenische Zusammenarbeit zwischen den einzelnen Kirchen in Österreich hat sich Pfarrer Solomon Babu, Leiter der Malankarisch-orthodoxen Syrischen Kirche in Wien, ausgesprochen. Babu äußert sich in der aktuellen Ausgabe des "Pro Oriente"-Magazins, in dem er seine Gemeinde und seine Kirche, die ihr Zentrum im indischen Kerala hat, vorstellt. Die indischen Christinnen und Christen sind ein Beispiel für die große kirchliche Vielfalt, die Österreich inzwischen prägt und die auch immer im Fokus der Gebetswoche für die Einheit der Christen (18. bis 25. Jänner) steht. "Wir bemühen uns in Österreich um gute Beziehungen zu anderen christlichen Konfessionen in Wien", so Babu. Er könnte sich noch viele mehr ökumenische Initiativen vorstellen.
Auf offizieller Weltebene gibt es seit 1989 regelmäßige Gespräche der Kirchenleitung der Malankarisch-orthodoxen Syrischen Kirche mit einer Delegation des Vatikans, die jährlich im Dezember zu einer zwei- bis dreitägigen Begegnung nach Kerala reist. Außerdem beteiligt sie sich aktiv an der Arbeit der Internationalen Gemeinsamen Kommission für den theologischen Dialog zwischen der Katholischen Kirche und den Orientalisch-orthodoxen Kirchen sowie am "Forum Syriacum" der Stiftung Pro Oriente. Das Forum ist eine inoffizielle Plattform für Vertreter der verschiedenen katholischen und orthodoxen Kirchen der syrischen Kirchentraditionen.
100 Gläubige in Wien, 2 Millionen weltweit
Die kleine St. Thomas-Gemeinde in Wien umfasst rund 25 Familien, in Summe sind es vielleicht 100 Personen, nicht mehr. Ihre Gottesdienste feiern die Gläubigen jeden Sonntag und zu den Feiertagen in der katholischen Pfarrkirche Am Tabor im 2. Bezirk. Die Anfänge der Gemeinde in Österreich gehen auf die frühen 1980er Jahre zurück.
Weltweit hat die Kirche gut zwei Millionen Gläubige und etwas mehr als 30 Diözesen. Die Gemeinde in Wien gehört zur Diözese "Großbritannien, Europa und Afrika". Metropolitan-Bischof Abraham Mar Stephanose leitet die Diözese von London aus. Das Zentrum der Malankarisch-orthodoxen Syrischen Kirche befindet sich in Kottayam in Kerala, wo auch das Kirchenoberhaupt - seit 2021 Baselios Mar Thoma Mathews III. - seinen Amtssitz hat.
Komplexe Kirchengeschichte
Die Malankarisch-orthodoxe Syrische Kirche führt ihre Ursprünge wie alle indischen Kirchen auf den Apostel Thomas zurück. Bis zur Ankunft der Portugiesen in Indien im 16. Jahrhundert folgten die aufgrund dieses Ursprungs so genannten Thomas-Christen dem ostsyrischen Ritus. Dann wurde es kompliziert. Ein Großteil von ihnen vollzog in der Mitte des 17. Jahrhunderts im Zusammenhang mit Latinisierungstendenzen der von den Portugiesen eingesetzten lateinischen Bischöfe einen Rituswechsel, allerdings nicht zum lateinischen (römisch-katholischen), sondern zum westsyrischen Ritus. Ab Mitte des 17. Jahrhunderts standen die orientalisch-orthodoxen Bischöfe in Indien daher in Gemeinschaft mit dem Syrisch-orthodoxen Patriarchat von Antiochien.
Im Laufe der Zeit entwickelten sich aber zunehmend Spannungen innerhalb der indischen orthodoxen Christinnen und Christen - und zwar zwischen denjenigen, die eine stärkere Bindung an das Patriarchat von Antiochien befürworteten, und denjenigen, die eine größere Autonomie der indischen Kirche forderten. Das führte schließlich dazu, dass 1912 die Anhänger der Unabhängigkeit eine eigene Hierarchie begründeten, indem sie das alte "Katholikat des Ostens" in Indien wiederherstellten und ihre Kirche - die Malankarisch-orthodoxe Syrische Kirche - für autokephal (unabhängig) erklärten. Den westsyrischen Ritus behielten sie bei.
Die Malankarisch-orthodoxe Syrische Kirche ist somit nicht zu verwechseln mit der Malankara Syrisch-orthodoxen Kirche. Beide Kirchen verwenden den westsyrischen Ritus und haben teils gleiche Traditionen. Letztere Kirche verblieb aber bei der Syrisch-orthodoxen Kirche. Sie hat zwar einen autonomen Status, untersteht jedoch dem Syrisch-orthodoxen Patriarchat von Antiochien.
Zwischen 1958 und 1975 kam es noch einmal zu einer kurzzeitigen Wiederherstellung der Gemeinschaft zwischen beiden Gruppierungen, danach waren sie wieder jurisdiktionell getrennt. Die Malankarisch-orthodoxe Syrische Kirche bezeichnet sich selbst auch als "Indisch-orthodoxe Kirche", womit sie ihre starke Verwurzelung in der christlichen Tradition Indiens zum Ausdruck bringt.