Nahost: Bischöfe hoffen mit Waffenruhe auf dauerhafte Lösung
16.01.202511:31
Israel/Palästina/Katar/USA/Konflikte/Kirche
Kirchenvertreter erinnern: Ende von Gaza-Krieg bedeutet nicht Ende des anhaltenden Konflikts - Bischöfe im Heiligen Land: Dauerhafter Frieden erfordert "Bereitschaft, das Leid des anderen anzuerkennen"
Jerusalem, 16.01.2025 (KAP) Die katholischen Bischöfe des Heiligen Landes [Assemblee des Ordinaires Catholiques de Terre Sainte/AOCTS] begrüßen die Ankündigung eines möglichen Waffenstillstands im Gazastreifen. Ein Ende des Krieges bedeute jedoch nicht das Ende des anhaltenden Konflikts; dessen Ursachen müssten "ernsthaft und glaubwürdig" angegangen werden, heißt es laut Katholischer Nachrichten-Agentur (KNA) in einer Stellungnahme vom Donnerstag.
Ein Waffenstillstand sei ein notwendiger Schritt, um die Zerstörung zu stoppen und dringend benötigte humanitäre Hilfe leisten zu können. Es brauche aber eine gerechte Lösung für einen echten und dauerhaften Frieden. Dies erfordere die "Bereitschaft, das Leid des anderen anzuerkennen", sowie eine gezielte Erziehung zu Vertrauen.
Es gelte, die Angst vor dem anderen und die Rechtfertigung von Gewalt als politisches Mittel zu überwinden, so die Bischöfe weiter. Sie fordern die politischen Führer und die internationale Gemeinschaft auf, eine klare und gerechte politische Vision für die Nachkriegszeit zu entwickeln.
Vermittlerstaaten hatten zuvor am Mittwochabend bekanntgegeben, dass sich Israel und die Terrororganisation Hamas auf eine Waffenruhe im Gazastreifen und die Freilassung von israelischen Geiseln und palästinensischen Gefängnisinsassen geeinigt hätten. Demnach soll das Abkommen am Sonntag in Kraft treten. Am Donnerstag gab es aber nach wie vor Verwirrung über die Einigung. So warf Israels Premier Benjamin Netanyahu der Terrororganisation Hamas vor, einen "Rückzieher" gemacht zu haben.
Appell des israelischen Präsidenten
Israels Präsident Isaac Herzog sprach in der Nacht auf Donnerstag von einem "äußerst entscheidenden Moment" und rief die Regierung auf, der Vereinbarung zuzustimmen. Die Rückholung der Geiseln sei die größte moralische, menschliche, jüdische und israelische Verpflichtung. Zugleich sieht das Staatsoberhaupt in den Verhandlungsergebnissen "eine der größten Herausforderungen", die Israel je erlebt habe.
In einer ersten Phase sollen die Kampfhandlungen für 42 Tage eingestellt werden. Zudem ist vorgesehen, dass sich die israelische Armee aus den bevölkerten Gebieten des Gazastreifens zurückzieht. Dies soll einen Austausch von Geiseln und Gefangenen sowie die Rückkehr von Vertriebenen ermöglichen.
US-Präsident Joe Biden und sein Nachfolger Donald Trump bestätigten das Ergebnis. Die deutsche Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) sprach von einem "Tag der Erleichterung". Der Erfolg zeige, "wie wichtig es ist, auch in den dunkelsten Stunden, den Glauben an Diplomatie niemals aufzugeben". In Österreich zeigte sich Bundespräsident Alexander Van der Bellen in einer ersten Reaktion erleichtert über die Einigung. Diese "bringt Hoffnung und Trost, dass das Leiden auf allen Seiten nun ein Ende haben kann".
Hoffnung für Angehörige der Geiseln
Die Angehörigen der aus Israel in den Gazastreifen verschleppten Geiseln reagierten ebenfalls erleichtert. "Seit November 2023 haben wir diesen Moment sehnsüchtig erwartet", heißt es in einer Stellungnahme des Forums der Geisel- und Vermisstenfamilien. Es handele sich um einen bedeutenden Schritt, der die Rückkehr aller Geiseln näherbringe. Zugleich sei man in Sorge, dass das Abkommen möglicherweise nicht vollständig umgesetzt werden könnte.
Sollte die Vereinbarung Bestand haben, würde dies den Weg zu einem dauerhaften Ende des seit 15 Monaten anhaltenden Gaza-Kriegs ebnen. Auslöser war ein Angriff von Terroristen der islamistischen Hamas auf israelische Orte und Armeestützpunkte entlang der Grenze zum Gazastreifen. Dabei wurden etwa 1.200 Menschen getötet und rund 250 Geiseln verschleppt. Etliche kamen inzwischen frei, viele wurden getötet. 98 sollen sich bis heute in der Gewalt der Hamas befinden. Die palästinensische Seite beklagt indes Zehntausende Todesopfer durch die Angriffe Israels nach dem 7. Oktober 2023.