Leiter der "Korbgemeinschaft", Hanna Ghoneim: Menschen in Syrien machen humanitäre Katastrophe und Kriminalität der Islamisten zu schaffen - "Korbgemeinschaft" will Hilfe vor Ort verstärken
Wien, 21.01.2025 (KAP) Obwohl die Lage vor Ort in Syrien für die christliche Minderheit bei weitem nicht so rosig ist, wie Ankündigungen der neuen Machthaber glauben ließen, plant der Wiener melkitische Priester Hanna Ghoneim mit seinem Hilfswerk "Korbgemeinschaft" die Unterstützung gerade deshalb noch zu verstärken. Abwarten, wie sich die Lage entwickelt, sei keine Option, so Ghoneim in einem Schreiben, das Kathpress vorliegt. Die "Korbgemeinschaft" ist in verschiedenen Regionen Syriens tätig. Man überlege nun sogar, ein Gefängnisgebäude zu übernehmen und in eine Schule umzuwandeln, so Ghoneim.
Der Grundgedanke hinter dem Vorhaben: "Eine solide Bildung - mitmenschliche Herzensbildung, aber auch schulische und akademische Bildung - ist einer der wichtigsten Beiträge zu einer friedlichen, demokratischen Gesellschaft, die das positive Miteinander und das Wohl aller zum Ziel hat."
Die Menschen in Syrien hätten große Sorge um die Zukunft ihres Landes. Sie fühlten sich verunsichert durch die vielen islamistischen Gruppierungen, "die auf die Vorgaben und Zielsetzungen der neuen Führung kaum Rücksicht nehmen". Diese Gruppierungen würden viele kriminelle Handlungen setzen: "Sie laufen in Militäruniformen und mit Gewehren auf dem Rücken umher, fahren maskiert mit Motorrädern oder mit lehmverschmierten Autos und drangsalieren und bedrohen Zivilisten. Sie rauben und plündern im Namen der Revolution und wenn sie jemanden kennen, der im Militär des alten Regimes tätig war, entführen sie ihn und verlangen horrendes Lösegeld." Es gebe auch erste Übergriffe auf Christen bzw. christliche Einrichtungen, die es früher in Syrien nicht gab. All dies werde aber, so Ghoneim, als "Einzeltaten" unbeherrschter Männer abgetan.
Wie der Leiter der "Korbgemeinschaft" weiter berichtete, sei die humanitäre Lage nach der Revolution noch um ein Vielfaches schlimmer geworden. Die Menschen müssten unter schwierigsten Verhältnissen leben: "Kein Strom, alles ist sehr teuer, es ist bitter kalt. Es gibt keine Jobs, auch die privaten Geschäfte laufen verständlicherweise in dieser Situation schlecht. Ehemalige Angestellte im Militär, Geheimdienst und in der Baath-Partei bekommen kein Gehalt mehr. Ihre Situation soll noch einzeln überprüft werden." Syrien sei ohne Armee, ohne Gerichtshof, ohne Polizei. Die Infrastruktur sei zerstört. Die Behörden würden nur provisorisch arbeiten, ohne Auszahlung von Gehältern an die Staatsangestellten, da der Staat keine Einnahmen hat.
Ghoneim: "Es gab anfangs vielerlei Versprechungen, doch bis jetzt ist davon nichts Konkretes zu sehen. Die Skepsis, ob die neue Führung es schaffen kann, das Land bald auf die Beine zu bringen, wird von Tag zu Tag größer, der Hunger greift immer stärker um sich." Die Frage sei, ob es TS-Chef Ahmed al-Sharaa zum einen ernst sei mit seiner Ankündigung einer pragmatischen Politik, und ob er zweitens dann auch in der Lage sei, sich innerhalb der Islamisten durchzusetzen und das Land erfolgreich zu führen.
"Korbgemeinschaft - Hilfe für Syrien"
Die Hilfe der "Korbgemeinschaft" kommt der christlichen Minderheit, aber auch vielen Muslimen zugute. Partner der "Korbgemeinschaft" vor Ort sind kirchliche Einrichtungen wie auch einzelne Priester, die von der Gemeinschaft bei ihrer seelsorglichen und sozialen Hilfe unterstützt werden. Beispielsweise wird Binnenflüchtlingen bei der Begleichung von Mieten und Energiekosten geholfen, Bekleidung für Bedürftige organisiert oder ärztliche Versorgung vermittelt. Unter anderem hat die "Korbgemeinschaft" nahe bei Damaskus eine Großbäckerei errichtet, in der für bedürftige Menschen günstiges und zugleich hochwertiges Brot hergestellt wird. (Infos und Spenden: www.korbgemeinschaft.at)