Kirchenrechtler Anuth sieht keine Lockerung bei Regeln für schwule Priesterseminaristen in Italien - Die jüngst vorgestellten neuen Vorgaben betonen jedoch eine sensiblere Einordnung
Bonn, 21.01.2025 (KAP/KNA) Der deutsche Kirchenrechtler Bernhard Anuth sieht nach der Veröffentlichung neuer Ausbildungsregeln in Italien keine Änderung bei den Zulassungsregeln für Priesterkandidaten. Der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) sagte Anuth: "Die Ratio fundamentalis von 2016 kann durch eine Ratio nationalis nicht geändert werden." Die universalkirchliche Rechtslage bleibe unverändert.
Anuth, der an der Universität Tübingen lehrt, sagte weiter: Auch bisher hätten Kandidaten zur Weihe zugelassen werden können, deren "homosexuelle Tendenzen", "bloß Ausdruck eines vorübergehenden Problems, wie etwa einer noch nicht abgeschlossenen Adoleszenz", und vor der Weihe "eindeutig überwunden" waren. "Die italienischen Bischöfe ordnen diese 'Überwindung' tiefsitzender homosexueller Neigungen nun lediglich sensibler und differenzierter ein", so Anuth.
Anuth: Keine Änderung der Lehre
Wer nach dem in der "Ratio nationalis" beschriebenen Klärungsprozess zur Weihe zugelassen werde, hat demnach keine "tiefsitzenden" und damit aus amtlicher Sicht problematischen homosexuellen Neigungen mehr. Die amtliche Lehre, nach der Homosexualität "objektiv ungeordnet" sei, gelte dabei unverändert fort, so der Kirchenrechtler.
Die italienische Bischofskonferenz hatte vor Kurzem aktualisierte Vorgaben für die Priesterausbildung, eine sogenannte "Ratio nationalis", veröffentlicht und darin auch den Umgang mit homosexuellen Interessenten am Priesterberuf thematisiert. Wenn es um "homosexuelle Neigungen" gehe, müssten diese "wie bei jedem Kandidaten [...] im Gesamtrahmen der Persönlichkeit des jungen Menschen" erfasst werden, heißt es dort.
Beobachter hatten dies als Lockerung der Zugangsregeln für schwule Männer interpretiert. Dies wäre eine Abkehr von den 2016 vom Vatikan erlassenen Richtlinien für die weltweite Kirche ("Ratio fundamentalis"), wonach die Zulassung von Personen zum Priesterseminar und zur Weihe, die "Homosexualität praktizieren, tiefsitzende homosexuelle Tendenzen haben oder eine sogenannte 'homosexuelle Kultur' unterstützen", untersagt sei.
Dieser Lesart widersprachen jedoch die italienische Bischofskonferenz sowie einige Kirchenrechtler. Der Vorsitzende der Kommission für den Klerus und das geweihte Leben der Bischofskonferenz, Stefano Manetti, erklärte etwa in der katholischen Zeitung "Avvenire", dass der entsprechende Paragraf lediglich die Position des Lehramts bestätige. Die "wirkliche Neuheit" des Dokuments bestünde darin, dass es die Notwendigkeit der "Unterscheidung" betone. Man wolle Personen jenseits üblicher Kategorisierungen bei der "Wahrheitsfindung bezüglich ihrer sexuellen Orientierung" begleiten.
An Päpstlicher Universität Santa Croce in Rom lehrender Experte äußert sich erstaunt über Medieninterpretation von neuen Richtlinien der Italienischen Bischofskonferenz zur Priesterausbildung