Trump-Angelobung: Theologen sehen Spiel mit religiösen Motiven
21.01.202512:05
Österreich/USA/Politik/Religion/Glaube/Trump
Salzburger Theologe und USA-Experte Weiß: Trump nutzte religiöse Motive, die Bindung an religiöse Wählerschichten wird jedoch schwächer - Deutscher Theologe Dahlke: Religiöse Narrative bei Trump-Einführung gefährlich
Washington/Salzburg, 21.01.2025 (KAP) Ein Spiel mit religiösen Narrativen und Motiven erkennen deutschsprachige Theologen im Blick auf die gestrige Angelobung von US-Präsident Donald Trump. Weder fehlte die Bekräftigungsformel "So wahr mir Gott helfe", noch die Bibel beim Eid noch eine quasi-liturgische Rahmung der Feier mit Gebet noch Anspielungen auf biblische Motive - und dies, obwohl diese Elemente nicht zwingend vorgeschrieben sind, betonte der Salzburger Theologe und USA-Experte Andreas G. Weiß im Gespräch mit Kathpress. Die Tatsache, dass Trump die Hand beim Schwur nicht auf die beiden Bibeln, die seine Frau Melania hielt, legte, sei ihm nicht wie ein bewusster Akt erschienen, sondern eher der Aufregung des Moments geschuldet gewesen, vermutete Weiß.
In Trumps Antrittsrede seien Retter-Motive und biblisch entlehnte Bilder ("Goldenes Zeitalter") bestimmend gewesen. Insgesamt würden diese Motive jedoch weniger explizit vorkommen bei Trump als noch vor einigen Jahren. "Die Säkularisierung schreitet auch in den USA rasant voran. Die Bindungen der Republikanischen Partei an die dezidiert christlich-evangelikale Wählerbasis werden volatiler", so der Direktor des Katholischen Bildungswerkes Salzburg, der selber in den USA gelebt und u.a. Bücher über Zivilreligion in den USA veröffentlicht hat. Entsprechend habe die Zeremonie zwar noch Züge einer "zivilreligiösen Liturgie", aber es bleibe der Vorrang des Politischen und der Akt letztlich ein "formeller Staatsakt" mit quasi-religiösen Anleihen.
Eine gefährliche Verschiebung erkannte Weiß in der Wortwahl Trumps. Schon im Wahlkampf seien vor allem Gewaltmetaphern und die Warnungen vor einem Bürgerkrieg allgegenwärtig gewesen bei Trump. Damit korrespondierten nun die "quasi messianischen Retter- und Märtyrer-Motive", die er auf sich selber münzte bzw. die vermutlich auch von seinen Beratern an Trump herangetragen wurden.
Dass Rechtspopulisten auf religiöse Motive zurückgreifen, sei gewiss nichts Neues, stellte Weiß einen Konnex zur österreichischen Politik her. Mit dem Opfer- und Erwählungsmotiv habe schließlich bereits ein Jörg Haider in den 1990er Jahren und nun Herbert Kickl gespielt ("Sie sind gegen ihn. Weil er für euch ist"). Weiß: "Je religionsvergessener eine Gesellschaft ist, desto größer ist der Anreiz für Populisten, auf diese Motive zurückzugreifen."
Ähnlich die Einschätzung des USA-Experten und Eichstätter Theologen Benjamin Dahlke: "Als Theologe frage ich mich, wie man auf eine solche Weise vom Handeln Gottes in der Geschichte sprechen kann", sagte Dahlke am Dienstag der deutschen Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA). Politische Entwicklungen seien bei Trumps Vereidigung umstandslos mit Gottes Handeln identifiziert worden. Das sei gefährlich in einer liberalen Demokratie, die von wechselnden Mehrheiten lebe.
Dahlke zeigte sich verwundert, dass bei der Feier am Montag fast ausschließlich christliche Würdenträger zu Wort kamen: "Ich hatte nicht den Eindruck, dass Muslime, Hindus und Buddhisten, von denen es immerhin auch viele gibt, angemessen berücksichtigt wurden", so der Theologe. Neben mehreren katholischen Geistlichen sprach unter anderem auch ein Rabbiner im Kapitol. Durchgehend seien die USA als ein christliches, auf Gott vertrauendes Land vorgestellt worden - obwohl die Zahl der Konfessions- und Religionslosen immer mehr wachse.
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