Schüller: Früheres Zerwürfnis mit Schönborn ist bereinigt
23.01.202512:36
Österreich/Kirche/Leute/Schönborn
Ehemaliger Generalvikar und Obmann der Pfarrerinitiative in ZIB2-Interview: Versöhnung nach öffentlicher Entschuldigung des Kardinals im Jahr 2021 - Kritik an langwieriger Nachbesetzung Schönborns
Wien, 23.01.2025 (KAP) Nach einstigen Unstimmigkeiten zwischen Kardinal Christoph Schönborn und Pfarrer Helmut Schüller gab es laut letzterem eine Entschuldigung Schönborns und auch eine Versöhnung. "Wir haben inzwischen das alles hinter uns gebracht. Die Sache zwischen uns ist gegessen", erklärte der Gründer und Obmann der Reformgruppe Pfarrerinitiative am Mittwochabend in der ORF-Sendung ZIB 2. Schüller war Studiogast anlässlich der Emeritierung von Schönborn als Erzbischof von Wien und der Bestellung von Josef Grünwidl als Apostolischer Administrator am selben Tag.
Schüller war ab 1995 Schönborns Generalvikar in dessen ersten Amtsjahren als Erzbischof, wurde dann jedoch von ihm 1999 unsanft per Brief am Fußabstreifer aus dem Amt entlassen. Schon kurz nach dem Vorfall habe Schönborn "Signale gesendet, dass er das bedauert", erklärte Schüller. Zu einer wirklichen Aussöhnung sei es dann im Jahr 2021 gekommen, als Schönborn zum 1.000-Jahr-Jubiläum seiner Pfarre Probstdorf (NÖ) kam "und die Predigt nutzte, um sich zu entschuldigen und eine Brücke zu schlagen". Seither sei das Gesprächsverhältnis wieder "sehr gut".
Ausdruck der Versöhnung war nicht zuletzt Schüllers Anwesenheit bei der Dankesmesse von Kardinal Schönborn vergangenen Samstag im Wiener Stephansdom gewesen. Der Probstdorfer Pfarrer zelebrierte an der Seite Schönborns und der beiden anderen Generalvikare von dessen Amtszeit als Erzbischof.
Im ORF-Interview ließ Schüller auch die gemeinsamen Jahre an der Diözesanspitze rekapitulieren, darunter seine Zeit als Leiter der Ombudsstelle für Opfer sexuellen Missbrauchs in der Kirche. Es sei nicht schwierig gewesen, Schönborn infolge des "Schocks" der Groer-Affäre für deren Einrichtung zu überzeugen, sagte Schüller. Die große Leistung Schönborns sei es zudem gewesen, die Erzdiözese Wien "aus einer tiefen Krise" herauszuführen, wozu sein kollegialer Stil gegenüber den Priestern erheblich beigetragen habe. Auch den Einsatz des Kardinals für Benachteiligte, Migranten und Geflüchtete hob der spätere Caritas-Präsident hervor, sowie sein "bemerkenswertes" offenes Vorgehen in seelsorglichen Fragen wie im Umgang mit geschiedenen Wiederverheirateten oder Homosexuellen.
Langwierige Nachbesetzung
Versäumnisse Schönborns ortete der Pfarrerinitiative-Gründer bei dessen Verhalten gegenüber Rom und der Weltkirche. Statt mutige Vorschläge hinsichtlich Reformen in der Kirche zu machen, wie von Papst Franziskus von den Bischöfen eingefordert, sei der Kardinal oft zurückhaltend gewesen, was Schüller als Sorge um den innerkirchlichen Frieden oder das Bild der österreichischen Kirche deutete. Zögerlichkeit sei "nicht grundsätzlich schlecht, kann aber bei wichtigen Weichenstellungen hinderlich sein", befand Schüller, der ein Ausbleiben von mutiger Initiativen auch allgemein bei Bischöfen in der Weltkirche bedauerte.
Kritisch äußerte sich Schüller zum langwierigen Prozess der Nachbesetzung Schönborns. Obwohl dessen Emeritierung lange vorhersehbar gewesen sei, habe der Vatikan durch die Bestellung bloß eines Apostolischen Administrators eine für die Erzdiözese Wien schädliche Verzögerung und damit eine "unnötig chaotische Situation" herbeigeführt. "Es entsteht der Eindruck, dass Rom zeigen will, wer das Sagen hat, oder es fehlt schlicht an Planung", fand der Priester, der sich für eine möglichst schnelle Ernennung eines neuen Erzbischofs aussprach. Dass der ihm gut bekannte Josef Grünwidl Interimsleiter geworden sei, begrüße er; Grünwidl sei mit der Erzdiözese sehr gut vertraut.