Lateinischer Patriarch sorgte zuletzt mit Interviewäußerungen über die Lage im Nahen Osten für Aufsehen - Internationale Bischofsdelegation beendete unterdessen Solidaritätsbesuch bei Christen im Heiligen Land
Vatikanstadt/Jerusalem, 23.01.2025 (KAP) Papst Franziskus hat den Lateinischen Patriarchen von Jerusalem, Kardinal Pierbattista Pizzaballa, am Donnerstag in Audienz empfangen. Das teilte das vatikanische Presseamt mit, ohne weitere Angaben zu machen.
Pizzaballa hatte am Montag mit Äußerungen in einem Zeitungsinterview in Kirchenkreisen und darüber hinaus für Aufsehen gesorgt. Der Zeitung "Repubblica" sagte er, der gesamte Nahe Osten stehe an einem Wendepunkt. Die Staaten und Religionsgemeinschaften dort bräuchten eine neue Führungselite und neue Sichtweisen, ein "neues Narrativ".
Weiter erklärte der aus Italien stammende Kardinal, es brauche neue Gesichter in der politischen Führung und eine andere Sprache, der Status quo werde nicht mehr lange existieren.
Pizzaballa spricht von einer neuen Ära
Eine Zeitenwende beschwor Pizzaballa in dem Interview auch für den Dialog zwischen der katholischen Kirche und dem Judentum. "Die Ära nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil und von dem, was das Dokument 'Nostra aetate' im interreligiösen Dialog aufgebaut hat, ist zu Ende.
Das muss weiterwirken, aber es müssen neue Modelle und Perspektiven entwickelt werden." Der Dialog müsse "theologischer und weniger politisch" werden. "Wir müssen anfangen, das anzusprechen, was wir stets vermieden haben: Die Punkte, zu denen wir unterschiedlich denken, wie etwa die Auslegung der Bibel."
Weiter erklärte Pizzaballa: "Du kannst ein neues Narrativ nicht aus dem Nichts entwickeln, du musst es auf einer soliden Grundlage aufbauen. In diesem Sinn kann der Dialog der Religionen nützlich sein, aber er muss, mit Respekt und Offenheit, auch unsere unterschiedlichen Interpretationen ansprechen."
Das Konzilsdokument "Nostra aetate" von 1965 hatte den Dialog der katholischen Kirche mit anderen Religionen, insbesondere mit Judentum und Islam, auf eine neue Grundlage gestellt. Es betonte vor allem die Gemeinsamkeiten unter den Religionen.
Bischöfe beenden Solidaritätsbesuch im Heiligen Land
Unterdessen haben die Teilnehmer eines internationalen Bischofstreffens im Heiligen Land ihre mehrtägige Solidaritätsreise in der Region beendet. Die Bischöfe aus verschiedenen Ländern und Europas und den USA äußerten zum Abschluss ihres Solidaritätstreffens mit den Christen im Heiligen Land Sorge über die Zerbrechlichkeit des Waffenstillstands zwischen Israel und der Hamas. Man hoffe, dass er "den Beginn eines echten und dauerhaften Friedens markiert", hieß es laut Katholischer Nachrichten-Agentur (KNA) in einer am Donnerstag veröffentlichten Erklärung. Notwendig sei eine Auseinandersetzung mit den Ursachen des langjährigen Konflikts.
Das Treffen fokussierte unter anderem auf die Auswirkungen des Krieges auf die von Israel besetzten palästinensischen Gebiete; darüber werde nicht ausreichend berichtet, so die Bischöfe. Bei Besuchen in christlichen Gemeinden und Einrichtungen habe man einen "Schrei nach Frieden und Gerechtigkeit" gehört. Palästinenser seien im Alltag massiven Schwierigkeiten ausgesetzt; darunter eine starke Einschränkung der Bewegungsfreiheit, mangelnde Wasser- und Stromversorgung, fehlende Baugenehmigungen und eine hohe Arbeitslosigkeit durch den Entzug von rund 150.000 Arbeitsgenehmigungen in Israel.
"Realistische und sichtbare Entwicklungshilfe"
Aus Deutschland nahm der Paderborner Erzbischof Udo Markus Bentz an der Reise teil. Er beschrieb die Lage vor Ort laut einer Mitteilung der Deutschen Bischofskonferenz vom Donnerstag als unhaltbar. Es brauche eine "Änderung der Politik Israels im Westjordanland, um palästinensischem Leben dort echte Chancen zu geben". Die Lebensbedingungen der Palästinenser hätten sich seit Beginn des Gaza-Krieges durch eine fortgesetzte illegale Expansion der Siedlungen und wiederholte Gewaltakte extremistischer jüdischer Siedler weiter verschlechtert. In ihrem Statement riefen die Bischöfe die internationale Gemeinschaft zum Handeln auf, "um realistische und sichtbare Entwicklungshilfe als Teil eines Prozesses für einen dauerhaften Frieden zu ermöglichen".
Gesprächspartner wie der Lateinische Patriarch von Jerusalem, Kardinal Pierbattista Pizzaballa, und der deutsche Botschafter in Tel Aviv, Steffen Seibert, hätten deutlich gemacht, dass es zunächst darum gehen müsse, Hass abzubauen und Vertrauen zwischen Israelis und Palästinensern wiederherzustellen. Ziel müsse sein, Gesprächsprozesse zwischen den verfeindeten Gruppen in Gang zu setzen und mit kleinen Schritten den Boden für umfassende Lösungen vorzubereiten, so Bentz.
Das Bischofstreffen findet seit 1998 jeweils im Jänner im Auftrag des Vatikans und auf Einladung der katholischen Bischöfe des Heiligen Landes statt. In diesem Jahr nahmen Vertreter von sieben Bischofskonferenzen teil, darunter acht Bischöfe.