Musical "Bernadette de Lourdes" zeigt noch bis 16. Februar in Rom, wie ein hartnäckiger Teenager zur Heiligen wurde - 2019 in Frankreich uraufgeführtes Stück setzt auf historische Authentizität - Von Sabine Kleyboldt
Rom, 25.01.2025 (KAP) Es war ein kalter Februartag im Jahr 1858, als der 14-jährigen Bernadette in einer Grotte am Fuß der Pyrenäen eine wunderschöne Frau in Weiß erschien. Ein Moment, der nicht nur das Leben des Mädchens, sondern auch das von Millionen Menschen bis heute verändern sollte. Doch ehe aus der jungen Hirtin die Heilige Bernadette und aus dem Pyrenäendorf der Pilgerort Lourdes mit - möglicherweise - wunderheilender Kraft werden sollte, waren noch viele Kämpfe zu bestreiten.
Wie packend und aktuell die Lebensgeschichte von Bernadette Soubirous ist, kann man derzeit in Tanz, Text und Ton im Auditorium della Conciliazione in Rom erleben. Noch bis 16. Februar wird dort das Musical "Bernadette de Lourdes" anlässlich des Heiligen Jahres 2025 aufgeführt.
Authentische Darstellung nach Verhörprotokollen
Die Handlung setzt ein, als Bernadette (Gaia di Fusco) von Kommissar Jacomet (Cristian Ruiz) verhört wird. Der glaubt kein Wort von den merkwürdigen Erscheinungen, die sie fünf Monate lang in der Grotte von Massabielle erlebt haben will. Die Tochter sehr armer Eltern lässt sich vom Kommissar nicht die Behauptung in den Mund legen, es habe sich um die Jungfrau Maria gehandelt. Doch furchtlos beharrt sie darauf, die Dame in Weiß habe sie beauftragt, mit ihren Händen nach einer Quelle zu graben - aus der bis heute das angeblich wundertätige Lourdes-Wasser sprudelt.
Das 2019 in Frankreich uraufgeführte Stück von Serge Denoncourt (Regie), Lionel Florence und Patrice Guiao (Text) setzt auf historische Authentizität: Die Dialoge sind vor allem den damaligen Zeitungsberichten sowie den Protokollen der kirchlichen Verhöre entnommen. Dank des großartigen Bühnenbilds von Stéphane Roy öffnet sich bei den Szenen im Hintergrund eine Videowand, auf der zum Beispiel Bernadettes Begegnungen mit der Unbekannten angedeutet werden. Die Musik von Grégoire, sonst oft mitreißend und rhythmisch, nimmt in diesen Momenten eine mystisch anmutende Klangfarbe an.
Massenszenen und zarte Balladen
Zwei Stunden erlebt der Zuschauer ein Potpourri aus temporeichen Massenszenen der gut 20 Darsteller, messerscharfen Dialogen und zarten Balladen. Hervorzuheben sind dabei Bernadettes Mutter Louise (Chiara Luppi) und Vater François (David Ban) sowie Fabrizio Voghera als Abbé Peyramale.
Ein Glücksgriff ist zweifellos die 23-jährige Gaia di Fusco. Die junge Neapolitanerin, die schon an TV-Talentshows wie "Amici" oder "Io Canto" teilnahm, spielt die Hauptfigur als mutige, hartnäckige junge Frau, die trotz fehlender Bildung oder sozialer Wertschätzung das Erlebte gegen anfängliche Ablehnung ihrer Umgebung verteidigt. Mit ihrer klaren Stimme spiegelt sie Unschuld, Stärke und Spiritualität der Protagonistin. Dennoch fragt Bernadette in einer ihrer berührenden Balladen "Perché io?" (Warum ich?).
Manche Szene mutet wie ein Genrebild an: Auf dem Marktplatz steht das gesamte Ensemble zunächst starr wie ein lebendes Bild. Dann kommt Leben in die bunte Menge: Sie rufen sich aus den Zeitungen die neusten Schlagzeilen über das Mädchen Bernadette zu. "Diceria" (Gerüchte) ist einer der Titel, die das Zeug zum Ohrwurm haben. Ein Übriges tun auch die historisch treuen Kostüme von Mérédith Caron.
Erste Heilige, die fotografiert wurde
Und sogar dieses Detail nimmt das Musical auf: Bernadette war die erste später heiliggesprochen Person, die fotografiert wurde. Witzig die Szene, in der der Fotograf aufgeregt zwischen seinem Stativ und dem Mädchen hin- und herstürzt. Als er endlich mit ihrer Position zufrieden ist und den Auslöser betätigt, ist die Szene kurz überblendet: Auf der Videowand materialisiert sich ganz langsam das berühmte Porträt des jungen Hirtenmädchens von 1858.
1862 wurden ihre Schilderungen offiziell vom Bischof anerkannt, zwei Jahre danach ging sie ins Kloster. Bernadette Soubirous starb am 16. April 1879 in Nevers an einer Lungenkrankheit. 1925 wurde sie selig-, 1933 heiliggesprochen.
"In ständigem Austausch mit Bernadette"
Sie habe sich Bernadette immer "himmlisch" und "weit entfernt" vorgestellt, sagte Hauptdarstellerin Gaia di Fusco in einem Interview. "Bei näherem Hinsehen erkannte ich, dass sie ein Mädchen mit Charakter ist. Von da an begann ein ständiger Austausch zwischen uns."
Nach Rom wird "Bernadette de Lourdes" im März dann in Neapel, Bari und Turin zu sehen sein, weitere Orte folgen. 2026 soll das Musical sein Broadway-Debüt geben. Darüber hinaus wird der Film, der auf der französischen Originalfassung basiert, in mehr als hundert Ländern in die Kinos kommen.