Mehr als 20.500 Frauen und Männer in Österreich obdachlos
27.01.202511:09
Österreich/Soziales/Obdachlosigkeit/Caritas
Grazer Caritas-Experte Url im "Sonntagsblatt": Menschen ohne Bleibe wertschätzend begegnen
Graz, 27.01.2025 (KAP) Mehr als 20.500 Frauen und Männer gelten in Österreich als obdach- oder wohnungslos (Statistik Austria 2024). Darauf hat das steirische "Sonntagsblatt" in seiner aktuellen Ausgabe aufmerksam gemacht. Der Grazer Caritas-Notschlafstellen-Leiter Jakob Url erläuterte im Interview mit dem "Sonntagsblatt" die besonderen Herausforderungen in der Hilfe für Menschen, die auf der Straße leben.
Wohnungslosigkeit sei oft verbunden mit einem Rucksack an Problemen, so Url: "Menschen, die auf der Straße leben, sind meist aus dem sozialen Netz gefallen und haben zusätzlich einen oder mehrere Schicksalsschläge hinter sich." Dazu komme das Faktum, dass der Anteil an psychischen Erkrankungen bei wohnungs- und obdachlosen Menschen offiziell bei 60 Prozent liege und die Dunkelziffer mit 80 Prozent sogar noch weitaus höher sei. Es brauche viel Zeit, obdach- und wohnungslose Menschen davon zu überzeugen, die Angebote einer Hilfseinrichtung anzunehmen
"Für Außenstehende mag das vielleicht komisch klingen, aber tatsächlich schlafen manche Wohnungs- und Obdachlose lieber im Freien, weil sie so selbstbestimmter leben können. Anstatt in einer Notschlafstelle zu bleiben, basteln sie sich ihr eigenes Heim und fühlen sich freier", so Url. Für die Caritas bedeute das vor allem im Winter höchste Aufmerksamkeit. Damit Obdachlose Vorurteile und Ängste abbauen können, brauche es viel Beziehungsarbeit.
Ein Beispiel dafür sei die vor knapp einem Jahr neu eröffnete Grazer Bahnhofsmission. Url: "Was in Graz dennoch gefehlt hat, war ein modernes Tageszentrum, wo sich Menschen aufhalten können und unterstützt werden. Deshalb hat die Bahnhofsmission auch 365 Tage im Jahr offen. Wir fragen nicht nach Namen, Herkunft oder Status. Erst, wenn die Menschen sich uns anvertrauen wollen, können sie aus der Anonymität heraustreten." Wer auf der Straße lebt, könne den Ruheraum nutzen. Menschen aus Nachtasylen könnten hier essen und sich duschen.
Url weiter: "Notschlafstellen sind oft das letzte Auffangnetz für Menschen ohne Bleibe. Diese niederschwelligen Einrichtungen wird es, gefühlt, immer brauchen. (...) Wir stellen Menschen nicht 'Abbruchbuden' zur Verfügung, sondern wollen Menschen ohne Bleibe wertschätzend begegnen."