Würzburger Bischof würdigt getöteten Familienvater, der sich schützend vor attackierte Kinder stellte - Magdeburger Bischof wendet sich gegen Politiker, "die mit dem Gift der einfachen Lösungen daherkommen"
München/Magdeburg, 26.01.2025 (KAP/KNA) In einem Gedenkgottesdienst ist am Sonntag in Aschaffenburg an die Opfer der Messerattacke vom Mittwoch erinnert worden. Der katholische Würzburger Bischof Franz Jung würdigte "den selbstlosen Einsatz des Mannes, der sich schützend vor die Kinder geworfen hat". Der 41-jährige Familienvater war dabei ebenso getötet worden wie ein zweijähriger Junge. Der Tatverdächtige, ein ausreisepflichtiger Afghane, wurde festgenommen und auf Anordnung einer Richterin in einer Psychiatrie untergebracht.
Jung sagte in der Stiftskirche, der 41-Jährige habe darauf vertraut, "dass sein Einsatz nicht sinnlos ist, sondern Leben rettet". Damit sei er "ein Licht in der Finsternis, das noch weit über sein Lebensopfer hinaus leuchtet. Wir trauern umso mehr über einen solchen Menschen und seinen grenzenlosen Mut." Der Gottesdienst wurde von mehreren TV-Sendern live übertragen. Etliche Bürgerinnen und Bürger Aschaffenburgs verfolgten die Feier auf einer Videoleinwand auf dem Stiftsplatz.
Der Bischof dankte in seiner Predigt außerdem "denjenigen, die in diesen Tagen ein Zeichen des Mitgefühls und der Solidarität gesetzt haben, um deutlich zu machen, dass wir uns nicht vom Hass überwinden lassen und jeder Form von Gewalt absagen". Jung verwies auf den Einsatz von Rettungskräften, Polizisten, Ärzten, Notfallseelsorgern und sonstigen Helfern sowie auf "das Zusammenstehen der Bevölkerung hier in Aschaffenburg". Es sei jetzt "nötiger denn je, gemeinsam durch diese dunklen Stunden zu gehen".
Der evangelische bayerische Landesbischof Christian Kopp fügte hinzu, er könne immer noch nicht begreifen, wie ein Erwachsener eine Kindergartengruppe habe angreifen können. Diese abgründige Tat löse "ein dunkles Meer von Gefühlen" aus. Mit Blick auf den "Mann, der dazwischengegangen ist", ergänzte Kopp: "Wir brauchen solche Vorbilder im Einsatz für andere, aber wir brauchen sie lebendig."
Bei dem Gottesdienst kam auch ein Imam zu Wort - und wurde mit Applaus bedacht. Zischan Mehmood, Leiter der örtlichen muslimischen Ahmadiyya-Gemeinde, warnte vor "Spaltern und Scharfmachern". Der Respekt vor den Opfern verbiete es, derartige Taten für Wahlkampfzwecke zu instrumentalisieren. Zur Gemeinde des Imams gehörte auch der zweijährige Junge marokkanischer Abstammung, der beim Angriff auf seine Kita-Gruppe am Mittwoch ums Leben kam. "Nicht nur der Täter hatte einen Migrationshintergrund", sagte Mehmood. Und der Islam lehre, dass die gesamte Menschheit eine Familie sei.
An dem Gottesdienst nahmen mehrere Spitzenpolitiker teil, darunter Bayerns Ministerpräsident Markus Söder und Bundesinnenministerin Nancy Faeser. Beide hatten zuvor im Park Schöntal am Tatort jeweils einen Kranz niedergelegt.
Bischof Feige: Welt nicht Extremisten überlassen
Bischof Gerhard Feige von Magdeburg, wo im Advent ein Anschlag auf den Weihnachtsmarkt zu fünf Toten und 200 teils schwer Verletzten geführt hatte, rief am Sonntag zu mehr Ehrlichkeit und Aufrichtigkeit im deutschen Bundestagswahlkampf auf. "Selbst wenn nicht bewusst und dreist in die Irre geführt oder getäuscht werden soll, sind es doch Halbwahrheiten und Vereinfachungen, vage Versprechungen und ausweichende Antworten, die aus strategischen Gründen oftmals eine Rolle spielen", sagte er in der Magdeburger Kathedrale. Es bestehe eine gewisse Tragik darin, dass Politiker, die sich bemühten, offen und ehrlich zu kommunizieren, zunehmend weniger Zustimmung fänden als solche, "die mit dem Gift der einfachen Lösungen daherkommen".
"Überlassen wir unsere Welt nicht Fanatikern und Extremisten, Psychopaten und Oligarchen, Tyrannen und Diktatoren", mahnte der Bischof. "Setzen wir uns vielmehr mit all unseren Kräften und Möglichkeiten für Wahrheit und Gerechtigkeit ein, Solidarität und Nächstenliebe, Anstand und Respekt, ein friedliches Miteinander und die Achtung vor der Unantastbarkeit der Würde eines jeden Menschen." Hier seien gerade auch Christen gefragt, sich pro-aktiv zu engagieren.
Im Dezember hatte sich Feige gegen die Instrumentalisierung des Anschlags auf den Weihnachtsmarkt in seiner Stadt durch rechte Gruppierungen gewandt.