Administrator Grünwidl: "Kirche, die nicht dient, dient zu nichts"
26.01.202516:05
(zuletzt bearbeitet am 27.01.2025 um 11:09 Uhr)
Österreich/Kirche/Grünwidl
Neuer Apostolischer Administrator der Erzdiözese Wien in "Orientierung": Kirche muss nach Jahrhunderten einer quasi schicksalshaften Kirchenzugehörigkeit lernen, wieder mehr auf Menschen zuzugehen und auch mehr Einzelbegleitung auf dem jeweiligen Glaubensweg leisten - Pfarrerinitiative wegen deren Ungehorsamsaufruf und wegen offenem Papstkurs verlassen
Wien, 26.01.2025 (KAP) "Eine Kirche, die nicht dient, dient zu nichts" - das gilt es nach den Worten des neuen Apostolischen Administrators der Erzdiözese Wien, Josef Grünwidl, angesichts der abnehmenden Katholikenzahl in der Erzdiözese zu beachten. Die Kirche müsse lernen, wieder mehr auf die Menschen zuzugehen, auf sie zu hören und auch mehr Einzelbegleitung auf dem jeweiligen Glaubensweg zu leisten. Grünwidl wies am Sonntag im ORF-Religionsmagazin "Orientierung" darauf hin, dass katholisch zu sein hierzulande Jahrhunderte lang quasi ein "Schicksal" war. Heute gebe es eine freie Entscheidung der Menschen für oder gegen Christsein und Kirche. Da sei es umso wichtiger, "auf die Menschen zuzugehen, ihnen zuzuhören, ihre Fragen und Sorgen ... ernst zu nehmen", so der interimistische Leiter der Erzdiözese Wien.
Papst Franziskus hatte am Mittwoch das Rücktrittsgesuch von Kardinal Christoph Schönborn als Wiener Erzbischof an dessen 80. Geburtstag (22. Jänner) angenommen. Zugleich ernannte er den bisherigen Bischofsvikar Josef Grünwidl zum Apostolischen Administrator der Erzdiözese Wien.
Seine Aufgabe sehe er zunächst darin, bestmöglich dafür zu sorgen, dass das kirchliche Leben, der diözesane Alltag gut weitergeht, sagte Grünwidl. Hilfreich dabei seien seine pastorale Erfahrung als Pfarrer und Jugendseelsorger, aber auch seine Dialogfähigkeit und die Bereitschaft, Gemeinsames in den Mittelpunkt zu stellen. "Ich bin keiner, der polarisiert oder gerne streitet", sagte der Administrator; ihm sei es ein Anliegen, in der Buntheit und Vielfalt der Erzdiözese immer einen gemeinsamen Weg zu finden.
Reformoffen, aber nicht ungehorsam
Angesprochen auf seine frühere Mitgliedschaft bei der reformfordernden Pfarrerinitiative sagte Grünwidl, er sei dort ausgetreten, weil er zum einen den Eindruck hatte, dass Papst Franziskus diese Initiative mit seinen Vorschlägen und Ideen "sowieso rechts überholt" habe. Zum anderen habe für ihn das von der Pfarrerinitiative auf ihre Fahnen geheftete Stichwort Ungehorsam nicht mehr gepasst. Ihm sei "kritischer Gehorsam" wichtig, "offen gegen den Bischof kann ich mir in der Kirche nicht vorstellen".
Zugleich bekannte sich Grünwidl zu seiner Offenheit für Neuansätze bei den innerkirchlichen "heißen Eisen" Frauenpriestertum und Zölibatspflicht. Beide seien "wichtige Themen", die innerkirchlich heftig diskutiert würden. Er selbst könne sich die Weihe von Frauen durchaus vorstellen, nach einer 2000-jährigen Tradition des ausschließlich von Männern wahrgenommenen Priesteramtes seien aber weitere theologische Überlegungen und eventuell die Entscheidung durch ein Konzil erforderlich. Auch bei der Zölibatsverpflichtung könne er sich eine Entkoppelung mit dem Priesteramt vorstellen, wenngleich es die ehelose Lebensform in der Kirche immer gegeben habe und weiterhin geben werde.
Er hoffe, dass seine Aufgabe als Administrator bald wieder erledigt ist und es in absehbarer Zeit einen neuen Erzbischof von Wien gibt - "darauf warten wir jetzt schon lange", wie Grünwidl sagte. Die Frage von Interviewerin Sandra Szabo, ob er nach seinem Ja zur interimistischen Leitung auch Ja zu jener des Erzbischofs sagen würde, "stellt sich heute nicht", so Grünwidl. Das könne er nicht beantworten. Als wichtigste Qualifikation für dieses höchste Kirchenamt in Wien nannte Grünwidl: "Er muss ein Mensch sein. Und ein Christ, der wie jeder Getaufte versucht, den Weg der Nachfolge zu gehen und das möglichst authentisch, integer und glaubwürdig." (Link zur ORF-"Orientierung": https://tv.orf.at/program/orf2/orientieru1124.html)