Maroniten mit ihrem Patriarchen Kardinal Bechara Rai bilden die größte christliche Gemeinschaft im Libanon
Bkerke/Beirut, 21.11.2025 (KAP/KNA) Die mit Rom verbundenen Maroniten sind die größte christliche Gemeinschaft im Libanon. Ihren Namen leiten sie von dem Einsiedler Maron ab, der nahe dem nordsyrischen Apameia lebte und laut der Überlieferung im Jahr 410 starb. Zwischen dem Kloster Mar Maron und der byzantinischen Reichskirche gab es im 7. Jahrhundert theologische Spannungen. Zum Bruch mit Konstantinopel kam es 745 im Streit um die Einsetzung eines Patriarchen von Antiochien. Zu dieser Zeit hatten die Maroniten bereits einen eigenen Patriarchen gewählt. Die Tradition nennt ihn Johannes Maron.
Während der Kreuzzüge im 11. Jahrhundert unterstützten die Maroniten im libanesischen Bergland die westlichen Heere, die sie als Befreier von Seldschuken und Fatimiden begrüßten. 1182 wurde ihre Einheit mit dem Papst offiziell bestätigt. Eine Trennung von Rom hat aus Sicht der maronitischen Kirche im Unterschied zu anderen mit dem Papst verbundenen ("unierten") Ostkirchen nie bestanden.
Eigene Liturgie
Die Maroniten haben eine eigene Liturgie in arabischer Sprache. Ihr Patriarch wird von den Bischöfen mit mindestens Zweidrittelmehrheit gewählt und vom Papst bestätigt. Nach Angaben des Vatikans gibt es weltweit rund drei Millionen Maroniten. Zu ihrer Zahl im Libanon fehlen verlässliche Quellen; die letzte Volkszählung fand 1932 statt. Die Schätzungen schwanken stark: zwischen 20 Prozent und 40 Prozent bei einer Gesamtbevölkerung von rund sechs Millionen. Auch in Syrien und auf Zypern leben Maroniten. Starke Migrantengemeinden gibt es in Argentinien (700.000) und Brasilien (500.000).
Gemäß einer Übereinkunft bei der libanesischen Unabhängigkeit 1943 stellen die Maroniten stets den Staatspräsidenten. Durch eine enge Verbindung von Religion und Politik hat das Amt des maronitischen Patriarchen, zurzeit Kardinal Bechara Rai (85), auch politisch große Bedeutung. Der Amtssitz des Patriarchen befindet sich in Bkerke nördlich von Beirut.
Nebeneinander der Religionen im Libanon
Der Libanon ist geprägt durch das Nebeneinander zahlreicher Religionen. Die parlamentarische Demokratie hat den größten Anteil Christen in der Arabischen Welt. Die Muslime - Sunniten und Schiiten - machen inzwischen wohl mehr als 60 Prozent aus. Offiziell anerkannt sind 18 Religionsgemeinschaften, darunter die Minderheiten der Drusen und Alawiten.
Die Vielfalt des Libanons spiegelt sich in seinem komplexen politischen System wider. Präsident muss stets ein maronitischer Christ sein, der Regierungschef ein Sunnit, der Parlamentspräsident ein Schiit. Seit dem Taif-Abkommen von 1989 teilen sich sieben christliche Konfessionen und vier muslimische Gruppen nach einem festen Schlüssel die Sitze im Parlament. Eine Staatsreligion kennt das Land nicht.
Politische Fragmentierung
Über Jahrhunderte war der Libanon Teil des Osmanischen Reiches. Nach dem Ersten Weltkrieg übernahm Frankreich als Mandatsmacht die Kontrolle bis zur Unabhängigkeit 1943. Seit dem Bürgerkrieg (1975-1991), bei dem Christen, Sunniten, Schiiten und Drusen sowie Palästinenser, Syrer und auch Israelis in wechselnden Koalitionen gegeneinander kämpften, geriet das Gleichgewicht im Land immer mehr ins Wanken. Dazu tragen eine politische Fragmentierung in zwei Lager und das ungelöste Problem der im Nahost-Konflikt ins Land geflohenen Palästinenser bei.
Die vom Iran unterstützte schiitische Hisbollah ist ein starker Machtfaktor und sucht immer wieder die militärische Konfrontation mit dem Nachbarstaat Israel. Zudem ist der Libanon nach Angaben des UN-Flüchtlingshilfswerks UNHCR das Land mit den meisten Flüchtlingen im Verhältnis zur Einwohnerzahl. Aktuell sind etwa eine Million syrische Flüchtlinge im Land registriert.
Schlimmste Krise der Geschichte
Ab 2019 rutschte der Libanon in die schlimmste wirtschaftliche und politische Krise seiner Geschichte - die laut einem UN-Bericht auch durch Vetternwirtschaft und massive Korruption verursacht ist. Folgen sind hohe Arbeitslosigkeit, große Versorgungsmängel und extreme Inflation. Drei Viertel der Bevölkerung leben inzwischen unter der Armutsgrenze.
Seit der Explosionskatastrophe im Beiruter Hafen 2020 hatte der Libanon bis Anfang 2025 über Jahre praktisch keine funktionierende Regierung mehr. Allein in den zwei folgenden Jahren verließen mindestens 350.000 Libanesen das Land, zumeist Richtung Westen.
(Diese Meldung ist Teil eines Themenschwerpunkts zum Besuch von Papst Leo XIV. in der Türkei und im Libanon. Alle Meldungen sind abrufbar unter www.kathpress.at/papst-tuerkei-libanon)