Kritik an Konzept für Missbrauchsaufarbeitung der Kirche in Polen
02.12.202512:50
(zuletzt bearbeitet am 02.12.2025 um 13:10 Uhr)
Polen/Kirche/Missbrauch/Aufarbeitung
Priester pocht auf freien Aktenzugang für künftige Untersuchungskommission
Warschau, 02.12.2025 (KAP/KNA) In einem Offenen Brief an die katholischen Bischöfe Polens kritisieren Fachleute die geplanten Rahmenbedingungen für die Aufarbeitung des sexuellen Missbrauchs in der dortigen Kirche. Das unter der Federführung von Bischof Slawomir Oder entworfene Konzept für die Untersuchungskommission sei deutlich schlechter als ein früherer Entwurf, schreibt Pfarrer Grzegorz Strzelczyk, der sich für Betroffene von sexuellem Missbrauch engagiert. Die neue Fassung schränke die Unabhängigkeit der künftigen Kommission teils ernsthaft ein und schaffe weniger günstige Bedingungen für die Wahrheitsfindung, heißt es laut Katholischer Nachrichten-Agentur (KNA) in dem am Montag veröffentlichten Brief.
Die Kommission soll voraussichtlich 2026 gebildet werden. Der neueste Leitlinienentwurf schließe nicht aus, dass sich kirchliche Vorgesetzte in die Arbeit der Untersuchungskommission einmischten, argumentieren Strzelczyk und seine Mitstreiter. Es fehlten zudem Garantien für einen uneingeschränkten Zugang zu den Archiven. Während ursprünglich eine Verpflichtung zur Zusammenarbeit und Informationsweitergabe geplant gewesen sei, stehe nun im Konzeptentwurf: "Die Kommission hat kein Recht, jemanden vorzuladen (...) Niemand kann zur schriftlichen Antwort gezwungen werden."
All das untergrabe die Glaubwürdigkeit der von der Bischofskonferenz angekündigten Missbrauchsaufarbeitung, so ein weiterer Vorwurf im Offenen Brief. Wegen der Abweichung von wichtigen Standards drohe das ganze Vorhaben zu scheitern. Es bestehe die Gefahr, "dass sich die Vertrauenskrise gegenüber der institutionellen Kirche und der Polnischen Bischofskonferenz vertieft, während die geschädigten Personen erneut weiterem Leid ausgesetzt werden".
Noch kein endgültiger Entwurf
Die Pressestelle der Bischofskonferenz erklärte auf KNA-Anfrage, an den Dokumenten für die Arbeitsprinzipien der geplanten Kommission werde noch gearbeitet: "Bis der endgültige Entwurf des Projekts angenommen wurde, ist es verfrüht, sich auf die zu diesem Thema geäußerten Meinungen und Kommentare zu beziehen."
Die geplante Einrichtung einer unabhängigen Kommission, die sexuellen Missbrauch an Minderjährigen durch Geistliche seit 1945 untersuchen soll, war zuletzt Thema bei der Vollversammlung der Bischöfe im Oktober. Damals wurde der von Bischof Oder vorgelegte Entwurf für die Arbeitsprinzipien der Kommission gebilligt und zur Konsultation an die Konferenzen der weiblichen und männlichen Ordensgemeinschaften weitergeleitet.
Bereits im März 2023 hatten sich die Bischöfe für eine Missbrauchsaufarbeitung durch eine unabhängige Kommission entschieden. Mit der Einrichtung des landesweit zuständigen Gremiums wurde zuerst der Primas von Polen, Erzbischof Wojciech Polak von Gnesen (Gniezno), betraut. Im Juni entzogen die Bischöfe aber überraschend Polak die Zuständigkeit und übertrugen die Aufgabe dem Bischof von Gleiwitz (Gliwice), Oder. Dieser genießt im Gegensatz zu Polak nicht das Vertrauen von Missbrauchsbetroffenen. Es kam damals zu Protestkundgebungen vor der Vatikanbotschaft in Warschau und den Bischofsresidenzen in Krakau und Posen (Poznan).